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Neways sagt Tschüss zur Börse

Der Konzern, zu dem auch einer der größten Betriebe Riesas gehört, verschwindet vom Aktienparkett. Doch was heißt das eigentlich?

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Der Neways-Standort an der Pausitzer Straße in Riesa. Seinen Hauptsitz hat das Unternehmen in den Niederlanden. Dort geht es jetzt von der Börse.
Der Neways-Standort an der Pausitzer Straße in Riesa. Seinen Hauptsitz hat das Unternehmen in den Niederlanden. Dort geht es jetzt von der Börse. © Sebastian Schultz

Riesa/Son. Ende dieser beziehungsweise Anfang kommender Woche ist Schluss: Dann geht das Elektronikunternehmen Neways von der Amsterdamer Börse ("Euronext"). Delisting heißt der Vorgang, bei dem die Börsennotierung einer Unternehmensaktie endet.

Im Fall von Neways passiert der Rückzug vom Börsenparkett nach mehr als 35 Jahren: Nach eigenen Angaben war das 1969 gegründete Unternehmen mit Hauptsitz im niederländischen Son bei Eindhoven 1986 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden. Im selben Jahr war Neways an die Amsterdamer Börse gegangen. Ein Schritt, den Unternehmen in der Regel tun, um sich bei Investoren Geld für Wachstum zu beschaffen.

Neuer Eigentümer aus den Niederlanden

Eine Verbindung nach Riesa hat Neways seit 2014: Damals übernahm die niederländische Firma die einstige BuS-Gruppe, die nach der Wende in Riesa gegründet worden war. Bis heute ist die Neways Electronics Riesa GmbH & Co. KG mit seiner Elektronik-Bauteil-Fertigung an der Bayern-und-Sachsen-Straße in Riesa einer der größten Arbeitgeber der Stadt.

Insgesamt hat Neways-Gruppe knapp 2.600 Mitarbeiter in vierzehn Unternehmen, die vorwiegend in Europa, aber auch China und den USA angesiedelt sind.

Der anstehende Börsenabschied des Mutterkonzerns ist durch eine veränderte Eigentümerstruktur möglich geworden. Hielten vor einiger Zeit noch verschiedene Investmentgesellschaften unterschiedlich große Neways-Aktienpakete, strebt das niederländische Unternehmen Infestos die Alleineigentümerschaft an. Im Juni hielt Infestos nach eigenen Angaben bereits mehr als 95 Prozent der Anteile.

Abgang mit Ansage

Noch wird die Neways-Aktie an der Börse gehandelt. Der Blick 30 Jahre zurück zeigt: Das Papier hat in der Zeit ein Auf und Ab erlebt. Derzeit steht der Aktienkurs bei knapp 13 Euro.
Noch wird die Neways-Aktie an der Börse gehandelt. Der Blick 30 Jahre zurück zeigt: Das Papier hat in der Zeit ein Auf und Ab erlebt. Derzeit steht der Aktienkurs bei knapp 13 Euro. © Screenshot: SZ

Auch bei Infestos handelt es sich um eine Investmentfirma. Das 1999 gegründete Unternehmen legt eigenen Angaben zufolge Familienkapital an. Neben Neways ist Infestos an weiteren Firmen beteiligt, etwa einem Filtermembranhersteller. Daneben investiert die niederländische Gesellschaft nach eigenem Bekunden Geld in Immobilien.

Bei Neways engagiert sich Infestos nach eigenen Angaben zufolge seit vorigem Jahr. Bereits im Juni 2021 hatte Infestos ein Übernahmeangebot für Neways unterbreitet, das vonseiten der Verantwortlichen des Elektronikunternehmens angenommen worden war. Einer Vereinbarung gemäß sollte Infestos 14,55 Euro je Neways-Aktie zahlen und damit für die Übernahme insgesamt rund 177,5 Millionen Euro. "Vorstand und Aufsichtsrat von Neways sind der Ansicht, dass das Angebot im besten Interesse des Unternehmens und aller seiner Stakeholder liegt und empfehlen daher, das Angebot anzunehmen", hatte es seinerzeit in einer Mitteilung geheißen, in der der der Abgang von der Börse bereits in Aussicht gestellt wurde.

Keine Zerschlagung oder Verkäufe

Wie das Portal Finanzen.net erklärt, können die Gründe für ein Delisting unterschiedlich sein. So fallen bestimmte Transparenzpflichten weg, die im Falle einer Börsennotierung erfüllt werden müssen – etwa die Veröffentlichung von Quartalsberichten.

Das Einsparen von Kosten kann ebenfalls ein Grund für den Rückzug von der Börse sein. Möglich ist ebenfalls, dass das betreffende Unternehmen andere Wege gefunden hat, um Wachstum zu finanzieren, und daher die laut Experten durchaus kostspielige Börsennotierung aufgibt.

Aber auch geplante Umwandlungen oder Umstrukturierungen von Unternehmen können Gründe sein, sich vom Börsenparkett zurückzuziehen. Derlei Prozesse lassen sich mitunter abseits der von Börse und ohne Aktionäre einfacher vornehmen.

Der neue Eigentümer Infestos und Neways selbst sehen im Abschied von der Börse strategische Vorzüge, hatte das Unternehmen bereits im Juni vorigen Jahres betont.

Im Neways-Geschäftsbericht für 2021 vom Februar dieses Jahres wird versichert, dass Infestos nicht vorhabe, Neways zu zerschlagen oder einzelne Geschäftsbereiche zu verkaufen. Auch am Unternehmenssitz, zentralen Managementpositionen oder dem Erscheinungsbild der Firma solle sich nichts ändern, heißt es weiter. Und: Bestehende Rechte oder Leistungen für Angestellte sollen durch die Übernahme durch Infestos nicht beeinträchtigt werden.

Aus dem Umfeld des Riesaer Neways-Standortes ist zu hören, dass der Börsenabschied für den hiesigen Betrieb keine besondere Bedeutung habe – einschneidender sei die Übernahme des Mutterkonzerns durch Infestos gewesen. (SZ)