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Radebeul: Schilder-Wahnsinn auf dem Dorfanger Altkötzschenbroda

Verkehrszeichen sind auf Radebeuls Festmeile keine Mangelware. Im Gegenteil: Diese gleicht einem Schilderwald. Kraftfahrer klagen, dass sie nicht mehr durchsehen. Das sagt die Stadt.

Von Silvio Kuhnert
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Wer sieht hier noch durch? Das Foto zeigt den Dorfanger Altkötzschenbroda. Doch dort findet keine Ausstellung von Verkehrszeichen statt, sondern es handelt sich um den ganz normalen Alltag.
Wer sieht hier noch durch? Das Foto zeigt den Dorfanger Altkötzschenbroda. Doch dort findet keine Ausstellung von Verkehrszeichen statt, sondern es handelt sich um den ganz normalen Alltag. © Norbert Millauer

Radebeul. Besorgt hält ein Kraftfahrer mit seinem Auto neben dem Reporter von Sächsische.de und SZ auf dem Dorfanger Altkötzschenbroda in Radebeul-West und fragt: "Haben Sie mein Kfz-Kennzeichen notiert? Meine Frau hat nur kurz eine Besorgung gemacht", sagt er durch das offene Fenster seiner Fahrertür. Der Reporter kann den Fahrer mit den weißen Haaren beruhigen. Er ist nicht vom Ordnungsamt und ahndet auch keine Park- und anderen Verkehrsverstöße. "Ich zähle die Verkehrsschilder und Verkehrszeichen", berichtet der Passant mit Stift und Notizbuch in der Hand. Der Mann im Auto zeigt sich beruhigt und meint in Bezug auf die Schilderflut: "Das kann kein Gehirn mehr aufnehmen."

Verkehrszeichen sind auf Radebeuls Kneipen- und Feiermeile alles andere als Mangelware. Allein im kurzen Sackgassenbereich vor der Bäckerei Liebscher in Höhe der Allee vom Kirchplatz bis zum Gradsteg kennzeichnen fünf Schilder, wo Autos parken dürfen und wo nicht. Die Schilderflut setzt sich im südlichen Angerbereich von Ost nach West fort. Entlang der mittleren Baumreihe stehen etliche Schilder mit eingeschränktem Halteverbot - besonders gehäuft mit nur wenigen Metern Abstand an den Inselbereichen mit den Sitzbänken. Diese unterscheiden sich vom Rest der Angerfahrbahn durch ihr besonderes Muster der Pflastersteine. Zudem reicht dieser Bereich auf der Südseite weiter in die Fahrbahn hinein als die anderen Randbereiche und ist mit Pollern versehen.

An einer Stange hängen mehrere Schilder

Ein Kraftfahrer mit gesundem Menschenverstand sollte eigentlich erkennen, dass man sein Fahrzeug vor den Pollern mit der eingeengten Fahrbahn nicht abstellen sollte, selbst wenn es für einen kurzen Moment ist. Dennoch stehen am Anfang und Ende dieser Inselbereiche Schilder mit eingeschränktem Halteverbot. Doch die Pfeile für den Geltungsbereich zeigen in die Richtungen, die von den Inselbereichen wegführen. Das verwirrt.

Unter diesen Zeichen kommen weitere Schilder. Auf denen steht, für wen das eingeschränkte Halteverbot alles nicht gilt, so zum Beispiel für Bewohner mit einem Parkausweis. Ein weiteres Hinweisschild erklärt, dass das Be- und Entladen erlaubt ist.

Mit drei Hinweisen an einer Stange lässt es die Stadt Radebeul nicht bewenden. Vor der Metzgerei Wirthgen in Höhe der Kreuzung mit Bahnhofstraße und der Zufahrt zur Festwiese sind gleich sechs Verkehrszeichen angebracht. So muss der Kraftfahrer gleichzeitig in seinen Hirnwindungen aufnehmen, dass er sich auf einer Hauptstraße befindet, dass er nur geradeaus fahren oder nach rechts abbiegen darf und dass die Straße für Radfahrer freigegeben ist. Es kommen die Informationen hinzu, dass in Richtung West Parken erlaubt ist, allerdings nur für zwei Stunden, außer man ist Anwohner und im Besitz eines Parkausweises. Im Grunde müssen Kraftfahrer noch eine weitere Info verdauen. Denn ein Kreuz aus zwei roten Balken zeigt an, dass das Schild mit den Richtungspfeilen momentan nicht gilt. Grund: Wegen der Bauarbeiten auf der Bahnhofstraße ist im südlichen Abschnitt zwischen Anger und Sparkassenkreuzung die Einbahnstraßenregelung derzeit aufgehoben.

