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Riesas OB: "Es wird Großartiges geleistet"

Marco Müller (CDU) über den Kampf gegen Corona-Krise, Proteste und seine Wünsche für die Stadt.

Von Christoph Scharf
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Gerade fertig geworden: Riesas OB Marco Müller (CDU) auf der Skaterbahn an der Merzdorfer Straße.
Gerade fertig geworden: Riesas OB Marco Müller (CDU) auf der Skaterbahn an der Merzdorfer Straße. © LKW

Riesa. Herr Müller, jetzt haben wir das Jahr 2021 fast hinter uns. Hätten Sie gedacht, dass es noch einmal so ein schwieriges wird? Oder hatten Sie vor einem Jahr gehofft, dass wir Corona bald hinter uns haben?

Ich hatte persönlich schon erwartet, dass sich die Situation verbessert – und wir nicht in eine so dramatische Phase kommen, wie sie jetzt da ist. Und wie sie zuvor noch nicht da war.

Gibt es dennoch Dinge, die Ihnen Mut machen?

Absolut! Es wird Großartiges geleistet, wenn ich an das ärztliche und nichtärztliche medizinische Personal denke, an die Mitarbeiter in Schulen, Kitas, Pflegeheimen. Da würde ich mir wünschen, dass man sich solidarisch nicht nur mit den Erkrankten zeigt, sondern auch mit denen, die an vorderster Front für uns kämpfen. Aus meiner Sicht wird kein anderer Weg aus der Pandemie führen, als mit dem Impfen voranzukommen.

Zuletzt gab es allerdings nur wenig Möglichkeiten, sich in Riesa impfen zu lassen ...

Wir haben wiederholt dem DRK, dem Freistaat und dem Bund angeboten, die Sachsenarena wieder kurzfristig als Impfzentrum in Betrieb nehmen zu lassen. Dort stimmen die Bedingungen und auch mit den Mitarbeitern würde es passen. Nun hat aber der Landkreis die Entscheidung getroffen, im Riesenhügel einen Impfpunkt einzurichten. Dieses Objekt hatten wir angeboten, weil es dort Konferenzräume gibt, Wartebereiche und Parkplätze vor der Tür. Die Mitarbeiter der Magnet konnten dort schon mit dem Betrieb eines Testzentrums Erfahrungen sammeln.

Zuletzt galt es im Stadtrat, einige umstrittene Entscheidungen zu treffen – über eine mögliche Kitaschließung in Poppitz etwa und über höhere Elternbeiträge. Täuscht der Eindruck, dass die Stadträte sich scheuen, harte Entscheidungen zu treffen?

Grundsätzlich ist es nie schön, wenn man Einschnitte oder Verteuerungen verkünden muss. Aber manchmal unumgänglich. Dazu kann durch die sozialen Medien auch von kleinen Gruppen schnell großer Druck aufgebaut werden. Deshalb gibt es Spannungsfelder zwischen kurzfristig populären oder langfristig vernünftigen Entscheidungen. Die Abwägung ist eine Herausforderung, der sich die Stadträte stellen. Dafür bin ich ihnen dankbar.

Wie lassen sich Leute motivieren, nach Riesa zu kommen – oder hier zu bleiben?

Riesa ist eine attraktive Stadt! Wir haben ein herausragendes Angebot für eine Stadt unserer Größe im Kultur- und Freizeitbereich. Wir haben ein Schwimmbad, freie Kitaplätze, eine gute Schullandschaft. Bald kann man an der Studienakademie den höchsten akademischen Abschluss machen. Wir besitzen also viele gute Argumente und mit dem ICE-Halt auch eine gute verkehrliche Anbindung, wenn man mal die B 169 ausklammert. In Dresden können sich junge Familien kaum noch familienfreundlichen Wohnraum oder ein Eigenheim leisten. In Riesa ist das anders. Man sieht ja, wie das Neubaugebiet in Weida angenommen wird.

Da habe ich auch gestaunt ...

Ja, dort ziehen nicht nur Riesaer hin, sondern auch Menschen aus dem Umland, die zum Beispiel in Dresden arbeiten und wegen der guten Anbindung nach Riesa ziehen. Hier gibt es Bauland, das sie bezahlen können. Da haben wir schon gute Chancen.

Da das Gebiet an der Erfurter Straße so gut wie voll ist: Ist denn weiteres Bauland schon in Aussicht?

