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Riesaer Ordnungsamt entfernt fast 130 Wahlplakate

Die AfD hatte nach Ansicht des Rathauses zu viele Wahlplakate aufgehängt. Bei der Partei bestreitet man das nicht – und sieht sich durch die Amtsaktion benachteiligt. In Großenhain ist die Situation weniger kritisch.

Von Jörg Richter & Thomas Riemer
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An der Berliner Straße in Riesa hängen AfD-Plakate an Straßenlaternen. In der Elbestadt gibt es aber Ärger um zu viel aufgehängte Wahlplakate der Alternative für Deutschland.
An der Berliner Straße in Riesa hängen AfD-Plakate an Straßenlaternen. In der Elbestadt gibt es aber Ärger um zu viel aufgehängte Wahlplakate der Alternative für Deutschland. © Foto: SZ/Eric Weser

Riesa. Wenige Tage vor der Landtagswahl am Sonntag lässt eine Mitteilung der Riesaer Stadtverwaltung aufhorchen. "Stadt Riesa stellt Chancengleichheit wieder her", heißt es in der Überschrift.

Demnach haben Mitarbeiter der Stadtverwaltung am vergangenen Freitag und am Montag im Stadtgebiet insgesamt 128 Wahlplakate der Partei Alternative für Deutschland (AfD) von Laternenmasten und anderen Aufhängpunkten im öffentlichen Raum entfernt. Damit sei die gesetzlich vorgeschriebene abgestufte Chancengleichheit in der Wahlsichtwerbung wieder hergestellt, hieß es.

Nach den Regelungen der Riesaer Sondernutzungssatzung darf die AfD für die Landtagswahl 62 Plakate an öffentlichen Stellen aufhängen, so die Stadtverwaltung. Bei Zählungen des zuständigen Ordnungsamts seien aber 224 AfD-Plakate festgestellt worden. Die Partei sei deshalb aufgefordert worden, bis 22. August 2024 die überzähligen Plakate zu entfernen, "was jedoch nur zum Teil erfolgte." Daraufhin habe die Stadt die Plakatzahl um 128 Stück auf den vorgeschriebenen Wert reduziert.

Diese Ersatzvornahme werde der Partei per Bescheid in Rechnung gestellt. Wie hoch die Kosten sind, ließ die Stadt offen. Sie würden "im Rahmen des Leistungsbescheides festgesetzt und vorher anhand des entstandenen Arbeitsaufwandes kalkuliert", hieß es auf Nachfrage lediglich. Die abgenommenen Plakate würden nun aufbewahrt und können bis zu einer bestimmten Frist von der Partei abgeholt werden.

Mangel an Helfern

Der Riesaer AfD-Landtagsabgeordnete Carsten Hütter, der sich erneut um das Direktmandat für den sächsischen Landtag bewirbt, leugnet nicht, dass seine Partei in Riesa zu viele Wahlplakate aufgehängt hat. Allerdings habe es dafür Gründe gegeben, so Hütter. Angeblich würden jede Woche in Riesa 50 bis 60 Wahlplakate der AfD beschädigt, zerstört oder entfernt. Derartige Zahlen sind von der Redaktion der Sächsischen Zeitung jedoch nicht überprüfbar.

Darum habe vor zwei Wochen ein Team von zehn freiwilligen Wahlhelfern aus Nordrhein-Westfalen und Bayern in Riesa AfD-Plakate aufgehängt. Offenbar ohne sie abzuzählen oder darauf zu achten, dass nur kaputte Plakate ausgetauscht werden. Das bestreitet Hütter nicht, sagt aber: "Wir wollten den Beschädigungen und dem Diebstahl entgegenwirken."

Kurz darauf habe sein Wahlkreisbüro vom Riesaer Ordnungsamt die Aufforderung erhalten, 177 Plakate zu entfernen. Das sei nicht so schnell möglich gewesen, so Hütter, denn die Wahlhelfer aus NRW und Bayern waren genauso schnell wieder weg, wie sie erschienen waren. Mit deutlich weniger Personal habe die AfD einige Plakate wieder abgehängt.

