Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Sachsen

Dresden: Klimakleber und die Alten Meister einigen sich überraschend

Für den Schaden am Rahmen der Sixtinischen Madonna forderte der Freistaat 10.391 Euro. Nun trafen sich Kläger und Beklagte im Landgericht Dresden.

Von Alexander Schneider
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Maike Grunst und Jakob Beyer haben sich im August 2022 an die „Sixtinischen Madonna“ geklebt – und in der Gemäldegalerie „Alte Meister Dresden“ einen Großeinsatz ausgelöst.
Maike Grunst und Jakob Beyer haben sich im August 2022 an die „Sixtinischen Madonna“ geklebt – und in der Gemäldegalerie „Alte Meister Dresden“ einen Großeinsatz ausgelöst. © SZ-Archiv/Leon Heyde

Dresden. Jakob Beyer (24) und Maike Grunst (23) aus Leipzig haben sich am 23. August 2022 in der Gemäldegalerie Alte Meister Dresden an den Rahmen von Rafaels Sixtinischer Madonna geklebt. Das Museum wurde von kurz nach 12 Uhr für drei Stunden komplett evakuiert und hat an jenem Dienstag nicht mehr geöffnet.

Im Juni dieses Jahres wurden die beiden Klimakleber von der "Letzten Generation" am Amtsgericht Dresden wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung zu Geldstrafen von jeweils 600 Euro verurteilt. Am Montag standen sie wieder vor Gericht – nun jedoch als Beklagte in einem Zivilprozess des Landgerichts Dresden: Der Freistaat Sachsen fordert 10.391,49 Euro an Schadenersatz für die Protestaktion des Paars.

Zunächst hatte der Kläger neben Reparaturkosten von rund 2.400 Euro auch 1.633 Euro an rückerstatteten Eintrittskarten und mehr 5.400 Euro an entgangenem Gewinn geltend gemacht.

Doch Richter Norbert Bahr, der Vorsitzende der Zivilkammer, teilte die erhobene Forderung in der Güterverhandlung nicht in dieser Höhe. Sie erschiene ihm "aufgebläht", wie er sagte. Eine Angebotssumme in Höhe von 1.930 Euro der Münchner Rahmenhersteller-Firma war offenbar nie geflossen, auch hielt es der Vorsitzende für nicht nachvollziehbar, dass die Prüfung dieses Angebotes vier Arbeitsstunden eines Restaurators in Anspruch genommen haben soll.

Hohe Forderung aus "erzieherischen" Gründen?

Viele von der Evakuierung Betroffene hätten ihren Besuch sicher zeitnah nachgeholt. "Anständige Dresdner" würden ohnehin regelmäßig die Alten Meister besuchen, "etwa alle drei Jahre", schätzte Bahr. Er vermutete, in der Forderung des Freistaats seien auch "erzieherische Maßnahmen" eingepreist - dem widersprach jedoch der Kläger-Anwalt.

Den Beklagten Grunst und Beyer machte der Vorsitzende indes klar, dass ihr Protest keine Notwehr oder Nothilfe darstelle. Das habe auch der Strafrichter am Amtsgericht so erkannt. Bahr schlug daher eine Summe von 4.500 Euro als Orientierung für einen Vergleich vor.

Danach verhandelten die Parteien und ihre Anwälte außerhalb des Gerichtssaals – und je länger es dauerte, desto größer wurde die Aussicht auf eine Einigung. Nach einer knappen Stunde wurde die Verhandlung fortgesetzt.

Kläger und Beklagte haben sich auf die Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 5.500 Euro geeinigt. In dem Vergleich sagten Grunst und Beyer zu, dem Freistaat bis 1. März 2025 die Summe zu zahlen. Außerdem akzeptierten sie die Feststellung, dass der Anspruch des Klägers aus einer "vorsätzlichen strafbaren Handlung" resultiert.

"Letzte Generation" spricht von erfolgreicher Aktion

Weiter verpflichteten sie sich dazu, künftig derartige Aktionen, bei denen das Eigentum des Freistaates, insbesondere Gemälde, zu Schaden komme, zu unterlassen. Die Widerrufsfrist, also die Bedenkzeit von Kläger und Beklagten, endet in einem knappen Monat am 21. Oktober.

Die Klima-Demonstranten der "Letzten Generation" nannten ihre Aktion auch nach dem vergleich einen Erfolg. Nach Aktionen auf der Straße habe man im Museum "Menschen direkt mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert", sagte Grunst, "das ist uns gelungen".

Auch wenn die Frist halten sollte, werden sich die sich selbst hauptberuflich Klimaaktivistin nennende Grunst und der Klettertrainer Beyer wieder vor dem Landgericht einzufinden haben. Ihr Strafurteil vom Amtsgericht Dresden ist noch nicht rechtskräftig, sie und die Staatsanwaltschaft hatten Berufung eingelegt.