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AfD-Mann bleibt dem Wahlforum in Gröditz fern

Erstmals trafen in Gröditz alle Kandidaten des Wahlkreises 37 bei einem Podiumsgespräch aufeinander. Nur einer fehlte.

Von Jörg Richter
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Wahlforum zur Landtagswahl 2024 mit den Kandidaten von Bündnis90/Die Grünen, CDU, Die Linke, SPD, FDP und Freie Wähler in der Oberschule Gröditz.
Wahlforum zur Landtagswahl 2024 mit den Kandidaten von Bündnis90/Die Grünen, CDU, Die Linke, SPD, FDP und Freie Wähler in der Oberschule Gröditz. © Andreas Weihs

Gröditz. Das Unwetter, das Ende Juni die Stadt Gröditz verwüstet hat, hat auch mehrere Wochen danach noch seine Auswirkungen. Das Wahlforum am Mittwochabend in der hiesigen Oberschule musste nach nicht mal zwei Stunden beendet werden, weil es draußen schon dämmerte und die Lampen im überdachten Innenhof der Schule noch immer defekt sind.

Sicherlich wäre dieses Podiumsgespräch länger gegangen, denn interessante Themen gab es reichlich. Das kann man von der Anzahl des Publikums leider nicht sagen. Nur gut 60 Gäste waren gekommen. Etwa die Hälfte davon waren Schüler der 9. Klassen und ihre Lehrer.

So war Moderator Thomas Arndt vom veranstaltenden Bündnis für Demokratie und Zivilcourage Gröditz auch sichtlich enttäuscht über die magere Resonanz. Bei einem Wahlforum im Vorfeld der Bürgermeisterwahl vor zwei Jahren war die Aula überfüllt. Damals mussten Stühle herangeschleppt werden. Einige Zuhörer mussten am Rand stehen oder sogar vom Foyer aus die Vorstellung der Kandidaten verfolgen. Diesmal blieben viele Sitze leer.

Keine Rückmeldung

Dabei hatte es das Bündnis geschafft, alle Kandidaten des Wahlkreises 37 an den Podiumstisch zu bekommen. Nur einer fehlte: Mario Beger von der AfD. "Wir hätten ihn gern hier gehabt", so Arndt. Denn Beger sei in den zurückliegenden fünf Jahren in Gröditz kaum in Erscheinung getreten. Dabei ist er auch für die Gröditzer der direkt gewählte Landtagsabgeordnete und nicht nur für die Menschen in Großenhain, wo er wohnt und auch sein Wahlkreisbüro eingerichtet hat. "Die AfD war eingeladen, aber hat sich weder an- noch abgemeldet", sagt der Moderator bedauernd.

So aber hatten die anderen sechs Kandidaten die Möglichkeit, sich den Gröditzern vorzustellen und ihren Standpunkt zu bestimmten Themen wie Bildungsurlaub, Lehrer- und Ärztemangel auf dem Land zu benennen.

Am unauffälligsten war dabei die einzige Gröditzerin in dieser Runde. Anja Lux von der SPD hielt sich meist mit Meinungsäußerungen zurück. Nur selten ergriff sie das Mikro. Immerhin nutzte sie bei Gröditzer Themen, wie der Zukunft der Gröditzer Oberschule, ihren Heimvorteil. Die 47-jährige Fachkrankenschwester ist erst im Juni in den hiesigen Stadtrat gewählt worden und fühlt sich hier wohl eher zu Hause als im Dresdner Landtag.

Den gleichen Eindruck erhielten die Zuhörer wohl auch von Sven Seurig. Der Maler- und Lackierer-Meister aus Großenhain tritt für die FDP an und ist ein bodenständiger Handwerker. Immer wieder lässt er sein Credo durchblicken: Ohne eine funktionierende Wirtschaft in Deutschland wären viele Sozialleistungen nicht möglich.

Dementsprechend hält er auch nichts vom Bildungsurlaub, wenn dieser nichts mit einer beruflichen Qualifizierung zu tun hat, sondern rein privater Natur ist. "Meine Mitarbeiter erhalten von mir 30 Tage Urlaub", so Seurig. Da seien sicher auch ein paar Tage drin, sich für ein privates Hobby selbstständig weiterzubilden.

Rund 50.000 Sachsen hatten in den vergangenen Monaten eine Petition unterschrieben, damit jeder im Freistaat das Recht haben soll, jährlich bis zu fünf Tage Bildungsurlaub zu nehmen, so wie es in anderen Bundesländern bereits möglich ist. Seurig sieht darin eine zusätzliche Belastung der Arbeitgeber. Denn sie müssten den zusätzlichen Urlaub bezahlen.

Der nette, ältere Herr

Bei diesem Thema widerspricht Ulrich Köhler von den Linken ganz heftig. Der "nette, ältere Herr", wie sich der 70-jährige Meißner selbst vorstellt, steht zu seiner SED-Vergangenheit. "Ich habe früher die Ideen des Sozialismus vertreten und tue das auch heute noch", sagt der Diplom-Ingenieur, der in Dresden Metallbau unterrichtet. Zuerst müsse der Mensch im Vordergrund stehen und erst dann die Interessen der Wirtschaftsbosse.

"Ich bin kein Freund davon, der Wirtschaft Vorschriften zu machen", sagt dagegen Lucas Partuscheck beim Thema Bildungsurlaub. Mit 28 Jahren ist der Familienvater aus Treugeböhla der jüngste der sieben Landtagskandidaten im Wahlkreis 37. Seit zwei Jahren arbeitet er als Kommunikationsmanager bei der WT Energiesysteme GmbH, nach der auch die WT-Arena in Riesa benannt ist. Politik transparenter zu machen und Entscheidungen besser zu erklären, ist sein vordringliches Thema, das er für die Freien Wähler im sächsischen Landtag einbringen möchte.

Nicht nur von der Hautfarbe her blieb Thomas Berndt von Bündnis 90/ Die Grünen eher blass. Zwar meldete sich der Diplom-Ingenieur deutlich mehr zu Wort als seine Podiumsnachbarin Anja Lux, aber deutlich abheben von seinen Mitbewerbern konnte sich der Radebeuler nicht.

Der Einzige, der aufsteht

Ganz anders Sebastian Fischer von der CDU. Der gelernte Koch ist nach fast ununterbrochenen 20 Jahren Mitgliedschaft im sächsischen Landtag mittlerweile ein erfahrener Politprofi, kennt sich im hiesigen Wahlkreis sehr gut aus und nutzt das. Der Gävernitzer steht als Einziger bei jedem Redebeitrag auf. Auch das unterscheidet ihn von den anderen.

Beim abschließenden Thema "Wie umgehen mit der AfD?" sind fast alle der gleichen Meinung, dass man der vom sächsischen Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextrem" eingestuften Partei mehr Paroli bieten müsse. Nur Malermeister Sven Seurig sieht in einem möglichen Wahlsieg der AfD in Sachsen eine Chance. Er sagt: "Sobald sie Regierungsverantwortung hat, wird man sehen, dass sie ihre Versprechen nicht hält."