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Riesa: Der neue Herr über die Kläranlage

Seit einem reichlichen Jahr leitet Tino Koch den Abwasserzweckverband in Riesa. Wie der Ingenieur diesen für künftige Herausforderungen fit machen will.

Von Eric Weser
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Tino Koch ist seit einem guten Jahr Technischer Leiter beim Abwasserzweckverband Oberes Elbtal in Riesa.
Tino Koch ist seit einem guten Jahr Technischer Leiter beim Abwasserzweckverband Oberes Elbtal in Riesa. © Foto: SZ/Eric Weser

Riesa. Wer duscht, die WC-Spülung drückt oder die Waschmaschine anstellt, macht sich meist wenig Gedanken, was mit dem Wasser passiert, das in den Abfluss rauscht. In Riesa und vier Nachbargemeinden fließt es in aller Regel in Rohre und Kanäle, die nach Riesa-Gröba zur Kläranlage vom Zweckverband Abwasserbeseitigung Oberes Elbtal Riesa führen.

Seit einer Weile gibt es beim Zweckverband mit Tino Koch einen neuen Verantwortlichen. Der 53-jährige Diplomingenieur für Siedlungs- und Industriewasserwirtschaft hatte zuvor ein eigenes Unternehmen für Kläranlagenplanung und -bau in Gröditz geführt, das sein Vater nach der Wende mitgegründet hatte. Nachdem es in der Firma einschneidende personelle Veränderungen gegeben hatte, orientierte sich Koch neu und heuerte beim kommunalen Entsorger in Riesa an. Seit mehr als einem Jahr ist er dort Technischer Leiter.

Schwierige Einarbeitung

Was er in Gröba vorgefunden habe? Einen grundsätzlich funktionierenden Verband mit einem kompetenten und unterstützenden Mitarbeiterstamm sowie engagierten Verbandsmitgliedern – aber auch einen Betrieb mit verschiedenen Problemstellungen, sagt Tino Koch. Manch wichtige Position in dem rund 20 Mitarbeiter zählenden Zweckverband sei zum Beispiel unbesetzt gewesen. Verschiedene Projekte seien begonnen aber trotz langer Laufzeiten noch nicht beendet worden. Keinen Hehl macht er daraus, dass er enttäuscht ist, wie Projekte und die tägliche Sacharbeit übergeben worden sind. "Ich musste mich von der Sache her komplett selbst in die Abläufe einarbeiten, der Aufwand war und ist enorm." Für die Unterstützung durch die Mitarbeiter sei er sehr dankbar.

Unweit der Elbe liegt in Gröba das Gelände der Kläranlage.
Unweit der Elbe liegt in Gröba das Gelände der Kläranlage. © Andreas Weihs

Ein reichliches Jahr nach seinem Start bilanziert der Ingenieur, dass inzwischen erste "Baustellen" abgearbeitet sind, die er nach seinem Amtsantritt ausgemacht hatte. Eine Meister- und zwei Monteurstellen habe der Verband in den vergangenen Monaten neu besetzen können, womit sich die Personalsituation etwas entspannt habe. Ein Blockheizkraftwerk, das wegen eines technischen Defekts 2021 gebrannt hatte, laufe seit Ende 2023 wieder voll im Automatikbetrieb. Auch eine Reihe anderer Dinge, oft vermeintliche Kleinigkeiten, seien erledigt. Von der Einhausung eines Schaltschranks über die Reparatur eines Betriebsgebäudes, das mit Wassereintritten zu kämpfen hatte. Die bereits begonnene Internetseite des Zweckverbandes wurde inzwischen mit einigen grundlegenden Informationen freigeschaltet, sagt Tino Koch, der sich nach eigenem Bekunden auch um eine veränderte Kommunikationskultur bemüht – sowohl innerbetrieblich als auch mit Dienstleistern, den fünf Zweckverbandsmitgliedern als auch der Öffentlichkeit.

Die eigene Kläranlage besser verstehen

Dennoch: Längst nicht alles, was sich an Aufgabenstellungen ergeben habe, habe in einem Jahr erledigt werden können, sagt der Technische Leiter. Nach wie vor gebe es große Herausforderungen. Der Verband sei zum Beispiel weiter auf der Suche nach Verstärkung im ingenieurtechnischen Bereich, um etwa die Steuerungstechnik der Kläranlage auf Stand zu halten. Aus einer neuen europäischen Abwasserrichtlinie vom März dieses Jahres würden sich zudem neue Anforderungen ableiten. "Wir haben dieses Jahr deshalb eine Prozess- und Energieanalyse für die Riesaer Kläranlage angestoßen." Sie soll ein Baustein für weitere Entscheidungen sein und den Weg in die Zukunft weisen. Konkret geht es zum Beispiel darum, wie mit dem im Klärschlamm enthaltenen Phosphor umzugehen ist.

Der Zweckverband Abwasser Oberes Elbtal

  • Der Zweckverband wurde 1993 gegründet. Seine wesentliche Aufgabe besteht darin, das von seinen Mitgliedern übernommene Abwasser zentral zu entsorgen.
  • Mitglieder sind die Städte Riesa, Lommatzsch und Strehla sowie die Gemeinden Stauchitz und Hirschstein.
  • Der Zweckverband betreibt neben einem überörtlichen Kanalnetz vor allem die Kläranlage an der Kirchstraße in Riesa, wo der Zweckverband auch seinen Sitz hat.
  • Eng verbunden ist der Zweckverband mit der Stadt Riesa, die mehr als 80 Prozent der Zweckverbandsanteile hat und deren Verwaltung auch buchhalterische Aufgaben für den Verband übernimmt. Riesas OB Marco Müller (CDU) ist auch Zweckverbandsvorsitzender.

Oder wie die Kläranlage energieautark wird. Dabei spielen zum Beispiel die Blockheizkraftwerke der Kläranlage eine wichtige Rolle, denn sie werden mit Klärgas betrieben, das bei der Schlammbehandlung entsteht. Die zugehörigen Prozesse in der Anlage besser zu verstehen und zu optimieren, um die Energieausbeute zu steigern, sei eine der Aufgaben für die nächste Zeit.

"Wir müssen digitaler werden"

Daneben müsse der Zweckverband digitaler werden, so Tino Koch. Das eigene Kanalnetz soll deshalb in einem Geoinformationssystem darstellbar gemacht werden. Eine Sisyphos-Arbeit, da die zugehörigen Daten teilweise noch immer nur in Papierform vorhanden sind. Oder wenn schon digital, dann mitunter noch auf verstreuten Datenträgern schlummern. In einigen Monaten soll der Bestand aber so weit eingepflegt sein, dass ein digitales Abbild des Netzes den Verbandsmitgliedern vorgestellt werden kann. Auf dieser Basis sollen weitere Maßnahmen abgeleitet werden können – etwa, wo Bauvorhaben nötig werden könnten, um das Netz zum Beispiel bei Starkregen entlasten zu können und das Abfließen ungeklärter Abwässer in Gewässer zu verhindern.

In puncto Digitalisierung aber darüber hinaus sei auch die Frage relevant, ob und inwieweit Klärwerke zur sogenannten kritischen Infrastruktur gehören und ob es etwa Maßnahmen zur Cybersicherheit braucht, sagt der Technische Leiter. Es gibt also viel zu tun für den Abwasserzweckverband und dessen Technischen Leiter. Tino Koch freut sich darauf. Die Arbeit sei interessant und vielfältig, so der 53-Jährige.