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Ausgrabungen an der B169: Neue Siedlung aus der Eisenzeit bei Riesa entdeckt

Auf der Trasse für die neue Bundesstraße bei Riesa sind momentan die Archäologen unterwegs. Was passiert dort gerade?

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Die Baggerschaufeln haben die oberste Erdschicht abgetragen, nun schaut sich Archäologe René Fiedler das Freigelegte näher an.
Die Baggerschaufeln haben die oberste Erdschicht abgetragen, nun schaut sich Archäologe René Fiedler das Freigelegte näher an. © Axel Kaminski

Von Axel Kaminski

Riesa/Stauchitz. An der neuen Trasse der B169 zwischen der B6 und Salbitz rollen die Bagger. Das sieht jedoch etwas anders aus, als beim Straßenbau üblich.

Zwar werden bereits jetzt gewaltige Erdmassen bewegt, aber die Baggerschaufeln greifen selten mehr als einen Meter tief in den Boden, meist deutlich weniger. Denn noch geht es nicht darum, Dämme für die Fahrbahn aufzuschütten oder Mulden zum Ableiten des Regenwassers anzulegen. Erst einmal sind die Archäologen am Zug. "Wir untersuchen, ob sich im Erdreich Zeugnisse der Geschichte befinden, die beim Straßenbau unwiderruflich verloren gehen würden", erläutert Cornelia Rupp, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit beim Landesamt für Archäologie, die aktuelle Aufgabenstellung.

Suche auf vier Meter Breite

Konkret sieht das so aus, dass Suchschnitte angelegt werden. Sie sind vier Meter breit und gehen bis zum anstehenden Boden, also unter die Muttererde hinab. "Angefangen haben wir mit 15 Meter voneinander entfernt liegenden Schnitten. Jetzt entscheide ich je nach Topografie des Geländes", erläutert Grabungsleiter Matthias Conrad. Mit dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr sei ausgehandelt worden, dass mindestens ein Fünftel des Baufeldes von den Archäologen freigelegt wird. Das ist die sogenannte Grabung 1.

"Wir arbeiten derzeit im nördlichen Abschnitt des Baufeldes, also auf den ersten rund vier Kilometern ab dem Knoten mit der B6", erklärt Matthias Conrad. Bisher habe man rund einen Kilometer untersucht.

Grabungsleiter Matthias Conrad bei Vermessungsarbeiten. Im Hintergrund ist die Kirche in Bloßwitz (Gemeinde Stauchitz) zu sehen.
Grabungsleiter Matthias Conrad bei Vermessungsarbeiten. Im Hintergrund ist die Kirche in Bloßwitz (Gemeinde Stauchitz) zu sehen. © Axel Kaminski

Verfärbungen im Boden gesucht

Schwerpunkt der Arbeit ist derzeit, Verfärbungen am anstehenden Boden zu erkennen und zu kartieren. "Sie sind immer Zeichen für den Eingriff des Menschen", stellt Cornelia Rupp klar. Dort, wo die Menschen Material, zum Beispiel für den Hausbau entnommen haben, haben sie die so entstandenen Gruben zum Beispiel zum Lagern von Getreide genutzt oder sie mit Abfall verfüllt. In beiden Fällen habe sich dadurch der Boden verfärbt, sodass es bis heute noch zu sehen ist. Andere Spuren früher Besiedlung sind kleiner und eckig. Das verwitterte Holz der Balken der Häuser, die hier einst standen, hinterlässt diese Art von Verfärbungen im Erdreich.

"Welche Gruben näher untersucht werden, ist Gegenstand weiterer Verhandlungen mit dem Lasuv", erläutert der Grabungsleiter. Sicher ist, dass man dabei das Baufeld nicht verlassen wird. Es ist breiter als die künftige B169, umfasst auch Anschlüsse zu anderen Straßen, Haltebuchten sowie Flächen, die lediglich beim Bau in Anspruch genommen werden.

Besiedlung vor rund 3.000 Jahren nachweisbar

Obwohl man noch nicht in die Tiefe gegangen ist, gab es bereits erste Funde. In Sichtweite von Raitzen, wo erste Pfostenlöcher zutage traten, wurde ein Keramikbruchstück geborgen. "Es handelt sich um eine ausgedehnte vorgeschichtliche, vermutlich eisenzeitliche Siedlung mit Gruben und Pfostengruben an einem sanft nach Südwesten abfallenden Hang. Die Befunde ziehen sich über mehrere Hundert Meter", beurteilt Matthias Conrad diese ersten Ergebnisse. Sie stehen für eine Besiedlung vor circa 3.000 Jahren.

Ein paar Meter weiter wurde das Fragment eines Feuersteinwerkzeuges, vermutlich eines Kratzers aus der Jungsteinzeit, entdeckt. Es könnte etwas mehr als 4.000 Jahre alt sein, aber Zeit für genauere Untersuchungen ist jetzt noch nicht.

Das Luftbild zeigt die Suchschnitte, die momentan entlang der Trasse angelegt worden sind.
Das Luftbild zeigt die Suchschnitte, die momentan entlang der Trasse angelegt worden sind. © Landesamt für Archäologie Sach

Rund um die Trasse zahlreiche bekannte Fundstellen

Überraschend ist allenfalls, dass noch nicht mehr gefunden wurde. "Auf einer Karte, die alle früheren Befunde aufzeigt, ob durch Flurbegehung oder Luftbild gewonnen, sieht man, dass hier in unmittelbarer Nähe eine Reihe früherer Besiedlungen nachweisbar sind", erläutert Cornelia Rupp. "Wenn wir uns Raitzen nähern, dann weiter in die Flussaue und damit bereits für den frühen Ackerbau interessantes Gebiet vorstoßen, werden wir mit Sicherheit noch deutlich mehr Siedlungszeugnisse finden", ergänzt der Grabungsleiter.

Weiter in die Tiefe werde man dennoch zunächst nicht gehen. Man stehe unter einem gewissen Zeitdruck, diese ersten Arbeiten abzuschließen. Ein großer Teil der Suchschnitte wird bald wieder verfüllt. Zuvor werden die Fundstellen vermessen. So bleiben sie auffindbar, wenn klar ist, welche wichtigen Stellen genauer untersucht werden sollen. Momentan gehört der Helm zur Ausstattung der Forscher, wenn sie dicht neben den drei Baggern und der Planierraupe nach Verfärbungen im Boden Ausschau halten.