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Coswiger Bürgerliste: "Wir wollen mehr öffentliche Debatten und weniger nicht öffentliche Beschlüsse"

Die CBL ist seit 2004 im Coswiger Stadtrat vertreten. Sie setzt sich für transparente, politische Entscheidungen ein und wünscht sich mehr Macht für die Einwohner.

Von Martin Skurt
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Cornelia Obst, Michael Adam und Vorsitzender Eberhard Bröhl (v. l. n. r.) treten zur Stadtratswahl als Mitglieder der Coswiger Bürgerliste an.
Cornelia Obst, Michael Adam und Vorsitzender Eberhard Bröhl (v. l. n. r.) treten zur Stadtratswahl als Mitglieder der Coswiger Bürgerliste an. © Matthias Schumann

Coswig. Ungewöhnlich für den April: Die Sonne knallt und die Temperaturen klettern am Montag fast in Richtung 30 Grad. Vermutlich wird auch der April der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881. Die vorangegangenen Monate waren es jedenfalls. So waren der Februar mit 6,7 Grad und der März mit 4,4 Grad viel zu warm, und zwar gegenüber dem Klimareferenzzeitraum 1961 bis 1990.

"Die Rekorde häufen sich", fasst Meteorologe Wilfried Küchler in seiner monatlichen Witterungsinfo auf der Internetseite des Interkulturellen Gartens (IKG) in Coswig zusammen. Die Coswiger Bürgerliste (CBL) tritt auch deshalb dafür an, innerstädtische Grünzüge zu erhalten und ökologisch aufzuwerten. Damit will der Verein das Stadtklima verbessern und die Artenvielfalt bewahren. So steht es im Wahlprogramm für die kommende Stadtratswahl im Juni.

"Solche grünen Flächen werden in Städten als Erholungsräume gebraucht", sagt Cornelia Obst. Sie ist Vorsitzende des IKG und steht auf Platz drei der Kandidatenliste der CBL. "Selbst Dresdner Schüler kommen in unseren Garten." Ihrer Ansicht nach wäre es deshalb sinnvoll, solche Flächen zu erhalten und nicht zu verkleinern. "Die Kommune kann das festlegen und dann bleiben solche Grünflächen unberührt."

Doch ihr geht es nicht nur um den IKG, sondern auch um weniger offensichtliche Flächen. Wie zum Beispiel den naturnahen Weg entlang der Straßenbahnschienen. "Der wird gern von Coswigerinnen und Coswigern genutzt, um ihren Hund auszuführen, auch Kinder sehe ich oft." Denn gerade Letztere brauchen die Naturräume der Stadt, um zu spielen oder sich zu verstecken, sagt die 59-Jährige.

Interessen der Einwohner sollen mehr Einfluss haben

"Deshalb war für uns ein wesentlicher Wermutstropfen die im Stadtrat beschlossene Trassenführung des 'Grünen Westrings'", sagt Dr. Eberhard Bröhl, seit diesem Jahr Vorsitzender der CBL und Erstplatzierter auf der Kandidatenliste. Inzwischen wurden dort "Fakten mit der Zerstörung eines zentrumsnahen Naturraumes geschaffen", sagt der 72-Jährige und meint damit die schon beendeten Rodungsarbeiten im nördlichen Teil des Gartens mit Fördermitteln des Projekts "MEI-eFAIR". Er verweist darauf, dass Förderungen auch Steuermittel sind und diese deshalb ökonomisch und ökologisch im Sinne der Steuerzahler zu investieren seien.

Der Bau des "Grünen Westrings" kann nicht mehr gestoppt werden. Die CBL-Mitglieder wünschen sich aber künftig, dass die Coswigerinnen und Coswiger mehr Mitsprache bei solchen Entscheidungen haben. "Wir wollen die Menschen vorher einbeziehen, zum Beispiel durch Bürgerforen", sagt Michael Adam, der zum ersten Mal für den Stadtrat kandidiert und auf Platz sieben steht. Seine Motivation, in der CBL aktiv zu sein, ist die Parteiunabhängigkeit. "Wir wollen mehr öffentliche Debatten und weniger nicht öffentliche Beschlüsse", sagt der 53-Jährige.

