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Sachsens Bauminister Schmidt: "Mietpreisbremse sollte das letzte Mittel sein"

Sachsens Regionalentwicklungsminister Thomas Schmidt drängt auf eine Reform der Wohnraumförderung. Bauwillige Familien sollen mit günstigen Darlehen unterstützt werden.

Von Thilo Alexe
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Thomas Schmidt ist Agraringenieur und seit 2019  Regionalentwicklungsminister in Sachsen. Er will den Hausbau für Familien im Freistaat einfacher machen.
Thomas Schmidt ist Agraringenieur und seit 2019 Regionalentwicklungsminister in Sachsen. Er will den Hausbau für Familien im Freistaat einfacher machen. © Bernd Wüstneck/Kristin Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

Herr Minister, Sie verantworten den Bereich Bauen und Wohnen. Was war in der jetzt endenden Legislatur das wichtigste Thema für Sie?

Wir haben die Bauordnung umgekrempelt. Schließlich hat sich das Bauen revolutionär verändert. Es geht darum, einerseits traditionelle Baustoffe wie Holz, Stroh und Lehm zu nutzen, aber auch ganz neue Baustoffe – etwa Carbonbeton oder eine Mischung aus textilen und biogenen Stoffen. Darauf haben wir reagiert. Die Bauordnung muss so etwas ermöglichen. Das war ein Kraftakt. Wahrscheinlich wird die Ordnung künftig häufiger angepasst werden müssen, damit das Bauen in Sachsen zukunftsfähig bleibt.

Und beim Wohnen?

Beim Wohnungsbau haben wir die Förderung angepasst. Zum Beispiel haben wir die Fördersätze für den sozialen Wohnungsbau in Dresden und Leipzig hochgesetzt. Wir unterstützen die Wohnungsunternehmen sachsenweit aber auch bei der Modernisierung von bestehendem Wohnraum. In manchen Gegenden sind die Mieten so niedrig, dass sich für Eigentümer das Sanieren sonst nicht lohnt. Und wir haben die Wohneigentumsförderung für Familien und im ländlichen Raum mit Fördermitteln aufgestockt, damit das Eigenheim attraktiv und erschwinglich bleibt.

Wie konkret?

Der Freistaat unterstützt etwa Familien dabei, sich den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen – egal, ob beim Erwerb, beim Bau und der Sanierung von selbst genutztem Wohnraum. Allein in diesem Jahr haben wir bisher über die Wohneigentumsförderung 105 Millionen Euro dafür zur Verfügung gestellt. Das sind schon mal über 25 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Jetzt stocken wir die begehrten Darlehensprogramme Familienwohnen und das im Frühjahr reaktivierte Wohneigentum ländlicher Raum um weitere 30 Millionen auf. Das soll eine klare Botschaft sein an Familien: Wohneigentum ist machbar. Der Freistaat gibt hier Sicherheit.

Wie stehen Sie zur Mietpreisbremse in den Städten Dresden und Leipzig. Sie gilt bis 2025. Soll sie verlängert werden?

Es gibt viele Eingriffsmaßnahmen, etwa die Bremse, die Kappungsgrenze und das Zweckentfremdungsverbot. Die Frage ist, ist es sinnvoll, an so vielen Stellen in den Markt einzugreifen. Manche träumen sogar von einem Mietendeckel, der in Berlin gescheitert ist. Der Bund muss solche Instrumente sowohl für die Mieter als auch für die Vermieter auf ihre Wirksamkeit hin untersuchen. Eingriffe in den Markt bringen eben auch Unsicherheit. Sie müssen sehr gut begründet sein.

Noch mal zur Mietpreisbremse. Braucht es eine Neuauflage?

