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SZ + Riesa

Mann wird mit geklautem Saatgut erwischt

Ein polnischer Landwirt wird bei Nacht an der B98 in Schönfeld von der Polizei angehalten – und will nicht gewusst haben, dass er Diebesgut aus Strehla transportiert.

Von Manfred Müller
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Säckeweise Saatgut, dessen Herkunft ein Mann nicht erklären konnte, brachten ihn vor Gericht.
Säckeweise Saatgut, dessen Herkunft ein Mann nicht erklären konnte, brachten ihn vor Gericht. © Foto: Pixabay/Pexels

Riesa. Nein, erklärt Karol D. (Name geändert) vorm Riesaer Amtsgericht, er habe den Mann nicht gekannt, der ihm den Auftrag für den Transport von „ein paar Säcken“ aus Deutschland nach Polen erteilte. Der 34-Jährige bekam die Wegbeschreibung über den Kurznachrichtendienst Whatsapp mitgeteilt und machte sich noch gleichen Abend zu einer Landstraße in der Nähe von Wülknitz auf. Dort sollte ein Transporter mit einer Panne liegengeblieben sein, dessen Ladung D. zu übernehmen und ins Nachbarland zu bringen hatte.

Als der Pole weit nach Mitternacht am Übergabeort eintraf, luden zwei Männer aus einem Fiat Ducato insgesamt 83 Säcke mit Maissaatgut (Wert: fast 12.000 Euro) in seinen Mercedes Sprinter. Der ging wegen der übergroßen Last fast in die Knie. Nicht weit vom Übergabeort entfernt – auf der B98 bei Schönfeld – fiel der Transporter einer Polizeistreife auf. Weil der Fahrer weder einen Auftrag noch eine Rechnung vorweisen konnte, wurde er zunächst festgesetzt. Wenige Stunden später zeigte dann ein Agrarbetrieb aus Paußnitz bei Strehla das Verschwinden von zwei Paletten Maissaatgut an.

Angeklagter erzählt schlüssige Geschichte

Nun sitzt der Landwirt Karol D. auf der Anklagebank und wird des Diebstahls bezichtigt. Möglicherweise auch der Hehlerei, sofern er am eigentlichen Klau im April 2022 nicht beteiligt war. Aber der Angeklagte wartet mit einer einigermaßen stringenten Geschichte auf, die sich nur schwer widerlegen lässt. Der Auftraggeber sei persönlich in seiner kleinen Werkstatt erschienen, ein Mann von durchschnittlicher Größe, etwas dicklich vielleicht. Er habe ihm 500 Euro in bar gegeben und eine Lieferadresse genannt – eine polnische Maschinenbaufirma unweit der deutschen Grenze. Als die Saatgut-Ladung dann beschlagnahmt wurde, habe er übers Handy vom Auftraggeber eine Rechnung angefordert und auch zugesandt bekommen. Diese müsste der Polizei vorliegen. Weil Karol D. die Lieferung nicht zu ihrem Bestimmungsort bringen konnte, sei ein paar Wochen später ein Mann in seiner Firma aufgetaucht und habe gedroht, in seinem Anwesen Feuer zu legen. D. zeigte die Bedrohung bei der polnischen Polizei an; die Sache sei aber im Sande verlaufen.

Lagerhalle nicht abgeschlossen

Die Vertreter der Paußnitzer Agrarfirma versichern im Zeugenstand, dass die Diebe über Ortskenntnis verfügt haben und auch über die Betriebsabläufe informiert gewesen sein müssen. Waren doch in der betreffenden Nacht noch Mitarbeiter auf den Feldern unterwegs. Aus diesem Grunde war auch die Halle, in der Saatgut lagerte, nicht abgeschlossen. In Verdacht gerieten zwei Beschäftigte aus Polen, die zu dieser Zeit im Betrieb arbeiteten. Nachweisen ließ sich das allerdings nicht, und auch der angeklagte Karol D. ist den Paußnitzern nicht bekannt.

Für die Staatsanwältin ist es durchaus vorstellbar, dass sich die Diebe eines eigentlich unbescholtenen Landwirtes bedienten, um das geklaute Saatgut nach einer Autopanne doch noch nach Polen zu transportieren. Zumal der Angeklagte bei der polizeilichen Vernehmung und auch während der Verhandlung durchaus glaubwürdig herüberkam. Deshalb beantragt sie einen Freispruch, dem das Gericht auch folgt. Es sei schlichtweg nicht möglich, dem Angeklagten eine Beteiligung am Diebstahl oder an der Hehlerei nachzuweisen. Dem Agrarbetrieb ist bei der Aktion ebenfalls kein Schaden entstanden – er bekam die geklauten Saatgutsäcke zurück.