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Pegida-Gründer Lutz Bachmann verurteilt: 17 Monate für Hetze auf Social Media

Lutz Bachmann stand einmal mehr in Dresden vor Gericht - und kommt mit einer Bewährungsstrafe glimpflich davon. Die Äußerungen in den sozialen Medien hätten Freunde und Verwandte gemacht.

Von Alexander Schneider
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Lutz Bachmanns Vorstrafen-Register ist um eine weitere Verurteilung reicher.
Lutz Bachmanns Vorstrafen-Register ist um eine weitere Verurteilung reicher. © SZ/Veit Hengst

Es fällt schwer, zu glauben, dass gerade Pegida-Gründer Lutz Bachmann sich den Mund verbieten lässt – und das ausgerechnet von seinen eigenen Mitstreitern. Doch genau mit dieser Argumentation ist der Wahl-Kanare in seinem Prozess am Amtsgericht Dresden durchgekommen. Er hat es geschafft, für drei Hass-Delikte "nur" wegen Beihilfe verurteilt zu werden.

Der zweitägige Prozess endete am Dienstag, Bachmann war wieder von Teneriffa angereist, wo er seit 2016 lebt. Der 51-Jährige gab an, er sei arbeitslos, lebe von dem Einkommen seiner Frau, etwa 2.000 Euro. Sie halte ihm so den Rücken frei für seine "politische Arbeit". Darunter dürften auch die Hunderten Posts in sozialen Medien zählen, unter dem Namen Bachmanns erscheinen jeden Tag zig Einträge auf Plattformen wie Telegram, oft mit Fotos oder Videos des Pegida-Frontmanns. Er ist nach wie vor Redner auf der Pegida-Bühne in Dresden und erstellt Lifestreams von diesen und anderen Aufzügen.

Haftstrafe droht

Bachmann drohte tatsächlich Gefängnis. Sein Strafregister zählt 22 Einträge, darunter Einbruchsdiebstahl und Drogenhandel. Zuletzt wurde er 2022 unter anderem wegen Volksverhetzung zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt – Bewährungsbruch sehen Richter gar nicht gerne.

Laut Anklage soll Bachmann Ende 2021 das Porträt eines Polizisten nebst dem Foto eines Offiziers der Waffen-SS gepostet haben, samt Totenkopf und Doppelsigrune – er habe Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet. Zwei weitere Beiträge wurden als Volksverhetzung angeklagt.

So habe Bachmann 2022 Flüchtlinge aus afrikanischen und muslimischen Ländern pauschal als "Halsabschneiderpack" und "Vergewaltigungsgelumpe" bezeichnet. Im September 2023 schließlich habe er einen Tag24-Artikel über ein Dresdner Asylheim mit "Merkt euch die Namen und Gesichter" kommentiert. Mitarbeiter der Unterkunft seien "Mittäter" bei jedem Mord und jeder Vergewaltigung.

Mit seiner Pegida-Bewegung mobilisierte Bachmann zu Spitzenzeiten Zigtausende auf die Straßen - auch außerhalb Dresdens wie hier in Chemnitz am 1. September 2018. Immer wieder waren auch namhafte Politiker aus der AfD wie Björn Höcke (2. v. l.) dabei.
Mit seiner Pegida-Bewegung mobilisierte Bachmann zu Spitzenzeiten Zigtausende auf die Straßen - auch außerhalb Dresdens wie hier in Chemnitz am 1. September 2018. Immer wieder waren auch namhafte Politiker aus der AfD wie Björn Höcke (2. v. l.) dabei. © Paul Sander

Bachmann bestritt alle Vorwürfe schon zum Prozessauftakt Ende August: Er habe schon seit Jahren keinen Zugriff auf sein Telegram-Profil und die Konten anderer Plattformen auf seinen Namen – eben wegen seiner einschlägigen Verurteilungen.

