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Kanzler Scholz in Freiberg: Lithium-Abbau ist Projekt von größter Priorität

Deutschland will bei Rohstoffen unabhängiger werden, auch bei Lithium. Abgebaut werden soll das für Autobatterien gebrauchte Erz in Altenberg. Hunderte Arbeitsplätze werden dadurch entstehen.

Von Luisa Zenker
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, 2.v.l.) besucht das für die Förderung und Ordnung des Bergbaus, inklusive der Lithiumgewinnung im Erzgebirge, zuständige Oberbergamt in Freiberg.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, 2.v.l.) besucht das für die Förderung und Ordnung des Bergbaus, inklusive der Lithiumgewinnung im Erzgebirge, zuständige Oberbergamt in Freiberg. © Sebastian Willnow/AP Pool/dpa

Freiberg. Ein Kanzlerbesuch in einer Freiberger Behörde knapp vor der Landtagswahl? Da hat sich Olaf Scholz (SPD) aber einen seltsamen Termin auf Freitagvormittag gelegt – kurz vor dem abschließenden Wahlkampfauftritt in Chemnitz. Still ist es deshalb in der Kirchgasse, wo das Sächsische Oberbergamt sitzt. Nur die Polizeiautos erinnern an den hohen Besuch.

Der Wunsch für den Termin sei explizit vom Kanzler ausgegangen, heißt es aus dem sächsischen Wirtschaftsministerium. Grund dafür ist kein anderer als ein besonderer Rohstoff, der hier im Erzgebirge liegt: Lithium. Das Metall ist für die Verkehrswende entscheidend. Denn daraus werden Lithium-Ionen-Akkus für E-Autos und E-Bikes, aber auch Handys und Laptops hergestellt.

Sächsisches Lithium ab 2030 für mehr als 800.000 E-Autos

Momentan kommt Lithium ausschließlich aus Übersee. Dabei liegt das zweitgrößte Vorkommen Europas mitten im Erzgebirge. Bereits im Juli unterzeichnete der Bundeskanzler einen Pakt mit Serbien für die Lithiumgewinnung. Nun kommt er dafür nach Sachsen. Denn das Unternehmen „Zinnwald Lithium GmbH“ will ab spätestens 2030 das Metall um Altenberg abbauen. Das Vorkommen reiche für mehr als 800.000 E-Autos.

„Es ist ein Großprojekt, ein europaweites Leuchtturmprojekt“, sagt Oberberghauptmann Professor Bernhard Cramer. Solch eine Dimension im Bergbau habe es seit Jahrzehnten nicht gegeben. Die Herausforderung: Das Areal liegt in einem der am dichtesten besiedelten Gebiete Mitteleuropas. Gegnerische Bürgerinitiativen haben sich bereits gebildet. Sie kritisieren unter anderem den Eingriff in die Umwelt, trotz dessen, dass das Erzgebirge mit jahrhundertealten Bergbautraditionen um Touristen wirbt.

Umweltbedenken, Rohstoffsicherheit und 400 Arbeitsplätze

Diese Herausforderung ist möglicherweise ein Grund, warum der Kanzler die Unternehmung zum „Projekt höchster Priorität“ erklärt."Wir brauchen in ganz Europa die Bereitschaft, so etwas zu tun. Denn das Thema stellt sich ja nicht nur bei uns, sondern an vielen Stellen Europas gibt es Rohstoffe, die wir bergen können, die wir jederzeit dringend brauchen", sagte Scholz in Freiberg. Dazu brauche man aber die Bereitschaft, die Rohstoffe auch zu fördern und das nicht nur in Übersee zu machen.

Der Geschäftsführer des Bergbauunternehmens Marko Uhlig wünscht sich mehr solcher politischen Statements, damit der Bergbau in der Region akzeptiert wird. Die Unterstützung hat das Projekt bereits indirekt durch die Europäische Union erhalten, sie erließ vor wenigen Monaten ein Europäisches Gesetz zu kritischen Rohstoffen. Das Ziel: 10 Prozent der Rohstoffe in den Lieferketten müssen in der EU produziert werden. "Wir können nicht nur auf die Welt schauen und glauben, andere lösen unsere Probleme. Wir sind selber verantwortlich. Wir wollen uns unabhängiger machen", erklärt Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD).

Das Bergbauunternehmen mit Sitz in Altenberg hat sich bei der EU als strategisches Projekt beworben. Sollten sie die Bestätigung erhalten, dürfen sie auf die Überholspur. Dann muss das Genehmigungsverfahren innerhalb von 27 Monate abgeschlossen sein, normalerweise dauert so etwas bis zu fünf Jahre oder länger. Unternehmer Uhlig will 2025 das Genehmigungsverfahren starten.

Dafür braucht die Bergbaubehörde neues Personal. Das Unternehmen hat zudem einen Antrag für finanzielle Unterstützung beim Bund gestellt. Vorgesehen sind Investitionen von mehr als 500 Millionen Euro. Es sollen mindestens 400 Arbeitsplätze entstehen, indirekt durch Zulieferer rechnet das Unternehmen mit dreimal so vielen. Man prüfe derzeit eine Aufbereitungsanlage in Bärenstein und Liebenau, um das rohe Lithium zu verarbeiten. Auch auf der tschechischen Seite will man das Metall gewinnen.