Im Schnitt alle fünf Meter ein Schild

Beschrieben wurden bislang die feststehenden Verkehrsschilder. Mobile kamen im Vorfeld des Herbst- und Weinfests hinzu. Diese zeigen unter anderem an, wo seit Wochenbeginn absolutes Halteverbot besteht. Aber nicht nur das. In Höhe des WC-Häuschens stehen Einbahnstraßenschilder und gleich daneben: Achtung Gegenverkehr. Am Fußgängerüberweg beim Kulturamt weisen vier feststehende auf die Zebrastreifen hin. Das reicht offenbar nicht. Unmittelbar davor steht noch ein mobiles Schild, macht fünf in der Summe.

Laut Google Maps misst der Dorfanger Altkötzschenbroda zwischen der Oberschänke im Osten und dem Bürgergarten im Westen eine Länge von rund 550 Metern. Das Zählen ergab, dass in diesem Bereich über 70 Verkehrsschilder stehen, wobei die Halteverbots- beziehungsweise Parkschilder mit ihren Ausnahmen als Einheit betrachtet worden sind. An mobilen Zeichen kamen rund anderthalb Wochen vor dem Aufbau ab diesem Montag noch mindestens 38 hinzu. Das macht zusammen über 100 Schilder. Und so steht im Schnitt alle fünf Meter eins.

Bei der Stadtverwaltung nachgefragt, ob diese Schilderflut notwendig sei, heißt es: "Die Zahl der Verkehrszeichen (einschließlich Zusatzzeichen) ist seit Jahren unverändert. Aufgrund der verkehrlichen Situation in Altkötzschenbroda sind diese zum jetzigen Zeitpunkt erforderlich."

Mobile Zeichen gelten nach drei Tagen

Das Straßenbild dominieren besonders Verkehrsschilder, die das Parken regeln - nicht nur bei den feststehenden, sondern auch bei den mobilen. Ein Kraftfahrer, der beruflich viel in Radebeul zu tun hat, gab vorige Woche die Suche nach einem Stellplatz auf, weil er vor lauter Schildern, deren Regeln sich aus seiner Sicht gegenseitig aufheben, nicht mehr durchsah. Er fragte sich, warum die mobilen Schilder bereits so früh platziert werden, wenn das dreitägige Fest doch erst am kommenden Freitag beginnt.

"Für den Aufbau ab dem 23. September ist es erforderlich, das Halten und Parken im Angerbereich weitestgehend einzuschränken. Um das zu erreichen, sind mobile Park- und Halteverbote mit einem Zusatz aufzustellen, ab wann sie zu beachten sind", teilt die Verwaltung mit. Die Zusatzhinweise gelten seit diesem Montagmorgen, 7 Uhr. Wie es in der Antwort auf die Anfrage an die Stadt weiter heißt, seien nach Straßenverkehrsordnung mobile Halteverbote frühestens drei Werktage, mehr als 72 Stunden, nachdem sie aufgestellt worden sind, gültig. Somit seien die Zeichen folglich am 18. September aufgestellt worden. "Damit hat der Außendienst die Handhabe, ab dem 23. September früh Verstöße gegen das Halte- bzw. Parkverbot zu ahnden", so die Stadtverwaltung.

Wie es aus dem Rathaus weiter heißt, werde regelmäßig auf allen öffentlichen Straßen die Verkehrsbeschilderung dahingehend überprüft, inwieweit diese noch erforderlich ist. Bei Wegfall dieses Erfordernisses werden auch Verkehrszeichen entfernt. Für Altkötzschenbroda heißt das, dass derzeit keine Änderungen an der Beschilderung und deren Anzahl geplant sind. Eines ist daran sicherlich gut, dass es nicht noch mehr werden. "Es besteht kein Erfordernis, die Zahl der Verkehrszeichen in Altkötzschenbroda zu erhöhen", so die Verwaltung.