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Wo Mauern erzählen: Das Weinböhlaer Heimatmuseum feiert Jubiläum

Was als Initiative von Ortschronisten begann, ist heute ein lebendiges Zeugnis der Geschichte Weinböhlas: Das Heimatmuseum feiert sein 35-jähriges Bestehen.

Von Martin Skurt
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Knut Peltner, Vereinsvorsitzender des Historischen Weinböhaler Weingut e. V., kümmert sich gemeinsam mit den restlichen Mitgliedern derzeit um das Heimatmuseum, nachdem der Leiter Reinhard Krönert im vergangenen Jahr gestorben ist.
Knut Peltner, Vereinsvorsitzender des Historischen Weinböhaler Weingut e. V., kümmert sich gemeinsam mit den restlichen Mitgliedern derzeit um das Heimatmuseum, nachdem der Leiter Reinhard Krönert im vergangenen Jahr gestorben ist. © Arvid Müller

Weinböhla. Wer das Heimatmuseum in Weinböhla betritt, wird begrüßt vom unverkennbaren Geruch alter Mauern. "Das ist der Geruch der Geschichte", bemerkt Knut Peltner, ein Hauch von Ironie schwingt mit, aber auch ehrliche Bewunderung für die Vergangenheit, die in diesen Wänden lebt. Peltner, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Ortslehrpfad und des Vereins Historisches Weingut Weinböhla, ist untrennbar mit der Geschichte des Ortes verbunden. Und nun steht ein besonderes Jubiläum an: 35 Jahre Heimatmuseum, ein Ereignis, das nicht nur die lokale Kultur, sondern auch das Engagement des Vereins würdigt.

Die Sonderausstellung im Erdgeschoss, die noch bis zum Weinböhaler Herbstfest 125 Jahre Zentralgasthof beleuchtet, ist nur ein Beispiel dafür, wie lebendig die Geschichte hier gehalten wird. "Ilona Thieme vom Weinböhlaer Radverein hat die Ausstellung für uns zusammengestellt", erzählt Peltner. Die ehemalige Porzellanmalerin hat dafür sogar eigene Bilder beigesteuert. Der Gasthof, dessen Geschichte bis ins frühe 20. Jahrhundert reicht, hat viele Veränderungen erlebt. Vom Abriss und Wiederaufbau durch Otto & Schlosser bis hin zu seiner heutigen Form – die Details sind Peltners Leidenschaft, und er könnte stundenlang davon erzählen.

Mix aus Geschichte und Engagement

Doch es ist nicht nur die Vergangenheit, die ihn bewegt. Seit fast 40 Jahren setzt er sich für das Heimatmuseum und den Erhalt des historischen Weinguts ein. In den 80er-Jahren, als sich die Ortschronisten-Gruppe noch im Rathaus traf, entstand die Idee, das Weingut zu restaurieren. Unter der Leitung von Peter Beger begann eine außergewöhnliche Initiative: Mit nur 15 Helfern wurde das baufällige Gebäude in unzähligen Arbeitsstunden wiederaufgebaut. Drei Jahre lang trafen sie sich jeden Samstag, bis das Museum schließlich am 9. September 1989 eröffnet werden konnte. Damals waren nur drei Räume betretbar, heute ist das gesamte Gebäude für Besucher zugänglich.

Blick in die Bauernstube im Dachgeschoss.
Blick in die Bauernstube im Dachgeschoss. © Arvid Müller
Historisches Geschirr gibt einen Einblick in das damalige Leben.
Historisches Geschirr gibt einen Einblick in das damalige Leben. © Arvid Müller

Ein Blick in die Zeitungen jener Tage zeigt, dass das Projekt weit über die Ortsgrenzen hinaus für Aufsehen sorgte. Selbst das DDR-Satiremagazin Eulenspiegel widmete der Rekonstruktion eine spöttische, aber anerkennende Notiz. Man belächelte die Bemühungen, doch das Ergebnis spricht bis heute für sich. Das Museum, das in einem Fachwerkgebäude von 1794 untergebracht ist, beherbergt heute rund 1.000 Exponate – Zeugnisse des Lebens und Arbeitens der Weinbauern, Gärtner und Siedler aus Weinböhla.

