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Neue Anklage gegen Moritzburger Corona-Attest-Ärztin

Verurteilt ist sie schon, nun wird Hausärztin Bianca W. erneut angeklagt. Es geht wieder um Hunderte falsche Corona-Zeugnisse.

Von Alexander Schneider
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Die Moritzburger Ärztin Bianca W. bei einem ihrer vielen Gerichtstermine: Jetzt legt die Staatsanwaltschaft nach.
Die Moritzburger Ärztin Bianca W. bei einem ihrer vielen Gerichtstermine: Jetzt legt die Staatsanwaltschaft nach. © SZ

Dresden. Zwei Monate nach der jüngsten Verurteilung der 67-jährigen Hausärztin Bianca W. aus Moritzburg legt die Staatsanwaltschaft Dresden nach. Die Rentnerin wurde erneut wegen Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse vor dem Landgericht Dresden angeklagt, nun in 349 Fällen.

Wie schon in ihrem jüngsten Prozess geht es darum, dass die 67-Jährige in der Corona-Pandemie massenhaft Gefälligkeitsatteste ohne vorherige Untersuchung ausgestellt haben soll - pauschale Befreiungen vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, unbegrenzte Impfverbote jedweder Art und Befreiungen vom Schnelltest per Nasen-/Rachenabstrich. Die Frau soll mit diesen Attesten Einnahmen von 17.000 Euro erzielt haben, heißt es in einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft.

Für die gleichen Vorwürfe, das Ausstellen von etwa 1.000 unrichtiger Atteste, wurde die reichsbürgernde Ärztin am 17. Juni zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Die siebenmonatige Hauptverhandlung vor dem Landgericht Dresden fand aus Sicherheitsgründen im Prozessgebäude am Hammerweg statt, weil vor allem rechtsextremistische Kreise wiederholt gegen die Beschuldigung und Inhaftierung der Angeklagten, die sich dem "Volk der Germaniten" zurechnet, demonstriert hatten.

Die Angeklagte hatte die Vorwürfe bestritten. Das schriftliche Urteil liegt noch nicht vor. Am Tag der Verurteilung hatte das Gericht den Haftbefehl gegen W. außer Vollzug gesetzt und die Angeklagte nach einem Jahr und knapp vier Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen.

Die Staatsanwaltschaft hatte Revision beantragt, sie hatte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten für die Ärztin gefordert. Das Urteil soll vom Bundesgerichtshof überprüft werden, auch die Verteidiger, die Freispruch gefordert hatten, wollen die Entscheidung anfechten.

Sammeltermine in Süddeutschland?

In der neuen Anklage wird der Angeschuldigten vorgeworfen, die 349 Atteste im Rahmen zweier Sammeltermine in Bayern im November 2021 und im Januar 2022 ausgestellt zu haben, sagte Oberstaatsanwalt Jürgen Schmidt, der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Es würden darüber hinaus weitere Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Ausstellung unrichtiger Atteste geführt.

Aus dem ersten Prozess ist bekannt, dass die 67-Jährige im Verdacht steht, im Rahmen von insgesamt 40 solcher Sammeltermine im ganzen Bundesgebiet rund 12.000 Atteste für rund 7.000 Patienten ausgestellt zu haben. Das hatten Beamte einer eigens für diese Taten eingerichteten Ermittlungsgruppe der Polizeidirektion Dresden als Zeugen ausgesagt. Die Gesamteinnahmen bei einem Preis von 30 Euro pro Attest könnten sich daher auf deutlich über 300.000 summieren. Von dem Geld fehlt noch immer jede Spur.

Über die neue Anklage entscheidet das Landgericht Dresden. Beobachter halten es für eher unwahrscheinlich, dass ein neuer Prozess gegen die Ärztin vor der Rechtskraft ihres ersten Urteils stattfinden wird.