Heidemarie Wolf ist im Café Kühn ihrer Oma aufgewachsen und zog als Fünfjährige mit ihrer Mutter nach Berlin. Jetzt ist sie Rentnerin und wollte zurück in ihre Heimatstadt. Mit ihrem Mann hatte sie schon ein Haus gefunden. Kurz vor der Unterschrift unter den Kaufvertrag mischte der Zufall die Karten neu.
Das Haus mit dem Café gehörte inzwischen jemand anderem, der wollte es verkaufen und saß nun zufällig mit am Tisch. Da war es für Heidemarie Wolf und ihren Mann keine Frage mehr, welches Haus sie kaufen. Jetzt gehört es wieder der Familie und die ist zurück. Ein schöner Zufall mit Folgen.
Über 85 Jahre Familiengeschichte mit einem Intermezzo
Wann die Geschichte des Gebäudes an der markanten Ecke am Ortseingang in Berggießhübel beginnt, wissen Wolfs nicht so genau. Ihre Familiengeschichte beginnt, als Bruno Kühn das Haus um 1890 kauft. Damals bestand es nur aus einer Bäckerei. Mit seiner Frau Anna hatte Bruno vier Kinder, einer davon war Gerhard, der das Haus 1938 übernahm und das Café anbaute.
Gerhard heiratete die Pralinenverkäuferin Johanna aus Pirna. Sie zog nach Berggießhübel, sie hatten drei Kinder, die Bäckerei war verpachtet. Aus dem Krieg kam Gerhard nicht zurück. Johanna führte das Café bis 1973, dann folgte bis nach der Wende die Tante von Heidemarie Wolf, bis das Haus verkauft wurde. Günter, der Sohn von Johanna und Gerhard, war Bäcker und führte ab etwa 1960 die Bäckerei. Sein Sohn hieß auch Gerhard und war bis zu seinem frühen Tod im November 2023 der Bäcker.
Das Café Kühn gibt es also seit über 85 Jahren - mit dem Zwischenintermezzo als "Café 1a" - und Café Kühn soll es auch künftig wieder sein. Das ist eine der Prämissen der Wolfs, die jetzt einen Pächter fürs Café suchen. Es selbst zu betreiben ist keine Option. "Dafür müssten wir jünger sein", sagen sie. Die Tochter ist beruflich anders verankert. Vielleicht ist die vierjährige Enkelin irgendwann die nächste Café-Generation. Doch bis dahin soll es nicht leer stehen. Die Wolfs haben oben ihre Wohnung - die Küche war das Büro des Vorbesitzers - unten ist das Café. Die ehemalige Bäckerei hat die Tochter dieses Jahr gekauft, sie wird das Zuhause ihrer Familie.
Das Café ist gut und vollständig eingerichtet. Zu den wertvollen Dingen gehört die Softeismaschine, die schon einige den Wolfs abkaufen wollten. Die Küche ist von der Kaffeemaschine bis zum Kaffeelöffel ausgestattet. In der Gaststube stehen Tische, Stühle und Lampen und ist Platz für etwa 50 Personen, je nachdem wie man sie einrichtet. Dazu kommt die Terrasse. Theoretisch kann jemand sofort loslegen. Wenn es erst kommendes Frühjahr wäre, wäre es Heidemarie Wolf und ihrer Familie auch recht. Druck machen sie sich selbst und den künftigen Pächtern nicht, sagen sie.
Die Wolfs möchten 1.000 Euro Pacht monatlich, plus 300 Euro für Geräte, Maschinen und Technik sowie 300 Euro Betriebskosten. Inklusive ist die gesamte Ausstattung und Einrichtung. Dazu kommt die prädestinierte Lage. Die Reha-Klinik um die Ecke, die Bushaltestelle, die nach wie vor "Café Kühn" heißt, davor. Hier steigen viele Besucher aus bzw. ein, die ins Besucherbergwerk wollen bzw. davon kommen und meist noch etwas Zeit haben für einen Kaffee, aber eben kein Café finden.
Keine Chance für Pizza und Döner
Auch deshalb soll das Café Café bleiben, nicht nur vom Namen - Pizza und Döner im Angebot scheiden aus, sagt Heidemarie Wolf. Sie wünscht sich nette Leute als Betreiber, die zuverlässig sind und ein Herz für die Tradition sowie eigene Ideen haben. Berggießhübel kann das Café gut gebrauchen. Als Café, für die Geschichte und die Zukunft.