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Warum die Stadt Radebeul auf einen Klimaschutzmanager verzichtet

Was die Verwaltung in puncto Energiewende und Energiesparen unternimmt, hält ein Bürger für wenig innovativ und fordert mehr Initiative. Das sagt der OB dazu.

Von Silvio Kuhnert
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Auf dem Dach des im Spätsommer 2020 in Betrieb genommenen Anbaus ans Gymnasium Luisenstift hat die Stadt eine Solaranlage installieren lassen. Davon wünscht sich ein Bürger mehr auf kommunalen Dächern.
Auf dem Dach des im Spätsommer 2020 in Betrieb genommenen Anbaus ans Gymnasium Luisenstift hat die Stadt eine Solaranlage installieren lassen. Davon wünscht sich ein Bürger mehr auf kommunalen Dächern. © Arvid Müller

Radebeul. Als "grob fahrlässig" brandmarkt ein Radebeuler Bürger den aktuellen Haushalt der Stadt. Bei den Investitionen bis 2027 vermisst er Vorhaben zur Energieeinsparung, zum Steigern von Energieeffizienz sowie ein Umstellen auf regenerative Energieerzeugung. Konkret konnte er im Etat nur den forcierten Wechsel bei der Straßenbeleuchtung von Natriumdampflampen auf moderne LED-Leuchtmittel finden. Dafür gibt die Lößnitzstadt bis 2026 jährlich 238.000 Euro zusätzlich aus.

Das Vorhaben "Umrüstung auf LED" ist im Haushalt unter der Rubrik "öffentliche Beleuchtung, Neuerschließung/Ergänzung" zu finden. Für den Einwohner erscheint diese Umstellung eher ein Alibi zu sein - "öffentlich wirksam, wenig innovativ und unkonkret", schreibt er in einem Brief an Oberbürgermeister Bert Wendsche (parteilos) und den Stadtrat. Er vermisst fundierte Maßnahmen zu den Themen Energie und Klima und fordert in seinem schriftlichen Einwand zum Etat die Kommunalpolitiker auf, im Haushalt konkrete Projekte zum Klimaschutz und zur Energiewende festzulegen. Das Beschreiten neuer, innovativer Wege sei dringend geboten, "um ein halbwegs lebenswertes Leben der kommenden Generationen zu ermöglichen."

Die seit Jahren genannten "Vorzeigeprojekte" Fotovoltaikanlage Luisenstift und Blockheizkraftwerk Krankenhaus genügten nicht mehr, so der Radebeuler. Wie in der Nachbarstadt Coswig wünscht er sich einen Klimaschutzmanager für die Lößnitzstadt sowie, dass das 2014 beschlossene Klimaschutzkonzept überarbeitet und mittelfristig umgesetzt wird.

Neue Feuerwache bekommt Solaranlage

Die Kritik will das Stadtoberhaupt so nicht stehen lassen: "Dem Belang Nachhaltigkeit kann nach unserer festen Überzeugung am besten dadurch Rechnung getragen werden, wenn dies als Aufgabe der Gesamtverwaltung verstanden wird und nicht durch Installation eines zusätzlichen Klimaschutzkoordinators", lautet seine Antwort auf die Forderung des Bürgers. Für die speziellen technischen Belange seien im Hochbauamt zudem seit vorigem Jahr zwei entsprechende Ingenieurstellen - vorher eine - besetzt worden. Ein Ingenieur ist auf technische Gebäudeausrüstung spezialisiert, der andere auf Elektroplanung.

Der neue Schiller-Hort wird mit einer Kaskade aus drei Wärmepumpen geheizt.
Der neue Schiller-Hort wird mit einer Kaskade aus drei Wärmepumpen geheizt. © Norbert Millauer

"Im Rahmen von Investitionsmaßnahmen/Neubauten und Sanierungen gehört die Minimierung von Betriebskosten durch Einsatz energieeffizienter Anlagen und Geräte sowie die Nutzung erneuerbarer Energien zur Standardaufgabe bei Planung, Ausführung und Gebäudeunterhalt", führt der Rathauschef fort. Darüber hinaus sei bei Neubauvorhaben der Einsatz regenerativer Energieerzeugung vorgeschrieben, zum Beispiel Wärmepumpenanlagen, Fotovoltaik etc., beziehungsweise wird eine spätere einfache Nachrüstung von beispielsweise Fotovoltaikanlagen planerisch immer berücksichtigt. Die dafür notwendigen Kosten sind jeweils in den Gesamtbaukosten enthalten.

Der OB nennt konkrete Beispiele. So werden beim Neubau Oberschule Kötzschenbroda und der neuen Feuerwache in Radebeul-Ost Fotovoltaikanlagen berücksichtigt. Voraussichtlich bereits beim Bau beider Gebäude werden die Stadtwerke Elbtal entsprechende Anlagen errichten. "Für den Neubau Hort Oberlößnitz wird die Eignung für eine Fotovoltaikanlage derzeit untersucht", so Wendsche.

Umrüstung auf LED ist kein Alibi-Projekt

Die neue Feuerwache bekommt nicht nur Solarmodule auf das Dach. Sondern die gesamte Wärmeversorgung wird komplett über Wärmepumpentechnologie erfolgen. "Ein Gasanschluss ist hier nicht (mehr) vorgesehen", teilt der OB mit. Im bereits neu errichteten Hort der Grundschule Friedrich Schiller wird Wärme hauptsächlich mittels einer Kaskade aus drei Wärmepumpen erzeugt. Eine Gas-Brennwerttherme dient zur Absicherung der Spitzenlast.

Für den gesamten Schulkomplex Kötzschenbroda läuft derzeit eine Variantenuntersuchung für eine moderne Nahwärmezentrale, ebenfalls in enger Zusammenarbeit mit den Stadtwerken. Die bisherige Technik zur Wärmeerzeugung soll abgelöst werden. Zukünftig werden Grundschule, Sporthalle, der Neubau der Oberschule sowie das jetzige Gebäude der Oberschule, in das der Hort einzieht, zentral versorgt. "Dabei werden unter anderem Wärmepumpentechnologie und Kraftwärmekopplung nach aktuellem Stand favorisiert", berichtet OB Wendsche.

Die Einschätzung des Vorhabens "Umrüstung auf LED" als "ein Alibi, öffentlich wirksam, wenig innovativ und unkonkret" weist das Stadtoberhaupt als nicht sachgerecht zurück. "Durch die Umsetzung des Vierjahresprojektes kann über einen Zeitraum von circa 25 Jahren eine Gesamtersparnis von 3,8 Millionen Euro durch eine deutliche Reduzierung des Energieverbrauchs erreicht werden", teilt er mit. Auf der jüngsten Stadtratssitzung unterstützten den Haushaltseinwand des Bürgers nur die Fraktion Bürgerforum/Grüne/SPD. Eine Mehrheit von 24 Räten lehnte den Einwand ab.