Die Administratoren, die in seinem Namen posteten, seien Freunde und Familienangehörige auf den Kanaren und im Raum Dresden. Namen nannte er nicht. "Der Name Bachmann zieht", sagte er, daher habe man diese "Illusion", er sei der Urheber der Posts, aufrechterhalten. Tatsächlich könne er keine eigenen Beiträge verfassen. Bei früheren Volksverhetzungs-Prozessen habe er das nicht gesagt, es seien politische Verfahren gewesen. 2022 habe er einem Deal zugestimmt, als gestehen müssen.

Schlagen oder Schubsen?

Die Konto-Inhaberschaft hatte sich nicht ermitteln lassen, Telegram macht keine Angaben über seine Nutzer. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass Bachmann tatsächlich keinen Zugang auf das Konto seines Namens habe, so der Richter am Ende. Gleichwohl habe er die Hass-Kommentare in seinem Namen zumindest billigend in Kauf genommen.

Bachmann wird für diese drei Taten – wegen Beihilfe – zu zwei Freiheitsstrafen von elf beziehungsweise sechs Monaten verurteilt, darin enthalten auch das Urteil aus 2022. Die Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt, vor allem weil Bachmann schwerwiegend erkrankt sei, so der Richter. Ein ärztliches Attest des 51-Jährigen sei erst nach dem Prozessauftakt gerichtsbekannt geworden.

Vom vierten Vorwurf, Bachmann soll im März 2022 auf einer Pegida-Demo einen Fotografen gegen die Brust gestoßen haben, wurde Bachmann freigesprochen. Der Richter hatte Zweifel, ob sich die angeklagte Körperverletzung so zugetragen hatte. Die Angaben des Geschädigten und eines Kollegen, die beide auf der Demo als Journalisten im Einsatz waren, wichen im Kern zu weit voneinander ab.

So hatte der Geschädigte von einem Stoß gesprochen und Schmerzen, die erst in der Nacht später aufgetreten seien, nachdem die Wirkung des Adrenalins nachgelassen habe, so der 20-Jährige zum Prozessauftakt Ende August. Der gleichaltrige Kollege sagte gestern, wie auch schon in seiner Polizeivernehmung, er habe keinen Schlag von Bachmann gesehen, eher ein Schubsen gegen die Schulter.

Verteidigerin fordert Freispruch

Videoaufnahmen zeigten, dass es ein Getümmel vor dem Aufzug gab, und wie die Fotografen von Teilnehmern beleidigt wurden. Die Aufnahmen zeigten auch, dass Bachmann den Reportern sehr nahegekommen ist und er ihre Kompetenz infrage stellte, so laut, dass es die Umstehenden hörten. Der mutmaßliche Stoß selbst ist nicht zu sehen, nur ein Wackeln der Kamera.

Die Staatsanwältin hatte in ihrem Plädoyer argumentiert, dass die Aussagen der beiden Journalisten glaubwürdig seien und auch keine Belastungstendenz erkennbar sei. Alles, was sie schilderten, hätten auch die Aufnahmen belegt. Die Anklägerin war daher überzeugt, dass es auch den Stoß gegeben habe, eine Körperverletzung, wenn auch im unteren Bereich.

Verteidigerin Katja Reichel hatte Freisprüche für alle Vorwürfe gefordert. Sie hielt die Tatbestände der Hass-Delikte für nicht erfüllt und die der Körperverletzung schon gar nicht.

Das Gericht folgte jedoch der Auffassung der Staatsanwältin. Flüchtlingen und Schutzsuchenden sei das Lebensrecht in unserer Gemeinschaft abgesprochen worden und ihnen sei pauschal unterstellt worden, Verbrecher zu sein. Die Äußerungen, für die Bachmann zumindest seinen Namen bereitgestellt habe, dienten dazu, "das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu beeinträchtigen".

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft und Bachmann/Reichel haben sich noch nicht entschieden, ob sie das Urteil zu akzeptieren.

Es ist wahrscheinlich, dass alle vier Tatvorwürfe in einem Berufungsprozess am Landgericht Dresden erneut aufgerollt werden müssen. Auch da wird es dann wieder darum gehen, ob Bachmann von Pegida tatsächlich einen Maulkorb bekommen hat.