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Innenpolitiker reagieren entsetzt nach Verlust von Dienstwaffe in Riesa

Nach dem Verschwinden einer Maschinenpistole in Riesa bleiben viele Fragen. Mitglieder des Innenausschusses fordern eine strengere Überprüfung.

Von Stefan Lehmann
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Ein Polizist mit einer Maschinenpistole im Juli 2023. In Riesa ist eine solche Langwaffe abhandengekommen. Auf welche Weise, das ist noch unklar.
Ein Polizist mit einer Maschinenpistole im Juli 2023. In Riesa ist eine solche Langwaffe abhandengekommen. Auf welche Weise, das ist noch unklar. © dpa

Riesa. Nach dem Verlust einer Dienstwaffe samt Munition in Riesa fordern mehrere sächsische Landespolitiker strengere Kontrollen bei den Polizeidienststellen im Freistaat. "Ich bin entsetzt und auch besorgt", teilt etwa die Linke-Politikerin Kerstin Köditz auf Nachfrage von Sächsische.de mit. "Wir reden hier ja nicht von einem Radiergummi oder zwei Packungen Druckerpapier, sondern von einer tödlichen Waffe." Ihr sei nicht nur unklar, wie so eine Waffe verloren gehen könne, "sondern auch, warum das erst ein halbes Jahr später bekannt wird".

Kerstin Köditz ist Innenpolitikerin der Linkspartei im Sächsischen Landtag.
Kerstin Köditz ist Innenpolitikerin der Linkspartei im Sächsischen Landtag. © Archivbild: Jürgen Lösel

Auch SPD-Politiker Albrecht Pallas erklärte, er sei "fassungslos, dass der 'Verlust' einer Maschinenpistole und 60 Schuss Munition im Polizeirevier Riesa erst nach einem halben Jahr auffällt". Der ehemalige Kriminalbeamte verweist ebenso wie andere Mitglieder des sächsischen Innenausschusses auf frühere Skandale im Umgang mit Waffen und Munition. "Gerade nach dem Munitionsskandal 2021 beim früheren MEK Dresden durften die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass der laxe Umgang mit Waffen bei der sächsischen Polizei beendet wird", betont Pallas.

Albrecht Pallas (SPD) gehört Sachsens Innenausschuss an. Der Politiker kennt Polizeiarbeit aus eigener Anschauung – er war selbst Kripo-Beamter.
Albrecht Pallas (SPD) gehört Sachsens Innenausschuss an. Der Politiker kennt Polizeiarbeit aus eigener Anschauung – er war selbst Kripo-Beamter. © Christian Juppe

Der Fall zeige, dass das noch nicht gelungen ist. "Ich frage mich, warum das Fehlen der Waffe nicht eher aufgefallen ist, ob vielleicht noch mehr Waffen bei der Polizei 'abhandengekommen' sind und wann das Innenministerium jetzt endlich handelt, um so etwas für die Zukunft auszuschließen." Innenminister Armin Schuster sei jetzt am Zuge, den Fall aufzuklären. "Vor allem müssen endlich für die Sicherheit wichtige Standards der Polizei beim Umgang mit Waffen, Munition und anderen gefährlichen Gegenständen in jeder Dienststelle umgesetzt werden." Aus Pallas' Sicht gehörten dazu etwa ein Vier-Augen-Prinzip und eine engmaschige Kontrolle der Bestände. Auch Linke-Politikerin Kerstin Köditz sagt, eine lückenlose Protokollierung habe sie bisher für selbstverständlich gehalten.

Sachsenweite Revision könnte länger dauern

Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Valentin Lippmann, stimmt in die Kritik ein: "Für mich stellt sich die Frage, ob man aus den bisherigen Skandalen im Zusammenhang mit dem Verlust von Waffen und Munition nichts gelernt hat." Auch er fordert, das System der Waffenausgabe und -registratur müsse auf den Prüfstand.

Valentin Lippmann von Bündnis 90/Die Grünen ist innenpolitischer Sprecher für seine Fraktion im Landtag.
Valentin Lippmann von Bündnis 90/Die Grünen ist innenpolitischer Sprecher für seine Fraktion im Landtag. © Sven Ellger

Riesas AfD-Landtagsabgeordneter Carsten Hütter ergänzt, eine Kontrolle der Bestände könne nur der erste Schritt sein. "Bei dem Verlust von Waffen geht es am Ende im schlimmsten Fall auch immer um Menschenleben." Man müsse daher prüfen, wie sich die Sicherheit verbessern lasse. Hütter regt an, die Bestände elektronisch zu überwachen. "Im Zeitalter unseres digitalen Fortschrittes sollte es doch möglich sein, auch eine technische Erfassung oder Statusmeldung aller Waffen und der Munition auch in Sachsen umzusetzen."

Carsten Hütter von der AfD ist nicht nur Direktabgeordneter für Riesa im Landtag, sondern auch Mitglied im dortigen Innenausschuss.
Carsten Hütter von der AfD ist nicht nur Direktabgeordneter für Riesa im Landtag, sondern auch Mitglied im dortigen Innenausschuss. © Foto: SZ/Eric Weser

Ob der Verlust der Waffe auch im Innenausschuss Thema wird, ist noch offen. Fragen wirft der Fall offenbar genug auf - allen voran eben, weshalb der Verlust der Waffe samt Magazin nicht früher aufgefallen war. "Die Kernfrage ist aber, ob hier Führungsversagen vorlag, man die Kontrolle schleifen ließ und vielleicht nicht so genau hinsah, wie es sein sollte", sagt Linke-Politikerin Köditz. "Diese Möglichkeit finde ich beunruhigend."

Am Dienstag hatte die Polizeidirektion Dresden bekannt gegeben, in dem Fall zu ermitteln. Bekannt geworden war der Verlust der Maschinenpistole erst nach einer routinemäßigen Revision Anfang August. Zuletzt ausgegeben worden war die Waffe im Februar für den regulären Dienst im Streifenwagen. Ob sie dort verloren ging, gestohlen wurde oder womöglich sogar noch an falscher Stelle im Bestand der Polizei vorhanden ist, das ist derzeit noch unklar.

Die Polizeidirektion will nun ihre Bestände komplett überprüfen. Polizei-Inspekteur Petric Kleine hatte darüber hinaus eine Prüfung sämtlicher Bestände angeordnet. Ehe diese Revision nicht beendet ist, werde man sich nicht näher äußern, heißt es aus dem Sächsischen Innenministerium.