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Morgenlage in Sachsen: Landrat tritt zurück + SPD kooperiert mit Kleinstpartei + Streit um E-Fuels

Landrat tritt zurück+ SPD kooperiert mit Kleinstpartei + Ministerpräsident begrüßt E-Fuels-Initiative - Energieminister kritisch

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Will nicht weitermachen: Mittelsachsens Landrat Dirk Neubauer (parteilos) kündigte sein Amtsende an.
Will nicht weitermachen: Mittelsachsens Landrat Dirk Neubauer (parteilos) kündigte sein Amtsende an. © Hendrik Schmidt/dpa

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Guten Morgen,

so ist das eben – manchmal enden gut gemeinte Sommerpausen mit einem politischen „Paukenschlag“. Nicht, dass ich dieses Wort besonders schätzen würde, ich mag es sogar überhaupt nicht. Aber für den gestrigen überraschenden Rücktritt von Mittelsachsens Landrat Dirk Neubauer passt es dann eben doch haargenau. Laut genug war seine Botschaft allemal.

Und wieder ist einer weg – ausgerechnet der „Rebell“ unter den Landräten, ein erfrischender Quereinsteiger in der Politik. Vom Oberbürgermeister zum Landrat aufgestiegen. Die Menschen in Mittelsachsen hatten Neubauer das Spitzenamt als Landrat erst vor zwei Jahren anvertraut. Nun gibt er es zurück. Zu viel Druck, zu viel Hetze vor allem von rechtsextremistischer Seite. Neubauer wurde zuletzt auch immer wieder in seinem privaten Umfeld heftig bedrängt. Aber er legt Wert darauf, dass es nicht das ist, warum er sich zurückzieht. „Ich gebe auf, weil da draußen zu viele Menschen den Mund halten“, sagt Neubauer in seiner Youtube-Botschaft.

Aber dann schwang da durchaus noch mehr mit: Enttäuschung und Frust über zähe Entscheidungsprozesse, zu viel Bürokratie, mangelnde politische Unterstützung. Neubauer fehlt im Kreistag vor allem so etwas wie eine „Hausmacht“, eine Gruppe, die ihn bei der Umsetzung seiner Vorhaben unterstützt. Ohne die aber ist der stärkste Landrat eben nichts.

Damit aber lässt sich Neubauers Rücktritt leider gerade wenige Woche vor der Landtagswahl auch in eine fatal andere Richtung interpretieren: Es drückt sich darin ein frustriertes Scheitern aus, dass man innerhalb des „Systems“ kaum noch Chancen hat, etwas zu verändern. Das aber darf in keinem Fall die Botschaft dieses Rücktritts sein.

Eine Botschaft, die sich derzeit in Sachsen wiederholt – erst vor wenigen Tagen hatte die sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete und Bundestags-Vizepräsidentin Yvonne Magwas angekündigt, im kommenden Jahr nicht noch einmal für den Bundestag kandidieren zu wollen. Auch bei ihr sind Hetze, Druck und ein zunehmend unerträgliches politisch-gesellschaftliches Umfeld in Sachsen der Auslöser für diesen Schritt. Auch bei ihr klang eine gewisse Resignation durch.

Und nun? Was tun die vielen Menschen, die da draußen den Mund halten, jetzt?

Herzlichst,

Ihre
Annette Binninger,
Chefredakteurin Sächsische.de

Das Wichtigste am Morgen:

Landrat Dirk Neubauer kündigt Amtsende an

Der Landrat von Mittelsachsen, Dirk Neubauer (parteilos), tritt von seinem Amt zurück. Das erklärte der Kommunalpolitiker am Dienstagnachmittag in einem Video auf seinem Youtube-Kanal. "Ich gebe auf, weil da draußen zu viele den Mund halten", erklärte er. Heftige Kritik übte er an Landes- und Bundespolitik. Beide seien nicht sehr hilfreich bei der Lösung der Probleme. Seine Amtszeit wäre noch bis 2029 gelaufen. Neubauer hatte zuletzt mehrfach angedeutet, nicht an dem Posten zu hängen. Der gelernte Journalist war 2022 gewählt worden - als einziger Landrat in Sachsen, der nicht der CDU angehört oder von der Union unterstützt wird. Seine Kandidatur war von SPD, Linke und Grünen unterstützt worden.

Bereits in einem Interview für die MDR-Sendung "Fakt" zum Thema Bürokratie-Wirrwar, hatte Neubauer seinen Rückzug angekündigt. Darin hatte er auch über eine wachsende Aggressivität gegen Politiker gesprochen. "Sie kommen in diesem Land nur in Gefahr, wenn sie was wollen. Nicht, wenn sie nichts wollen", sagte er. Vor seiner Arbeit als Landrat war Neubauer seit 2013 Bürgermeister der Kleinstadt Augustusburg gewesen. Er war mehrere Jahre Mitglied der SPD, trat jedoch vor der vergangenen Bundestagswahl wieder aus.

SPD präsentiert neuen Verbündeten zur Landtagswahl

Die Sozialdemokraten in Sachsen kooperieren im Landtagswahlkampf mit der Kleinpartei Volt. Details zu der Vereinbarung wollen beide Seiten bei einer Pressekonferenz am Donnerstag mit SPD-Spitzenkandidatin Petra Köpping und Volt-Landeschef Kevin Schellenberger bekannt geben. Nach Informationen von Sächsische.de geht es unter um eine gemeinsame Online-Strategie. Posts der Sozialdemokraten sollen auch über die Kanäle von Volt verbreitet werden. Auch die persönliche Unterstützung von Volt-Mitgliedern an SPD-Wahlkampfständen im Freistaat ist demnach ein Thema. Die Kleinstpartei gilt als proeuropäisch und verfolgt sozialliberale sowie grüne Ansätze. Sie will eine Reform der Steuerpolitik für mehr soziale Gerechtigkeit.

Kretschmer begrüßt E-Fuels-Initiative

Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat den Vorschlag von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) für Ausnahmen für sogenannte E-Fuels vom Verbrenner-Aus bis 2035 begrüßt. "Unsere Klimapolitik muss wettbewerbsfähig, technologieoffen sein und sich auf einen Rahmen beschränken", sagte er laut einer Mitteilung.

Ganz anders sieht das Vize-Ministerpräsident und sächsischer Energieminister Wolfram Günther (Grüne). Er hält die Forderung nach E-Fuels bei normalen Autos für eine "Geisterdebatte" und "marktwirtschaftlichen Unsinn". "Bei E-Fuels bleibt nur rund ein Sechstel der Energie übrig. Wer Autos mit E-Fuels auf die Straße schicken will, braucht also zigmal mehr Windräder, viel mehr Netzausbau und muss zigmal mehr an der Zapfsäule zahlen als jetzt", argumentierte der Minister. Die EU-Staaten und das Europaparlament hatten im März 2023 das Aus für Neuwagen mit Diesel- und Benzinmotoren ab 2035 besiegelt. Konkret gilt dann, dass Neuwagen kein Kohlendioxid mehr ausstoßen dürfen, wie es bei der Verbrennung von Benzin und Diesel entsteht.

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© SZ

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