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Riesaer Elblandklinikum will zum Onkologischen Zentrum werden

Für die Behandlung von Darmkrebs ist das Krankenhaus bereits zertifiziert. Kürzlich ist eine weitere Krebsart dazugekommen – und es soll weitergehen.

Von Eric Weser
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Prof. Oliver Stöltzing operiert einen Patienten per  Roboter am Darm. Nicht nur für Darmkrebs ist das Riesaer Elblandklinikum ein zertifiziertes Zentrum.
Prof. Oliver Stöltzing operiert einen Patienten per Roboter am Darm. Nicht nur für Darmkrebs ist das Riesaer Elblandklinikum ein zertifiziertes Zentrum. © Andreas Weihs

Riesa. Die Geräte piepen regelmäßig an diesem Vormittag in dem Operationssaal des Riesa Elblandklinikums, doch stressen lässt sich davon niemand im Raum. Auf dem OP-Tisch in der Mitte liegt ein Patient, um die 80 Jahre alt. Um ihn herum sitzen mehrere Ärzte und Schwestern. Der eigentliche Operateur hingegen findet sich etwas am Rande: Von einer Konsole aus steuert Chirurg Prof. Oliver Stöltzing den OP-Roboter, dessen spinnenartige Arme im Bauch des Patienten münden. Über den Monitor an seiner Konsole kann der Operateur sehen, wie es im Patienten aussieht, und mittels kleiner Handhebel die Arme des Roboters millimetergenau steuern. Ein 50 Zentimeter langes Stück Darm wird am Ende der mehrstündigen Operation zu bergen sein. Jenes Stück, in dem der Tumor sitzt.

Seit einem Jahr gehören Operationen am Darm mittels Roboter am Riesaer Elblandklinikum mehr und mehr dazu. Während Robotik bei Prostata-OPs der Urologen schon Standard ist, hält das Ganze bei den Viszeralchirurgen, den auf den Bauchraum spezialisierten Operateuren, gerade erst Einzug.

Noch ganz frisch ist für das Riesaer Elblandklinikum auch die Zertifizierung als sogenanntes Viszeralonkologisches Zentrum. Bereits seit 2021 und auch weiterhin darf sich Riesas Krankenhaus Darmkrebszentrum nennen. Seitdem kürzlich auch die Anforderungen der Deutschen Krebsgesellschaft für die Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs nachgewiesen wurden, ist Riesa auch Pankreaskrebszentrum.

Die Zertifizierung ist eine Bescheinigung, wie es viele gibt, könnte man meinen. Doch die leitenden Klinikärzte machen deutlich: Sie ist mehr als das. Denn in der Diskussion um die bevorstehende Krankenhausreform zeichne sich ab, dass künftig zum Beispiel nur noch zertifizierte Zentren Tumoroperationen vornehmen dürfen. Riesa will sich als ein solches Zentrum etablieren – als eines der wenigen im ländlichen Raum Sachsens.

Die Chefärzte Prof. Oliver Stöltzing, Dr. Petr Sergeev und Prof. Jörg Schubert im Riesaer Elblandklinikum. Bei der Behandlung von Darm- und Pankrearkrebspatienten arbeiten nicht nur sie eng zusammen. Auch andere Ärzte, spezialisierte Pflegekräfte sowie we
Die Chefärzte Prof. Oliver Stöltzing, Dr. Petr Sergeev und Prof. Jörg Schubert im Riesaer Elblandklinikum. Bei der Behandlung von Darm- und Pankrearkrebspatienten arbeiten nicht nur sie eng zusammen. Auch andere Ärzte, spezialisierte Pflegekräfte sowie we © Andreas Weihs

Deshalb hat man sich bei den Elblandkliniken auf Weg gemacht, um die entsprechende Urkunde von der Deutschen Krebsgesellschaft zu erhalten. Gut drei Jahre Vorbereitung seien nötig gewesen, sagt Prof. Oliver Stöltzing. Unter anderem müsse nachgewiesen werden, dass am Klinikum eine gewisse Mindestzahl an Darm- beziehungsweise Pankreaskrebspatienten behandelt beziehungsweise operiert werden. Die Auditoren, meist selbst Chefärzte, und damit Kenner der Praxis, würden bei ihren Besuchen daneben unter anderem die Verzahnung der am Zentrum beteiligten Fachabteilungen unter die Lupe nehmen: Wie arbeiten Gastroenterologen und mit Chirurgen bei der Krebsbehandlung zusammen, wie die Ärzte mit dem Pflegepersonal? Gibt es Psychologen und Sozialarbeiter, die sich um die Patienten kümmern?