"Sehe das als Aktion gegen meine Person"

Weil das zu lange dauerte, wurde das Riesaer Ordnungsamt aktiv und hing Plakate ab. Die Art und Weise gefällt Hütter allerdings auch nicht. Sein Vorwurf: Angeblich hätten Rathausmitarbeiter nur AfD-Plakate an gut sichtbaren Stellen einkassiert, die Plakate in den Nebenstraßen hängen lassen. "Das ist kein Zufall", schimpft er. "Ich sehe das als Aktion gegen meine Person." Außerdem kritisiert er, dass 62 Plakate für die AfD von insgesamt 700 Wahlplakaten in ganz Riesa ein "Witz" seien. "Zur Kommunalwahl im Juni durften wir doppelt so viele aufhängen."

Die Zahl der Plakate wird anhand des Ergebnisses der jeweiligen Partei bei der entsprechenden vorangegangenen Wahl ermittelt. Auch in der Vergangenheit hat sich die AfD, so zum Beispiel vor der letzten Landtagswahl in Großenhain, darüber beschwert, zu wenige Plakate aufhängen zu dürfen.

Überschreitungen auch bei anderen Parteien

Damals war das Landtagswahlergebnis von 2014 maßgebend. Damals erhielt die Partei sachsenweit rund zehn Prozent der Stimmen. Fünf Jahre später, bei der Landtagswahl 2019, war sie mit rund 28 Prozent zweitstärkste Kraft im Freistaat nach den Christdemokraten.

Die einzige Partei, die zu viele Plakate auf öffentlichem Terrain platziert hat, ist die AfD nach Riesaer Rathaus-Angaben nicht: Das Ordnungsamt habe in den vergangenen Wochen auch bei mehreren anderen Parteien Überschreitungen der genehmigten Plakatzahlen festgestellt. Allerdings seien sie eher geringfügig und im einstelligen Bereich gewesen, hieß es aus dem Riesaer Rathaus. Diese Plakate seien nach einem Hinweis der Verwaltung von Parteiverantwortlichen zeitnah entfernt worden. Detaillierte Angaben, welche Parteien die erlaubte Plakatzahl überschritten hatten, machte die Stadt nicht. Auf Nachfrage hieß es, dass das Ordnungsamt in jedem Wahlkampf stichprobenartig die Einhaltung der Sondernutzungssatzungs-Regeln kontrolliere. "Verstöße kamen in der Vergangenheit bei verschiedenen Parteien immer wieder vereinzelt vor."

In Großenhain bislang keine Verstöße

Die Stadt Großenhain ist von derlei Problemen im aktuellen Wahlkampf verschont geblieben. Auch wenn gefühlt jede Laterne und jeder Mast zugeklebt scheint. Knapp 460 Wahlplakate hat man den Parteien insgesamt genehmigt. Mit klarer Regelung: "Im Stadtgebiet Großenhain und den dazugehörigen Ortsteilen müssen Wahlplakate mit entsprechender Klebeplakette versehen sein", teilte das Rathaus auf Nachfrage mit. Dies werde bei täglichen Kontrollen durch den Vollzugsdienst kontrolliert und bei fehlender Plakette dem Verkehrsamt mitgeteilt.

"Bei der aktuellen Wahlplakatierung für die Landtagswahl wurden bisher noch keine Verstöße gegen die Anzahl an maximal genehmigten Plakaten festgestellt", hieß es aus dem Rathaus.

Klar festgelegt sind die Kosten, falls sich festgestellte Verursacher trotz Mahnung und Aufforderung nicht bemüht fühlen, Wahlwerbung wieder zu entfernen. Sie belaufen je nach Anzahl und Größe der Plakate zwischen 8,25 und 12,80 Euro pro Plakat.