Es ist dieser Mix aus historischen Artefakten und persönlichem Engagement, der das Museum so besonders macht. In den vergangenen 35 Jahren wurden hier 75 Sonderausstellungen gezeigt, viele davon konzipiert von Menschen wie Ilona Thieme, die ihre Freizeit und Leidenschaft in die Museumsarbeit einbringen. Der Höhepunkt ist jedes Jahr der zweite Advent, wenn das Museum festlich geschmückt wird und die Räume vor Besuchern überquellen.

Vereine halten das Dorf am Leben

Doch nicht alles ist einfach. Der Verein, der das Museum betreibt, hat im Laufe der Jahre an Mitgliedern verloren. Waren es anfangs noch 15, so sind es heute nur noch acht aktive Mitglieder. Und mit dem Tod von Reinhard Krönert im letzten Jahr verlor der Verein eine seiner treibenden Kräfte. Krönert war fast jeden Sonntag im Museum und begeisterte die Besucher mit seinem umfassenden Wissen über die Geschichte des Ortes. Heute teilen sich die verbliebenen Mitglieder die Aufgaben – doch die Lücke, die Krönert hinterlassen hat, ist schwer zu schließen.

"Mehr als 34 Jahre hat Reinhard Krönert das Heimatmuseum Weinböhla ehrenamtlich geleitet. Er hat sehr viel Zeit in das Museum investiert, die Sonderausstellungen organisiert und mitgestaltet", erinnert sich Siegfried Zenker zu dem im August 2023 gestorbenen Mann. "Das Heimatmuseum wurde für Besucher interessant gestaltet und Herr Krönert kam mit den Gästen in so manches, menschlich warmes Gespräch, was viele besonders zu schätzen wussten", sagt der Bürgermeister. "Mit sehr ausgeprägter Freundlichkeit, Geduld sowie Hingabe hat Herr Krönert Gäste willkommen geheißen und durch das Museum geführt", macht Zenker klar. "Sein Handeln war von tiefer Verbundenheit zu Weinböhla und zum Heimatmuseum geprägt, das über 34 Jahre auch sein ganz persönlicher Lebensmittelpunkt war."

Am Freitag wird das 35-jährige Bestehen des Museums gefeiert, ein Anlass, der viele Wegbegleiter zusammenführt: Bürgermeister Siegfried Zenker, Andreas Weidmann vom Fest- und Heimatverein, und natürlich die treuen Mitglieder des Vereins. Gemeinsam halten sie so die Tradition am Leben und bewahren damit die Geschichte hinter den für jeden offenen Türen des Museums. Denn durch den Heimat- und Fest-Verein wird das historische Weingut seit zwei Jahren wiederbelebt – etwa durch Veranstaltungen in der Adventszeit oder das Public Viewing zur Europameisterschaft in diesem Jahr. Durch solche Akzente bleibt das alte Dorfzentrum am Leben.

  • Wen die Geschichte des Ortes noch weiter interessiert, der sollte den aktuellen Beitrag von Knut Peltner im Weinböhlaer Amtsblatt auf Seite 10 lesen. Neben dem Museum feiert auch der IG Ortslehrpfad 30 Jahre, Wiedereröffnung des König-Albert-Turms 25 Jahre und das Haupthaus des Museums 230 Jahre.
  • Besichtigung und Führung können Sie in der Touristinfo Weinböhlas vereinbaren: unter 035243 56000 oder per E-Mail an [email protected]
  • Öffnungszeit: Sonntag, 14–17 Uhr, von Mai bis September, sonst nur nach Vereinbarung.