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"Fürs Klima“: Beliebtes Reiseunternehmen erhöht die Preise

Auch viele Sachsen sind mit Schumann Reisen aus Thüringen unterwegs. Der Chef sieht seine Branche als Teil des Klimaproblems und handelt – auch wenn es nicht allen gefällt.

Von Sylvia Miskowiec
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Nach Venedig geht’s nun per Bahn statt mit dem Flieger.
Nach Venedig geht’s nun per Bahn statt mit dem Flieger. © Neil Morrell/pixabay.de

Mit der Bahn statt dem Flieger nach Venedig? „Das war für einige unserer Gäste sicher eine Umstellung“, sagt Thomas Schumann, Gründer des Unternehmens Schumann Reisen. „15 von 24 Reisenden auf dieser Tour waren seit der Wende nicht mehr mit dem Zug unterwegs.“ Auch andere Reisen wurden mittlerweile von der Luft auf die Gleise verlegt – und damit eine Menge Kohlenstoffdioxid-Emissionen gespart, wie Thomas Schumann sagt. „Seit Mai dieses Jahres gleichen wir zudem all unsere CO2-Emissionen aus.“

Das mittelständische Unternehmen aus dem thüringischen Triptis bringt jährlich zwischen 3.000 und 5.000 Urlauber aus Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt per Bus, Bahn, Schiff und Flugzeug in nahe und ferne Länder. „Wir weisen ab sofort den CO2-Fußabdruck für jede Reise auf unserer Website aus“, sagt Schumann. Das tun mittlerweile viele Reiseveranstalter. Doch die meisten von ihnen setzen auf eine freiwillige Kompensation durch die Urlauber – ganz oder teilweise. „Das halten wir nicht für erfolgversprechend“, so Schumann. Stattdessen habe man die Preise entsprechend dem CO2-Abdruck angehoben.

Unternehmensgründer Thomas Schumann.
Unternehmensgründer Thomas Schumann. © Schumann Reisen

Um fünf bis acht Prozent hätten sich die Urlaube durch Klimaschutzmaßnahmen durchschnittlich verteuert, so der Unternehmer. Wobei es durchaus Unterschiede gäbe. „Eine Reise nach Patagonien ist um die 300 Euro teurer als früher, während der Urlaub in einem nachhaltig bewirtschafteten Hotel in Österreich jetzt nur ein, zwei Euro mehr kostet.“ Manch ein Angebot wurde ganz gestrichen, etwa die Kreuzfahrten in die Antarktis und Arktis.

Fuhrpark komplett auf E-Fahrzeuge umgestellt

Um herauszufinden, wie viel CO2 Hotels, Verpflegung, Ausflüge, Bus- und Kreuzfahrten erzeugen, hat Schumann den Nachhaltigkeitsprofessor Harald Zeiss und Studierende der Hochschule Harz ins Boot geholt. Rund ein Drittel der CO2-Emissionen entfallen auf Flüge. Fliegen ist laut Umweltbundesamtes mit 238 Gramm pro Personenkilometer die Reiseart mit den höchsten Treibhausgasausstößen hierzulande. „Diese Emissionen kompensieren wir mit Zahlungen an die Klimaschutzorganisation atmosfair“, so Schumann. Diese baut mit den Geldern erneuerbare Energien vor allem in Entwicklungsländern aus.

Die anderen zwei Drittel der CO2-Emissionen produzieren die angebotenen Bus- und Schiffsreisen. Diese werden nach Unternehmensangaben ausgeglichen, indem zu gleichen Teilen die Moor-Renaturierung in Mecklenburg-Vorpommern und soziale Hilfsprojekte weltweit unterstützt werden.

Zudem habe man den Fuhrpark für den Haustür-Abholservice auf E-Fahrzeuge umgestellt, sagt Schumann. In den Reisebussen setze man auf Porzellan- statt Pappgeschirr. Und bei den ausgewählten Hotels werde genau geschaut, wie viel etwa auf Buffets liegen bleibt und wie der Energieverbrauch der Häuser aussieht. Wer nicht mehr den Vorstellungen des Unternehmens entspricht, verliert unter Umständen den Kooperationsvertrag. Ziel sei es, den CO2-Ausstoß pro Gast und Reisetag bis 2027 um fünf Prozent zu senken.

Ein kompletter Verzicht ist keine Alternative

Manch ein Gast reise aufgrund der Preiserhöhungen nicht mehr mit, so Schumann. Und manch einer führe rege Diskussionen ob der Wahrhaftigkeit des Klimawandels. „Dabei sieht doch jeder, der mit offenen Augen reist, die verheerenden Auswirkungen der globalen Erderwärmung“, sagt der Unternehmer. „Besonders das Ausmaß der Dürren, Hungersnöte, Insektenplagen und Überschwemmungen in Afrika haben mich schockiert.“

Die Touristikbranche trage zum Klimawandel bei, sei aber gleichzeitig von ihren Folgen stark betroffen. „Daher müssen wir handeln“, begründet Schumann sein Engagement. Ein kompletter Verzicht sei für ihn keine Alternative: „In vielen Entwicklungs- und Schwellenländern spielt dieser Wirtschaftssektor eine bedeutende Rolle und hilft bei der Bekämpfung der Armut.“

  • Den CO2-Rechner des Umweltbundesamtes finden Sie hier.