Gemeinsam mit den anderen Mitgliedern stehe er für transparente, politische Entscheidungen und ein gläsernes Rathaus. So würde sich Adam wünschen, dass es einmal im Jahr einen Tag des offenen Rathauses gebe. Im Wahlprogramm steht zudem, dass die CBL gern einen Bürgerhaushalt einrichten wolle. Damit könnten von Einwohnern angeregte Aufgaben umgesetzt werden.

Im Interkulturellen Garten wurde der künftige Radweg im Zuge des Projektes "Grüner Westring" abgesteckt. Bevor es losgehen kann, müssen aber die dort noch lebenden Eidechsen eingesammelt werden.
Im Interkulturellen Garten wurde der künftige Radweg im Zuge des Projektes "Grüner Westring" abgesteckt. Bevor es losgehen kann, müssen aber die dort noch lebenden Eidechsen eingesammelt werden. © Matthias Schumann

Außerdem will sich die CBL gegen den Eindruck wehren, sie würde die Verwaltung vor sich hertreiben. "Unser Anliegen ist es, das Leben in der Stadt im Sinne der Bürger gemeinsam mit der Verwaltung zu gestalten", sagt der Vorsitzende. "Aus unserer Sicht ist es deshalb vorteilhaft und richtig, wenn durch Stadträte und sachkundige Einwohner vorgebrachte Bürgerinteressen dazu führen, dass Projekte kritisch betrachtet werden und nicht ausschließlich Investoreninteressen die Stadtentwicklung beeinflussen." Berechtige Einwände von Coswigerinnen und Coswigern, wie bei der Planung der Schillerhöfe, sollten deshalb gründlich abgewogen werden. Denn das Geld der Einwohner müsse mit Mehrwert eingesetzt werden.

Vorsitzender: "Wir treten nur als CBL an"

Die CBL gibt es schon seit 2003 und wurde vom ehemaligen Bürgermeister Bernhard Kroemer gegründet. Im Stadtrat von 2014 bis 2019 stellte der Verein noch fünf Sitze, im aktuellen sind es nur noch vier. Denn seit 2019 sitzen dort auch sieben AfD-Räte und bilden die größte Ein-Partei-Fraktion, noch vor der CDU mit fünf Sitzen. Infolge des Einzugs der AfD verloren fast alle Parteien und die CBL Sitze.

Das war auch einer der Gründe, warum sich 2019 das Bündnis für ein nachhaltiges Coswig (BnC) gründete, indem die Linke, die Grünen, die SPD, die DSU sowie die CBL mit Mehrheit agierten. Ob es so auch im künftigen Stadtrat kommen wird, bleibt offen. "Wir treten nur als CBL an", sagt Bröhl. Auf der CBL-Liste stehen aber auch Mitglieder der Bürgerinitiative Coswig-Elbaue, wie Prof. Uwe Marschner, der schon jetzt im aktuellen Stadtrat sitzt.

Alexander Stolle, der ehemalige CBL- und BnC-Vorsitzende, stellt sich in diesem Jahr aber nicht mehr zur Wahl. Er hat aus persönlichen Gründen alle Ämter niedergelegt. Er wolle sich zwar weiterhin für Coswig einsetzen, aber nicht als Stadtrat, sagt er selbst.

Die Mitglieder der CBL wollen sich dazu nicht weiter äußern. Sie blicken vielmehr nach vorn und wollen nun ihren Wahlkampf beginnen. Dafür richten sie an vier Terminen ihren Wahlkampfstand auf dem Wettinplatz ein. Sie wollen die Coswigerinnen und Coswiger davon überzeugen, dass sie mit ihrer "konstruktiven und parteiunabhängigen Fachkompetenz" etwas bewegen können. "Das bisher entgegengebrachte Vertrauen wollen wir auch weiterhin wahrnehmen", sagt der Vorsitzende.

  • An folgenden Tagen wirbt die CBL für ihr Wahlprogramm auf dem Wettinplatz:
    • 17. April und 22. Mai, jeweils von 15.30 bis 17 Uhr
    • 4. Juni von 10 bis 13.30 Uhr
    • 7. Juni von 10 bis 14 Uhr