Dresden. Ein Besuch, ein Häppchen - das ist selbstverständlich in der Bäckerei Aleppo Backwaren & Sweets in Pieschen. Der Gastfreundschaft der Kurden kann man sich nur schwer entziehen, wenn Refaie Rasheed kleine Leckereien mit einem breiten Lächeln über die Theke reicht. Baklava, eine Spezialität aus Blätterteig mit Pistazien, müssen die Kunden einfach kosten, findet der Konditor.

Und doch gibt es in der Bäckerei, die etwas versteckt in der Halleschen Straße liegt, mehr als nur Baklava. Der gebürtige Kurde aus Syrien setzt auf eine geteilte Theke und eine Mischung aus deutschen Backwaren und syrischen Leckereien. Unten liegen Roggenbrötchen, Käsebrötchen oder Laugenstangen, oben Gewürzkekse, Törtchen und Grießkuchen, Harissa genannt - eine mutige und zugleich überraschende Mischung.

Darauf kam Refaie Rasheed, als er den Laden im Februar 2024 von Bäcker Jürgen Otte übernahm. Der hatte insgesamt vier Filialen in Dresden und ging nach unzähligen kräftezehrenden Jahren in der Backstube in Rente. "Für mich war klar, dass ich die Bäckerei übernehmen will", sagt Refaie Rasheed.

Vom Konditor in Aleppo zum Bäcker in Dresden

Um das in die Tat umzusetzen, absolvierte er eine Bäckerprüfung - obwohl er das bereits in seinem Heimatland Syrien gelernt hatte. In Aleppo war der Kurde bereits jahrelang Konditor, bevor der Bürgerkrieg ihn und seine Familie zu Geflüchteten machten - wie Zehntausende andere auch. Im Jahr 2016 kam er mit seiner Frau und drei Kindern nach Deutschland, das vierte Kind wurde später in Deutschland geboren.

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Fünf Jahre arbeitete Refaie Rasheed nach Deutschkursen und Integrationsmaßnahmen in der Bäckerei Otte - und zwar durch einen Zufall. Als er 2019 seinen Führerschein in der Nähe der Waldschlößchenbrücke absolvierte, holte er sich in der Pause ein Croissant an einem Stand der Bäckerei Otte. Er fragte, ob sie Mitarbeiter suchen - und brachte damit einen Stein ins Rollen, der ihn genau hierhin brachte. Mit 40 Jahren ist er nun sein eigener Chef und geht neue Wege.

Denn die Mischung seiner Theke ist nahezu einzigartig - eine deutsch-syrische Kulinarik. Das hat zum einen wirtschaftliche Gründe. Viele Kunden des Wohnviertels holen seit Jahren ihre Brötchen in der Bäckerei, eine Stammkundschaft ist also vorhanden. Die Idee des neuen Inhabers: "Die Deutschen sollen ihre Backwaren sehen und meine wahrnehmen." Er wolle den Kunden den Geschmack nahebringen, erklärt geduldig, worum es sich bei den Süßwaren handelt. Damit bringt er beide Kulturen zusammen. "Viele Kunden nehmen dann auch Baklava mit, wenn sie mal gekostet haben", sagt er.

Syrische Backwaren deutsch interpretiert

Das aufwendige Gebäck stellt er in der Backstube her, in der einst deutsche Brötchen geformt wurden. Inzwischen werden die Brötchen zugeliefert, allein die syrischen Backwaren entstehen hier frisch. Beliebt sind bei den deutschen Kunden auch herzhafte Gewürzkekse mit Essigbaumfrucht, Paprika oder Kümmel. "Was wir traditionell nachmittags zum Tee essen, ist für die Deutschen ein Snack zum Bier geworden", erzählt Refaie Rasheed und sein Lächeln wird noch breiter.

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Täglich beginnt der 40-Jährige um Punkt 5 Uhr in der Backstube und bleibt dann bis zum Ladenschluss. Einzig der Montag ist ein freier Tag für den vierfachen Vater, der sich dann seiner Familie widmet. Ob so lange Arbeitszeiten manchmal an den Kräften zehren? Refaie Rasheed zuckt mit den Schultern. "Wenn es gut läuft, hätte ich gern jemanden zur Aushilfe", sagt er dann aber doch. Bis dahin hilft ihm in den Ferienzeiten seine 13 Jahre alte Tochter Norhan, die die Handgriffe bereits bestens beherrscht.

Sein großes Ziel: Ein Laden in der Innenstadt, bei dem der Zulauf größer ist und die Kunden experimentierfreudig sind. Und das ist gar nicht so abwegig.

Bei Tiktok ist die Bäckerei schon eine lokale Berühmtheit, den 26.000 Followern läuft bei den Videos der Leckereien wahrscheinlich das Wasser im Munde zusammen - und zwar kulturübergreifend.