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Feuilleton

MDR-Programm aus Bremen: Kulturradios senden jetzt dieselben Inhalte

Im Rahmen des Sparzwangs legen die ARD-Kulturradios ihre Programme zusammen - und klingen abends in Bayern genauso wie in Sachsen.

Von Oliver Reinhard
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Nachdem die Kultursender aus Sparzwängen probeweise bereits zehn Wochen lang von 20 bis 24 Uhr dasselbe gesendet hatten, wurde der Versuch jetzt  endgültig zur Regel.
Nachdem die Kultursender aus Sparzwängen probeweise bereits zehn Wochen lang von 20 bis 24 Uhr dasselbe gesendet hatten, wurde der Versuch jetzt endgültig zur Regel. ©   Symbolfoto: dpa

Es gehört zu den Pflichten der professionellen Eigenwerbung, auch Hiobsbotschaften zu einem Sechser im Lotto umzutexten. In der Politik, in der Wirtschaft, auch in den Medien. Entsprechend jubelnd klingt die Ankündigung der ARD: „Was bislang Hörerinnen und Hörern des jeweiligen Sendegebiets der unterschiedlichen ARD Medienhäuser vorbehalten war, ist jetzt bundesweit zu hören“, gab deren Pressestelle unlängst bekannt. „So wird die regionale Vielfalt von Kultur und die inhaltliche Vielstimmigkeit der ARD-Radiokultur im ganzen Land erfahrbar.“

Diese „Vielfalt“ bedeutet tatsächlich eine Verarmung: Nachdem die Kultursender aus Sparzwängen probeweise bereits zehn Wochen lang von 20 bis 24 Uhr dasselbe gesendet hatten, wurde der Versuch an diesem Montag endgültig zur Regel. Seither senden die einzelnen Anstalten abends dauerhaft großteils identische Programme statt wie bisher Hausgemachtes, das auf die jeweilige Hörerschaft zugeschnitten war.

MDR bestimmt nur mittwochs das MDR-Abendprogramm

So strahlte MDR-Klassik am Montag von 20 bis 22 Uhr dieselbe Konzertsendung aus wie BR-Klassik, hr2-kultur, NDR Kultur, radio3 vom rbb, das SR2 KulturRadio sowie SWR Kultur und WDR3. Mittwochs wird das Gleiche passieren. Im Anschluss gibt es an beiden Tagen identisches aus der ARD-Jazzküche. „Dienstags und donnerstags bieten die klassisch orientierten Kulturprogramme ebenfalls kooperiertes Abendprogramm“, so die Senderfamilie.

Große Radioprojekte wie Volkers Brauns "Die Werktage" mit Corinna Harfouch hat MDR Kultur ohnehin nur gemeinsam mit anderen Sendern stemmen können. Die neue Einheitlichkeit wir nun zur abendlichen Realität.
Große Radioprojekte wie Volkers Brauns "Die Werktage" mit Corinna Harfouch hat MDR Kultur ohnehin nur gemeinsam mit anderen Sendern stemmen können. Die neue Einheitlichkeit wir nun zur abendlichen Realität. © MDR

Nichts anders geschieht bei den eher poppig gestalteten Kulturwellen: Von Montag bis Donnerstag bringen MDR Kultur, Bayern 2 und Bremen Zwei gemeinsam ab 21 Uhr die „Late Night Sounds“. Davor um 20 Uhr war am Starttag auch auf MDR Kultur die Sendung „Soul Kitchen“ von Bremen Zwei zu hören. Dienstags wird die gemeinsame Jazz-Schiene aus Halle und Bremen bestückt, den Mittwoch verantwortet deutschlandweit der MDR allein mit „Folk und Welt“. Donnerstag ist Bremen Zwei alleiniger Programmgestalter und ab 23 Uhr Bayern 2. Allein freitags und sonnabends bleiben die Senderangebote regional orientiert und produziert.

Die regionale Vielfalt bleibt weitgehend auf der Strecke

Dieses Sparprogramm ist keine freiwillige Entscheidung. Die Sender der ARD müssen kostengünstiger werden und strammen Vorgaben folgen, was grundsätzlich längst Konsens ist zwischen der Politik und der ARD. Das hat indes seinen Preis: Zwar bleibt das Gesamtprogramm in sich farbig und abwechslungsreich, doch die regionale Vielfalt bleibt weitgehend auf der Strecke. Gleiches gilt für das Musik-Wort-Verhältnis des Programms. Die klassischen Kulturmagazine werden ärmer an Fach- und Hintergrundgesprächen, Debattenbeiträgen und Interviews, die Anzahl der Hörspiele schrumpft.

Das hat zur Folge, dass sich der Charakter der ARD-Kulturradios grundlegend ändert. Doch selbst dies ist nur eine Etappe auf dem Sparkurs. Laut Reform-Entwurf des Rundfunkstaatsvertrages müssen die Öffentlich-Rechtlichen auf über ein Drittel ihrer 70 Kultursender verzichten. Welche das sein werden, entscheidet indes nicht die Politik. Auch das müssen die Sender in den eigenen Häusern entscheiden.