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Neuer Prozess: Dresdner Pegida-Chef Lutz Bachmann wieder vor Gericht

Nachdem zwei Jahre Ruhe war, muss sich Lutz Bachmann für vier Taten verantworten, meist wegen Hetze in sozialen Medien. Er bestreitet alle Vorwürfe.

Von Alexander Schneider
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Wieder ein Prozess am Amtsgericht Dresden: Der Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann (hier mit seiner Verteidigerin Katja Reichel) soll laut Anklage wiederholt Flüchtlinge herabgewürdigt und bei einer Pegida-Demo einen Fotografen geschlagen haben.
Wieder ein Prozess am Amtsgericht Dresden: Der Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann (hier mit seiner Verteidigerin Katja Reichel) soll laut Anklage wiederholt Flüchtlinge herabgewürdigt und bei einer Pegida-Demo einen Fotografen geschlagen haben. © SZ/Veit Hengst

Dresden. Noch immer hält der Dresdner Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann Polizei und Justiz auf Trab. Seit Freitag steht der vielfach vorbestrafte 51-Jährige, der seit 2016 auf der Kanaren-Insel Teneriffa lebt, wieder vor dem Amtsgericht Dresden. Ihm wird zweimal Volksverhetzung, Verwendens von Nazi-Symbolen und Körperverletzung vorgeworfen. Es sind vier Anklageschriften aus den Jahren 2022 und 2023.

Drei Tatvorwürfe drehen sich um Bachmanns Account auf dem Online-Messenger und sozialen Netzwerk Telegram. Dort habe Bachmann 2021 das Foto eines SS-Offiziers mit dem Totenkopf und Doppelsigrune von Adolf Hitlers Schutzstaffel veröffentlicht, dazu das aktuelle Porträt eines Polizisten mit der Bemerkung "Alles schon mal dagewesen".

2022 soll Bachmann Flüchtlinge aus afrikanischen und muslimischen Ländern pauschal in einem Kommentar "Halsabschneiderpack" und "Vergewaltigungsgelumpe" abgewertet und "Die Flutung geht weiter" geschrieben haben. 2023 schließlich habe er einen Tag24-Beitrag über eine Dresdner Asyl-Unterkunft "Merkt euch die Namen und Gesichter" geschrieben. Mitarbeiter der Unterkunft, so die Botschaft, seien Mittäter bei jedem Mord und jeder Vergewaltigung. Im März 2022 soll Bachmann darüber hinaus auf einer Pegida-Demo einen Fotografen (20) geschlagen haben.

Bachmann sagte, er beziehe kein Einkommen, die Existenz sichere seine Frau, mit der er zusammen lebe und rund 2.000 Euro im Monat verdiene. Sie ermögliche ihm damit "die politische Arbeit". Der Angeklagte ließ von seiner langjährigen Verteidigerin Katja Reichel sämtliche Vorwürfe bestreiten. Er habe den Fotografen nicht berührt, vielmehr habe er ihm die Kamera gegen die Schulter gedrückt, und ihn permanent fotografiert. Die Telegram-Taten könne er nicht begangen haben, weil er keinen Zugang zu dem Account seines Namens habe. Vielmehr würde der von mehreren Leuten aus dem "weitläufigen Familien- und Freundeskreis" im Raum Dresden und in Spanien "administriert", behauptete Bachmann. Er habe das bewusst so gemacht, weil er ein "gebranntes Kind" sei.

Damit erinnerte er an seine letzte Verurteilung Mitte 2022 am Landgericht Dresden, wo er unter anderem wegen Volksverhetzung zu sechs Monate auf Bewährung erhalten hat, sein jüngstes Urteil. Der Pegida-Frontmann stand daher bei einer der einschlägigen Volksverhetzungen unter laufender Bewährung.

Vier Zeugen vernommen

Der Richter vernahm vier Zeugen, neben dem geschädigten Fotografen drei Ermittler vom Landeskriminalamt Sachsen sowie der Dresdner Polizei. Der 20-jährige Journalist berichtete von einem kleinen Disput mit Bachmann am Rande des Pegida-Aufzugs in der Innenstadt. Dabei habe Bachmann ihm mit der Hand gegen den Brustkorb gestoßen. Zunächst habe er keinen Schmerz wahrgenommen, wohl weil er unter Adrenalin stand. Am nächsten Tag habe er Schmerzen gehabt, sei dann auch zum Arzt gegangen, der ihm eine Thorax-Prellung attestierte.

Verteidigerin Reichel versuchte, den jungen Mann mit seinen Aussagen zu verunsichern. So hatte sich der Zeuge nach der Tat an einen gerichtsbekannten Dresdner Verein gewandt, der Opfer rechter Gewalt betreut. Er habe so verhindern wollen, dass seine Personalien in die Ermittlungsakte gelangten. Die Anwältin, die es besser wissen sollte, sprach von einem dubiosen Verein und fragte etwa mehrfach, ob der Zeuge dort Mitglied sei oder eine Funktion innehabe? Ein zweiter Bildjournalist, der als Zeuge geladen war, fehlte überraschend und unentschuldigt. Das Gericht prüft daher, dem ebenfalls jungen Mann ein Ordnungsgeld aufzubrummen.

Die Internet-Vorwürfe kamen mehrfach vom Bundeskriminalamt, wo sie zentral erfasst würden. Man habe hier die Anzeige gefertigt, aber wenig Handhabe, bei Telegram die Hintergründe von Accounts zu ermitteln. Bachmanns Personalien hätten jedoch wiederholt im Impressum gestanden, weshalb sie davon ausgegangen seien, dass er der Täter sei. Die SS-Symbole auf dem Foto seien nicht gut erkennbar gewesen

Staatsanwältin lehnt Einstellung ab - Prozess wird fortgesetzt

Nach der ernüchternden Beweisaufnahme schlug der Richter mittags eine Einstellung der Körperverletzung vor. Für die übrigen Taten käme jedoch eine Beihilfe-Handlung in Betracht. Die Staatsanwältin stimmte einer Einstellung nicht zu und sah bei den übrigen Taten Bachmanns Rolle offenbar weit aktiver. Daher wird der Prozess fortgesetzt.

Dem Richter war anzumerken, dass er das Verfahren gerne vom Tisch hätte. Er hatte die nicht mehr ganz taufrischen Anklagen von Vorgängern übernommen und miteinander verbunden. Seit Ende Mai kam es jetzt erst im dritten Anlauf zu der Hauptverhandlung. Beim letzten Versuch hatte Bachmann kurzfristig abgesagt. Wegen eines Tauchunfalls auf Teneriffa sei er reiseunfähig gewesen, hieß es damals.

Es ist leise geworden um die asyl- und menschenfeindliche Initiative Pegida, die einmal 20.000 Menschen mobilisiert hatte, in diesem Jahr jedoch meist lediglich dreistellige Teilnehmerzahlen mit ihren wenigen Demos erreichte. Alle paar Monate veranstaltet Pegida in Dresden Demos, zuletzt stets mit Spitzenpolitikern der AfD. Genau von da gab es erst am Donnerstagabend eine kurzfristige Absage für eine Demo an diesem Sonnabend vor der Wahl. Laut Bachmann haben AfD-Verantwortliche ihrer Jugendorganisation "Junge Alternative" (JA) untersagt, bei Pegida zu sprechen.