Wir wollen nicht weit entfernt an der Greizer Straße weiter machen. Wo früher die Schule stand, hat uns der Freistaat anderthalb Millionen Euro Fördermittel zur Altlastenbeseitigung gewährt. Dort ist nochmal Platz für knapp 40 Eigenheime. Damit wollen wir schnell vorankommen, weil wir schon wieder Bedarf haben! Wir hatten selber nicht gedacht, dass die Bauplätze an der Erfurter Straße so schnell verkauft sind. Außerdem erschließen natürlich auch private Anbieter Bauland, etwa an der Straße Am Kuffenhaus und der August-Bebel-Straße. Mit der Brauhaussiedlung geht es ebenfalls voran. Der Investor spricht von Riesa als der "Stadt der kurzen Wege", aus meiner Sicht zu Recht. Von der Siedlung ist man in vier Minuten zu Fuß am Rathaus - und genauso auch am Krankenhaus. Zu Fuß kann man seine Einkäufe tätigen, mit dem Fahrrad kommt man schnell zum Bahnhof. Man kann vieles ohne Auto erledigen.

Nach wie vor laufen Montagabend Corona-Protestler durch Riesa. Wie finden Sie das?

Ich bin ein großer Verfechter unseres Grundgesetzes. Da gehören Meinungs- und Demonstrationsfreiheit dazu! Teilweise kann ich aber die Anliegen der Leute nicht nachvollziehen. Man muss sich auch den Realitäten stellen. Und die Zahlen bei Corona sind dramatisch! Und wenn ich Verschwörungstheorien höre, dass das alles gar nicht so sei und Statisten im Krankenhaus liegen würden – da fehlen mir schon die Worte. Ich bin ständig im Kontakt mit dem Riesaer Revierleiter zu den montäglichen Demonstrationen. Dort werden teils absurde Theorien vertreten. Gleichzeitig bekomme ich jeden Tag Meldungen zur Lage im Krankenhaus. Und wenn knapp 90 Prozent der ITS-Plätze von Ungeimpften belegt sind, muss man sich schon die Frage stellen, ob die Impfung nicht geeignet ist, das Risiko und die Krankheitsverläufe zu minimieren. Das gebietet auch die Solidarität mit den Menschen, die sich in vorderster Front der Bekämpfung der Pandemie stellen, dass man sie unterstützt, indem man sich impfen lässt. Trotzdem bin ich keiner, der Kritiker pauschal zu "Covidioten" erklärt. Ich bin kein Mediziner oder Epidemiologe. Aber ich vertraue der Wissenschaft. Auch Unternehmern, Einzelhändlern, Gastronomen und Hoteliers gehört unsere Solidarität. Ich wünsche mir, dass sich noch mehr Menschen von der Impfung überzeugen lassen. Dazu gehören natürlich auch ausreichend Impfangebote.

Das könnte einer der Wünsche für das neue Jahr sein. Was wünschen Sie sich noch für Riesa und die Riesaer im Jahr 2022?

Ich hoffe nicht nur, dass wir gesund bleiben oder gesund werden und die Pandemie in den Griff kriegen. Ich hoffe auch, dass wir in der Gesellschaft wieder abrüsten und auch andere Meinungen zulassen. Dass wir respektvoller miteinander umgehen und nicht nur die eigenen Probleme in den Blick nehmen, sondern auch die der Gesellschaft insgesamt. Für Riesa konkret wünsche ich mir, dass wir die Feuerwache und die Grundschule so zügig wie möglich realisieren können. Ich hoffe, dass sich die wirtschaftliche Lage bessert und wir im nächsten Doppelhaushalt ab 2023 wieder mehr Möglichkeiten haben. Vielleicht können wir die starken städtischen Gesellschaften miteinbeziehen. Ich hoffe, dass es mit dem Innenstadtmanagement weiter vorangeht und sich auch das Muskator-Gelände weiter entwickelt. Wir haben ja auch 2021 einiges geschafft.

Worauf sind Sie da besonders stolz?

Die Sanierung der Oberschule Am Merzdorfer Park war eine richtig große Sache, bei der Grundschule Am Storchenbrunnen geht es nun an die Außenanlagen, der Generationenpark Merzdorfer Straße mit der Skaterbahn ist fertig geworden, ebenso der Bürgergarten. Auch die Alleestraße und die Brückenbaumaßnahmen waren wichtig, trotz aller Diskussionen. Beim versuchsweisen Ausbau der Dr.-Friedrichs-Straße sind wir gespannt, wie sich das am Ende darstellt. Der Hortspielplatz an der 1. Grundschule wurde gerade vollendet. Und wir haben viel in Infrastruktur investiert, etwa in Abwasseranlagen. Allein im Hallenschwimmbad wurden fünf Millionen Euro in neue Technik investiert. Auch wenn Corona alles überlagert: Den optimistischen Blick sollte man sich auch im neuen Jahr bewahren!