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Von Kolumbien nach Riesa für eine Ausbildung im Hammerbräu

Mit viel Mut zog Pablo vor drei Jahren von Kolumbien nach Riesa und fing seine Ausbildung in der Gastronomie an. Damit ist er einer der wenigen, denn Azubis in der Gastronomie werden überall gesucht.

Von Natalie Stolle
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Nach zwei Jahren ist Pablo im Hammerbräu in Riesa bereits Teil des eingespielten Teams. Hinter der Theke kennt er sich bestens aus.
Nach zwei Jahren ist Pablo im Hammerbräu in Riesa bereits Teil des eingespielten Teams. Hinter der Theke kennt er sich bestens aus. © Andreas Weihs

Riesa. Er hebt die dunkle markante Augenbraue, während er grinsend das Bier zapft. Hinter der Theke des Hammerbräu fühlt sich Pablo schon lange heimisch. Am liebsten möchte er lernen, wie man deutsches Bier selbst braut. Doch es war nicht nur das Bier, das ihn vor drei Jahren nach Deutschland lockte.

Nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr hier, erfuhr er von seinen österreichischen Freunden von der Möglichkeit, eine Ausbildung zu absolvieren. Dank seiner ersten Deutschkenntnisse vom FSJ hatte er gute Chancen auf einen Job. „Es war eine Jetzt-oder-nie-Gelegenheit“, erinnert sich Pablo. Er verließ seine Heimatstadt in Kolumbien und kam nach Riesa.

Im Riesenhügel begann er seine dreijährige Ausbildung zum Restaurantfachmann. Das Schwierigste war für ihn jedoch die Sprachbarriere. In der Berufsschule lernte er weiter Deutsch, aber auch Englisch und Französisch, um alle Begriffe aus der Gastronomie zu beherrschen. Deutsch an sich sei als Sprache schon kompliziert, hinzu kommt vor Ort aber auch der sächsische Dialekt, der ihn manchmal vor Probleme gestellt hat. „Aber ich bin immer irgendwie klargekommen. Zur Not: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“, sagt Pablo.

Aber nicht nur die Sprache war für ihn manchmal eine Herausforderung. Auch die Mentalität sei in Deutschland eine ganz andere. Was nicht immer nur ein Nachteil für ihn sei. „Pablo ist ein unheimlich offener Mensch“, erzählt Anja Ulbrich, die Leiterin vom Riesenhügel. Sie hat Pablo während seiner Ausbildungszeit begleitet und weiß, wie oft er auch mit seinem spanischen Wörterbuch da saß und gezweifelt hat. Aufgegeben hat er trotzdem nicht, er selbst betrachte das Glas immer lieber halb voll, als halb leer. „Mit seinem kolumbianischen Charme und seinem Lächeln kommt er bei den Gästen sehr gut an“, sagt Ulbrich.

Im Hammerbräu hat er nach zwei Jahren inzwischen ausgelernt und möchte bleiben. „Die Situation in Europa ist für mich und andere Junge ein bisschen besser als in der Heimat“, erklärt er. Er schätzt an Riesa besonders die Ruhe. Für ihn, der er aus einer Großstadt in Kolumbien stammt, sei diese Ruhe ein sehr starker Kontrast. Auch in Sachsen sieht Pablo großes Potenzial, was fehlen würde, seiner Meinung nach, sind mehr junge Leute.

Hammerbräu sucht weiterhin Azubis

Wer ebenfalls mehr junge Menschen benötigt, ist der Riesenhügel in Riesa. Und die Gastronomie an sich. Mit Pablo hat noch ein weiterer Azubi in diesem Jahr die Ausbildung beendet. Neu dazugekommen ist nur ein neuer Auszubildender als Fachkraft für das Gastgewerbe. Es würden sich generell weniger bewerben als früher, bestätigt auch Ulbrich. „Vor 15 Jahren haben wir noch Auswahlverfahren gehabt, heute sind wir froh, wenn sich überhaupt jemand bewirbt.“

Dabei wurden die Anforderungen schon angepasst, sie wären auch offen für Quereinsteiger oder Azubis, die aus anderen Betrieben wechseln wollen. Was für Ulbrich zählt, sei der Wille. Doch für Ausbildungen zum Koch, in der Hotellerie oder Gastronomie sei es schwierig, neue Leute zu finden. „Die jungen Leute wollen nicht mehr am Wochenende arbeiten. Das ist für viele schon ein Ausschlusskriterium“, berichtet sie.

Zunahme der Gastro-Azubis in Sachsen

Ein anderes Bild zeichnet dagegen Axel Klein von der Dehoga Sachsen. Sein Blick in die Zukunft der Gastronomie und Hotellerie in Sachsen ist unerwartet hoffnungsvoll und positiv. So verzeichnet die Industrie- und Handelskammer Dresden in diesem Jahr 461 neue eingetragene Ausbildungsverträge für Ende Juli in diesem Bereich. Das wären fast 60 mehr als zur selben Zeit im vorherigen Jahr.

Die Gründe für den Zuwachs sieht er im Engagement der Dehoga und im Erfolg der Kampagne "Tourismustalente für Sachsen". Sie wurde 2022 ins Leben gerufen und soll durch die Erfahrungen von anderen Azubis wiederum neue potenzielle Bewerber inspirieren. "Wir gehen viel mehr in die Schulen, kochen mit den Elfjährigen und versuchen sie, schon früh für diese Berufe zu begeistern", sagt Klein. Durch diese Bemühungen sei es auch möglich, international junge Menschen anzusprechen. So wie es auch bei Pablo der Fall war.

Aktuell sind 495 betriebliche Ausbildungsstellen unbesetzt, so die Agentur für Arbeit Riesa. Insgesamt 1.288 Mädchen und Jungen meldeten sich in diesem Jahr insgesamt als Bewerber für eine Ausbildung. Somit sind das 30 weniger als im Jahr zuvor. Momentan sind noch 121 Jugendliche auf der Suche nach einer Stelle.