Gremium entscheidet über Behandlung

Was fachübergreifende Zusammenarbeit in einem Zentrum heißt, wird zum Beispiel beim Blick auf das „Tumorboard“ deutlich: In diesem Gremium werden wegweisende Entscheidungen über die Behandlung der Krebspatienten getroffen. Bei der wöchentlichen Sitzung von bis zu 20 Ärzten verschiedener Fachrichtungen werden die Fälle aktueller Patienten fachlich besprochen. Ziel ist, gemeinsam die bestmögliche Therapie für den jeweiligen Patienten festzulegen. Nicht nur Ärzte aus den Standorten der Elblandkliniken in Riesa, Meißen und Radebeul sind dafür im Tumorboard zusammengeschaltet, auch ambulante Kollegen werden einbezogen.

Sich als Zentrum zu qualifizieren, sei aufwendig und verlange auch wirtschaftlich vom Klinikum einiges ab, machen die Chefärzte deutlich. Ein OP-Roboter zum Beispiel sei teuer. Dass sich ein Klinikum Sozialarbeiter oder Psychologen zur Betreuung von Patienten leistet, sei ebenfalls nicht selbstverständlich. Auch die Zertifizierung an sich koste Geld – und sie sei dazu noch mit allerlei Dokumentationspflichten verbunden. Die Zertifizierung sei aber nicht allein ein Siegel für das Erreichte, sondern entspreche einem Prozess zur kontinuierlichen Verbesserung der Versorgungsqualität. "Das ist in der Onkologie eine permanente Anpassung an neue Studienergebnisse, die wir unseren Patienten dann bei diesen schweren Erkrankungen auch zukommen lassen wollen", sagt Prof. Jörg Schubert.

Der OP-Trakt im Riesaer Elblandklinikum: Hier werden alle Operationen durchgeführt – nicht nur Tumor-OPs. Allerdings ist auch nicht jeder Tumor operativ behandelbar.
Der OP-Trakt im Riesaer Elblandklinikum: Hier werden alle Operationen durchgeführt – nicht nur Tumor-OPs. Allerdings ist auch nicht jeder Tumor operativ behandelbar. © Andreas Weihs

Nicht zuletzt der Zuspruch aus der Patientenschaft lässt die Mediziner zum Schluss kommen, dass der eingeschlagene Weg richtig ist. Ein Riesaer Pankreaskrebs-Patient erzählt beim Besuch im Riesaer Klinikum beispielsweise von einer „Rundumversorgung“, die er bekommen habe, nachdem er Ende Juni wegen akuter Beschwerden ins Klinikum kam und dort die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs gestellt wurde. Da der aggressive Tumor bei dem 60-Jährigen weit fortgeschritten war und eine Heilung nicht mehr möglich, wurde er im Klinikum dahingehend behandelt, dass er wieder weitgehend selbstständig in sein Zuhause zurückkehren kann. „Ich fühle mich besser“, so der sichtbar von seiner Erkrankung gezeichnete Riesaer, der allerdings wieder kräftig genug ist, daheim Treppen steigen zu können. Doch nicht nur körperlich habe man ihm geholfen. Die Betreuung während des reichlich zweimonatigen Krankenhausaufenthalts habe ihm auch ermöglicht, sich mit der Diagnose abzufinden und auch eine neue Perspektive zu entwickeln. „Irgendwie muss es ja weitergehen.“

Klinikstandorte wachsen zusammen

Weitergehen soll es im Riesaer Elblandklinikum auch bei der Entwicklung zum Behandlungszentrum für Krebsfälle: Mittelfristig habe man sich vorgenommen, ein sogenanntes Onkologisches Zentrum zu werden, machen die Chefärzte Stöltzing, Schubert und Sergeev deutlich. Dafür soll in der nächsten Zeit die fachliche Expertise für Tumorbehandlungen an weiteren Organen wie Magen, Prostata und Blut nachgewiesen werden, um die entsprechenden Zertifizierungen zu erhalten.

Neben einer positiven Außenwirkung des Qualitätssiegels, das für Krankenhäuser im ländlichen Raum nicht selbstverständlich sei, erhoffen sich die Chefärzte auch eine nach innen. Schon jetzt seien aber viele Kollegen stolz auf die Zertifizierung, sagt Dr. (rus) Petr Sergeev. Bei den Elblandkliniken habe das Ganze auch bereits dazu geführt, dass die einzelnen Häuser enger zusammengerückt seien. „Früher war alles streng getrennt zwischen den Standorten“, so Prof. Oliver Stöltzing. Dass es inzwischen anders sei, komme letztlich vor allem den Patienten zugute.