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Nach langem Zögern: Matthias Berger nimmt sein gewonnenes Direktmandat an

Der langjährige Oberbürgermeister von Grimma wechselt als Abgeordneter in den Landtag nach Dresden. Zu einem möglichen Eintritt in andere Fraktionen meint der Parteilose: "Derzeit nicht."

Von Gunnar Saft
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Matthias Berger ist seit 2001 Bürgermeister von Grimma und trat zur Landtagswahl in Sachsen als Spitzenkandidat der Freien Wähler an. Während diese an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten,  gewann er ein Direktmandat.
Matthias Berger ist seit 2001 Bürgermeister von Grimma und trat zur Landtagswahl in Sachsen als Spitzenkandidat der Freien Wähler an. Während diese an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten, gewann er ein Direktmandat. © dpa/Hendrik Schmidt

Grimma. Der 56-jährige Matthias Berger will nun doch aus der Kommunal- in die sächsische Landespolitik wechseln. So hat sich der bisherige Oberbürgermeister von Grimma dazu entschieden, sein bei der Landtagswahl am 1. September errungenes Direktmandat anzunehmen. Am Freitagmittag teilte Berger seine Entscheidung im Historischen Rathaus von Grimma offiziell mit.

Damit beendet der parteilose Berger die tagelangen Spekulationen über seine politische Zukunft. Bei der Landtagswahl war er nicht nur als Spitzenkandidat der Freien Wähler Sachsen, sondern auch als Einzelbewerber im Wahlkreis Leipzig Land 3 angetreten und hatte dort mit 36,6 Prozent der Stimmen ein Direktmandat gewonnen. Dabei lag er am Ende deutlich vor dem AfD-Bewerber Jörg Dornau (30,7 Prozent) und Volker Klostermann (22,2 Prozent) von der CDU.

Im Gegensatz zu Matthias Berger verpasste die Partei Freie Wähler Sachsen allerdings den erhofften erstmaligen Einzug ins Landesparlament. Sie scheiterten mit nur 2,3 Prozent der Zweitstimmen an der Fünf-Prozent-Hürde. Berger, dem bereits vorab parteiübergreifend große Chancen auf einen Sieg als Direktkandidat eingeräumt wurde, hatte allerdings mehrfach erklärt, dass er im Landtag nicht als "Einzelkämpfer" auftreten möchte, sondern nur als Mitglied einer starken Fraktion der Freien Wähler. Deshalb nahm er sich nach dem Wahlsonntag zunächst eine Auszeit, um darüber zu entscheiden, ob er dennoch als Abgeordneter in den Landtag wechselt oder nicht.

Seine Entscheidung, das Mandat nun anzunehmen, begründete er am Freitag wie folgt: "Es ist unglaublich wichtig, dass wir in diesem Land Veränderungen herbeiführen. Und diese Chance sollten wir für die Freien Wähler jetzt nicht verpassen." Als überzeugter Demokrat wisse er, dass Wahlen "etwas ganz, ganz Wichtiges sind". Das politische System sei allerdings noch viel zu stark "auf den Erhalt der etablierten Parteien angelegt". Er wolle dafür eintreten, dass es künftig "offener" wird.

Dass er für seine Entscheidung trotzdem so lange gebraucht hat, hänge letztlich mit seiner langjährigen Arbeit als Oberbürgermeister zusammen. "Meine Stadt, meine Leute - das fällt mir schon schwer."

Sein künftiges Agieren als Landtagsabgeordneter beschreibt Matthias Berger als "modern-konservativ". So werde er wie angekündigt, mit allen im Landtag vertretenen Parteien bzw. Fraktionen sprechen - auch mit der AfD und dem BSW. Gewählte Parlamentarier müssten sich schließlich gemeinsam auf die besten Lösungen für die Menschen im Land einigen und dürften sich nicht gegenseitig ausgrenzen. Eine Ausgrenzung habe gerade der AfD zuletzt mehr geholfen als geschadet, findet er. So wäre deren "inhaltliches Entzaubern längst möglich gewesen", wenn man auch mit der AfD reden würde.

Da Berger zwar für die Freien Wähler, letztlich aber als parteiloser Einzelabgeordneter in den Landtag einzieht, gibt es nach wie vor Spekulationen, dass er sich später einer anderen Fraktion anschließen könnte. Auf die Frage, ob der Wechsel in eine andere Fraktion für ihn künftig eine Option ist, erklärte er ausweichend: "Derzeit nicht."

Im Vorfeld der Wahl war Berger unter anderem aufgefallen, dass er sich dafür aussprach, den Sächsischen Landtag in ein Teilzeitparlament umzuwandeln. Immer wieder kritisierte er auch eine vermeintliche Abgehobenheit der bisherigen Abgeordneten und forderte radikale Änderungen im politischen System. "Der Staat wird zunehmend übergriffiger. Das will der Bürger aber nicht. Doch jeder, der etwas dagegen sagt, ist dann sofort rechts. Dieses ganze System funktioniert einfach nicht mehr", erklärte er.

In Grimma wurde Berger - meist mit einer Zustimmungsquote um die 90 Prozent - seit 2001 immer wieder als Bürger- bzw. Oberbürgermeister in seinem Amt bestätigt. Diesen Posten muss er als Landtagsabgeordneter zwingend aufgeben. Das neue sächsische Parlament wird sich absehbar am 1. Oktober konstituieren.