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Radeburger Bürger lassen die Zeit vor 100 Jahren auferstehen

Beim 2. Heinrich Zille Hof- und Scheunenfest in Radeburg gab es viel zu sehen und zu erleben.

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"Ein richtig schönes Fest auf die Beine gestellt": Christina Koch, Vorsitzende des Kultur- und Heimatvereins Radeburg (M.).
"Ein richtig schönes Fest auf die Beine gestellt": Christina Koch, Vorsitzende des Kultur- und Heimatvereins Radeburg (M.). © Daniel Wagner

Von Dieter Hoefer

Radeburg. Alle Blicke gingen immer wieder nach oben: Und tatsächlich, direkt zu Beginn des 2. Heinrich Zille Hof- und Scheunenfestes fing es leicht an zu nieseln. Das tat der fröhlichen Stimmung jedoch keinen Abbruch. An etwa 40 Ständen konnte gegessen und getrunken werden. Es gab verschiedene Attraktionen und Gelegenheiten zum Staunen und Mitmachen.

Gleich am Anfang der Alten Poststraße, die zur Festmeile umgestaltet wurde, zeigten die Traktorenfreunde aus Bärwalde ihre Schätze. Neun Traktoren, der älteste ein Kramer aus dem Jahr 1939, ließen die Herzen von Freunden alter Technik höher schlagen. Und mit Regen haben die ja sowieso kein Problem. Maik Trepte: "Mit unseren Traktoren, aber auch mit anderer Landtechnik, wollen wir vor allem der jüngeren Generation zeigen, wie Landwirtschaft einst funktionierte".

Dieses Aufmerksammachen darauf, wie es einmal war, zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Fest. Die Idee dazu hatten vor einem Jahr zwei Radeburger Bürger, Manuel Schmidt und Uwe Grafe. Schmidt: "Es gab ja immer mal wieder Feste in Radeburg, bei denen die Bürger gemeinsam feierten. Leider wurden diese aus verschiedenen Gründen eingestellt."

Neun ihrer historischen Fahrzeuge hatten die Traktorenfreunde aus Bärwalde auf der Festmeile präsentiert.
Neun ihrer historischen Fahrzeuge hatten die Traktorenfreunde aus Bärwalde auf der Festmeile präsentiert. © Daniel Wagner

Nun sollte ein neuer Anlauf her, "ein Fest der Radeburger für Radeburger", so Grafe. Und da mit Heinrich Zille ja eine über die Stadt hinaus bekannte Persönlichkeit einst in Radeburg wohnte, sollte die Zeit vor über 100 Jahren wieder etwas lebendig werden. Unterstützung holte man sich beim Kultur- und Heimatverein Radeburg, der viele Erfahrungen bei der Organisation von Veranstaltungen hat. Die Vereinsvorsitzende Christine Koch findet deshalb auch, "dass auf Grund der guten Zusammenarbeit nun zum zweiten Mal ein richtig schönes Fest auf die Beine gestellt wurde". Zumal viele Privatpersonen ihre Gärten und Scheunen öffneten.

Die Zeit vor 100 Jahren wurde gern angenommen. Nicht wenige Besucher kamen in der typischen Mode: Männer mit Schiebermütze und Weste, die Frauen in knielangen Röcken und Hemdblusenkleidern und sogar eine Dame im Charleston-Kleid wurde gesichtet. Zünftig gekleidet waren auch die Mitglieder vom Radfahrerverein Weinböhla, die ihre teils über 100 Jahre alten "Drahtesel" mitbrachten und immer mal die Festmeile abfuhren. Das älteste präsentierte Rad war ein Tretkurbelrad, der handgeschweißte Rahmen stammt vermutlich aus den 1870er Jahren.

Aus alten Socken wurden die Puppen gefertigt, die Jolina Maria Gebauer an einem Speicherrade zeigt.
Aus alten Socken wurden die Puppen gefertigt, die Jolina Maria Gebauer an einem Speicherrade zeigt. © Daniel Wagner

Auch der Grundschulförderverein hatte sich etwas besonderes ausgedacht: Aus alten Wollsocken und Knöpfen konnten Kinder lustige Tiere und andere Figuren basteln. Ganz so, wie es früher üblich war. Gerade für die Kinder gab es eine Menge zu erleben. Von einem kleinen Riesenrad aus konnte die Welt von oben bestaunt werde. Auch das Kinderschminken war beliebt und wer sich ein wenig austoben wollte, konnte Mini-Fußball beim TSV-Radeburg spielen. Wer einmal ausprobieren wollte, wie Melken mit der Hand geht, konnte an der Kuhattrappe "Berta" sein Glück probieren.

Neben einem Steinmetz waren auch die Zimmerleute vom Holzbau Sachse vor Ort und zeigten ein paar ihrer alten Werkzeuge, die heute natürlich nur noch selten eingesetzt werden: Handhobel, Gestellsäge, Äxte und Hämmer. Neben Meister und Gesellen war auch Thea Sachse anwesend, die ab September ihre Ausbildung zur Zimmerin beginnt. "Aber nicht beim Papa, sondern in einem anderen Betrieb", sagte sie lachend. Da wünschen wir doch viel Erfolg.

Ganz zufrieden war auch Bürgermeisterin Michaela Ritter (parteilos): "Miteinander feiern, miteinander reden und nicht nur meckern, das ist doch gerade das Schöne an einem Bürgerfest."