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Sachsen

Morgenlage in Sachsen: Brombeer-Koalition; AfD verliert Sitz; Wahlbetrug

Wird Sachsen von einer Brombeer-Koalition regiert? + Nach Korrektur: AfD und CDU verlieren einen Sitz + Wahlbetrug in Dresden

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Machen Michael Kretschmer von der CDU und Sabine Zimmermann vom BSW künftig gemeinsam Politik?
Machen Michael Kretschmer von der CDU und Sabine Zimmermann vom BSW künftig gemeinsam Politik? © dpa

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Guten Morgen,

die sächsische Landtagswahl ist seit mehr als 24 Stunden vorbei und doch wird die Aufarbeitung dieser in vielerlei Hinsicht denkwürdigen Wahl noch Tage dauern. Wie viele Geschichten, bitteschön, kann eine einzige Wahl schreiben? Die Linken, die quasi durch die Hintertür doch noch den Wiedereinzug in den Landtag schaffen und dadurch nebenbei eine Neuauflage der "Kenia"-Koalition unmöglich machen. Die FDP, die in die Bedeutungslosigkeit abstürzt und bei dieser Wahl weniger Stimmen als die Tierschutz-Partei bekommt. Die AfD, die gewissermaßen Opfer ihrer eigenen Radikalität wird, die bei vielen Wählern so gut anzukommen scheint. Es fehlt ihr schlicht an Koalitionspartnern.

Dafür hat sich am Tag nach der Wahl abgezeichnet, wohin die Koalitionssuche einmal führen könnte: zu einem Bündnis aus CDU, BSW und SPD - einer, wie ich gestern lernen durfte, Brombeer-Koalition. Es ist, wenn man es durchrechnet, eine der letzten verbliebenen, halbwegs realistischen Koalitionsoptionen. Und so bemühten sich die Beteiligten gestern um annähernde Töne. Wenn man die Interessen des eigenen Landes in den Mittelpunkt stelle, "ist es bestimmt möglich, Schnittmengen zu finden", sagte etwa CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer. BSW-Sachsen-Chefin Sabine Zimmermann formuliert aber im Interview mit Sächsische.de auch schon Forderungen an künftige Partner. "Uns sind die Themen Frieden, Begrenzung unkontrollierter Migration und Bildung wichtig. Die haben für uns Priorität."

Klar dürfte sein: Es wird, sollte das Bündnis tatsächlich zusammenkommen, keine Liebesheirat. Wer die bisherige Kenia-Koalition schon als Vernunftehe zur Vermeidung einer AfD-Regierungsbeteiligung bezeichnet hat, muss nun noch tiefer in den Ratio-Keller steigen.

Kann die CDU in dieser Gemengelage den Lockrufen der AfD dauerhaft widerstehen? Das wird eine der spannenden Fragen in den kommenden Wochen sein.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur Sächsische.de

Das Wichtigste am Morgen:

CDU-BSW-SPD? Kretschmer zuversichtlich, SPD skeptisch

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat sich nach der Landtagswahl zuversichtlich hinsichtlich eines Bündnisses mit dem BSW geäußert. "Es hat noch nicht ein einziges Gespräch stattgefunden und ich rate jetzt immer zu sehr viel Geduld und Klugheit." Wenn man die Interessen des eigenen Landes in den Mittelpunkt stelle, "ist es bestimmt möglich, Schnittmengen zu finden. Aber es setzt voraus, dass man sowohl die eigene Partei als auch die eigene Person etwas zurückstellt." Der EU-Abgeordnete und ehemalige Staatskanzleichef Oliver Schenk äußerte sich zurückhaltender: "Ich kenne die Personen vom BSW nicht", aber sie seien "kommunistisch", das mache es schwer. "Es wird hart", so der CDU-Mann.

Derweil lehnt die sächsische CDU weiter jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ab. Man sei wie schon 2019 mit dieser Aussage zur Landtagswahl angetreten, sagte CDU-Generalsekretär Alexander Dierks. "Das hat natürlich auch Bestand mit Blick auf die Zeit nach der Landtagswahl." Kretschmer lehnte auch ein Bündnis mit den Linken ab.

Sachsens SPD-Landeschef Henning Homann sieht eine mögliche Koalition unter Beteiligung des BSW hingegen "extrem skeptisch". Der Kurs des BSW sei extrem unklar und es gebe bei der Wagenknecht-Partei vor allem bei landespolitischen Themen große Lücken im Wahlprogramm, sagte Homann. Eine Option für eine künftige Regierung wäre auch eine Minderheitsregierung - zum Beispiel aus CDU und SPD unter Tolerierung des BSW. Kretschmer lehnt dies jedoch ab, wie der MDR berichtet. Alle aktuelle Entwicklungen nach der Landtagswahl gibt es in unserem Ticker.

Analyse: Sechs Fraktionen und nur eine echte Machtoption

Sechs Parteien ziehen in das neu gewählte Parlament ein. . Das sind die 120 Abgeordneten im neuen sächsischen Landtag. Trotzdem ist Stand jetzt nur eine Option für eine Koalition denkbar: CDU, Bündnis Sarah Wagenknecht und SPD. Inhaltlich ist der härteste Brocken, ob die Schuldenbremse gelockert wird, um der neuen Regierung mehr Geld für Investitionen zu verschaffen. Die CDU lehnt das strikt ab, die SPD ist dafür und auch die BSW dürfte an mehr Finanzen interessiert sein. In der Sachsen-CDU gibt es pessimistische Stimmen, die für den Fall ein Scheitern der Gespräche und anschließende Neuwahlen Anfang 2025 für denkbar halten. Die große Analyse nach der Landtagswahl in Sachsen.

Nach Korrektur: AfD verliert Sperrminorität

Der Wahlleiter hat das Ergebnis der sächsischen Landtagswahl korrigiert. Aufgrund eines Softwarefehlers sei eine falsche Sitzverteilung veröffentlicht worden, teilte die Landeswahlleitung mit. Demnach bekommen die Grünen und die SPD je einen Sitz mehr, die CDU und die AfD je einen Sitz weniger als zunächst angegeben. Durch die Neuberechnung verliert die AfD die sogenannte Sperrminorität im Land. Nach dem korrigierten Ergebnis kommt die CDU auf 41 Mandate, die AfD auf 40. Das BSW hat 15 Sitze, die SPD 10, die Grünen 7. Die Linke hat 6 Mandate, die Freien Wähler einen Sitz. Im Podcast-Gespräch ordnet der Dresdner Politikwissenschaftler Janek Treiber den Verlust der Sperrminorität ein. "Die AfD verliert ihren Plan B", sagt er.

Derweil ist bei der Auszählung der Landtagswahlstimmen in Dresden ein Betrug aufgeflogen. Konkret sollen Stimmzettel so manipuliert worden sein, dass diese wie Stimmen für die rechtsextremen "Freien Sachsen" aussehen sollten.

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