Sie regelt, dass in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt die Miete bei Abschluss eines Vertrages die ortsübliche Vergleichsmiete um höchstens zehn Prozent überschreitet. In Sachsen gilt das für Leipzig und Dresden. Aber man muss über die Begründungen dafür sprechen. Nehmen wir die vom Bund vorgegebenen Indikatoren, oder entwickeln wir neue Kriterien? Formal ist es so, dass der Bund den Rahmen macht. Wenn er das für die Zeit nach 2025 tut, müssen wir uns damit erneut auseinandersetzen. Doch die Mietpreisbremse sollte das letzte Mittel sein.

Der soziale Wohnungsbau soll Mieter mit geringem Einkommen vor Kostenbelastungen schützen. 2006 gab es, wie die Linken-Bundestagsabgeordnete Caren Lay abfragte, 134.000 Sozialwohnungen in Sachsen, derzeit ist es ein Zehntel davon. Braucht es eine Verstärkung?

Ende 2023 hatten wir einen Stand von knapp 13.000 Sozialwohnungen, vier Jahre zuvor waren es nur rund 11.500. Sachsen ist damit eines der wenigen Länder, das in den letzten Jahren einen Zuwachs an Sozialwohnungen erzielt hat. Der soziale Wohnungsbau schafft bezahlbaren Wohnraum. Er ist aber auch die Stütze unserer Wohnungspolitik gegen die Baukrise. Für Neubau und Modernisierung haben wir 2023 im sozialen Wohnungsbau insgesamt 140 Millionen Euro Zuschüsse aus Bundes- und Landesmitteln bewilligt. Wir planen, die Mittel weiter zu steigern, und werden 2024 rund 187 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Aber es gibt darüber hinaus noch mehr, über das man reden kann.

Worüber?

Da ist das Wohngeld. Längst nicht alle Anspruchsberechtigten beantragen es auch. Wenn es alle tun, kommen manche auch an Einkommensgrenzen, die etwa bei Ansprüchen auf eine Sozialwohnung gegengerechnet werden. Es ist sehr komplex, auch für die Verwaltungen.

Wie kann es besser gehen?

Man muss grundsätzlich die Frage stellen, ob die äußerst komplexe und bürokratische Wohnraumförderung so weiter beherrschbar ist oder nur ein ergänzendes Mittel sein sollte. Viel einfacher wäre es, durch die Erhöhung der Steuerfreibeträge die unteren Einkommensgruppen zu entlasten. Nachgedacht werden sollte auch über die Erhöhung der Kinderfreibeträge und des Kindergelds. Dazu braucht man keine einzige Personalstelle in der Verwaltung zusätzlich, das ist ein reines Buchungsthema. Und Betroffenen bliebe mehr Netto vom Brutto. Dann wäre es möglich, die Wohnraumförderung auf die sozial Schwächsten zu konzentrieren. Es braucht eine Reform der bislang sehr komplexen Unterstützung mit dem Ziel einer Vereinheitlichung.

Das Thema Abriss wird in Sachsen kontrovers diskutiert. Rund 1.500 Wohnungen waren es im vergangenen Jahr, teils mit Bundesförderung. Ist das sinnvoll?

Stellen Sie sich beispielsweise eine kleine Gemeinde in Sachsen vor, da steht ein seit Jahren unbewohnter, nicht sanierungsfähiger Plattenbau aus DDR-Zeiten. Ja, da kann es sinnvoll sein, den abzureißen. Trotz vieler Bemühungen stehen immer noch knapp 205.000 Wohnungen leer. Und dieser Leerstand äußert sich regional sehr unterschiedlich. Deshalb gilt auch hier: Wir brauchen ein ausgewogenes Zusammenspiel zwischen Modernisierung und Rückbauförderung. Es gibt nicht nur schwarz und weiß. Wir brauchen intelligente Lösungen wie etwa den Teilrückbau. Und generell: Der ländliche Raum muss attraktiv werden, dann sinkt auch der Leerstand. Ich sehe mit Freude, dass sich immer mehr junge Menschen in Sachsen dafür interessieren. Das gilt es zu verstetigen.