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"Wir brauchen Macher und keine Populisten": Wie sich Radebergs OB nach zwei Jahren im Amt positioniert

Frank Höhme ist seit zwei Jahren Radebergs Oberbürgermeister. Wie er die gesellschaftliche Stimmung in der Stadt einschätzt - und was ihn ärgert.

Von Verena Belzer
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Frank Höhme (parteilos) ist seit zwei Jahren im Amt, er ist für insgesamt sieben Jahre gewählt.
Frank Höhme (parteilos) ist seit zwei Jahren im Amt, er ist für insgesamt sieben Jahre gewählt. © René Meinig

Radeberg. Schon der Ton während des Oberbürgermeister-Wahlkampfs vor zwei Jahren war rau. Damals gewann der parteilose Frank Höhme im zweiten Wahlgang gegen die von CDU, SPD und Grünen unterstützte Katja Mulansky. In diesem Jahr hat Radeberg einen neuen Stadtrat gewählt. Und wieder ging es in Teilen hoch her. "Das war schon nochmal ein anderer Ton", sagt Frank Höhme nun, zwei Monate später. "Ob das so richtig ist, das halte ich für fraglich."

Zwei Jahre ist Frank Höhme nun Chef im Radeberger Rathaus. Zwei Jahre, die er so einschätzt: "Das gesellschaftliche Miteinander ist schlechter geworden."

"Ich erwarte ein Miteinander auf Augenhöhe"

Der Oberbürgermeister ist der Meinung, es werde zunehmend nicht mehr ordentlich miteinander gesprochen. Viele Probleme ließen sich ausräumen, ist Frank Höhme überzeugt, wenn man das Gespräch suchen würde.

Stattdessen würden viele Bürger "Seitenwege suchen", um ihre Unzufriedenheit kundzutun. Damit meint der OB den Gang in die Öffentlichkeit, beispielsweise in die sozialen Medien. "Ich verstehe den ein oder anderen Bürger ja auch und dass es Unzufriedenheiten in der Bevölkerung gibt, aber manches dauert eben lange."

Er erwarte keinen Dank in diesem Amt, und manches müsse man in der Position eines Oberbürgermeisters auch verkraften, "aber ich erwarte schon ein Miteinander auf Augenhöhe."

"Für viele Dinge von Pontius zu Pilatus rennen"

Es ist nur wenige Wochen her, da hat Mittelsachsens parteiloser Landrat Dirk Neubauer seinen Rücktritt erklärt. Eine Parallele zu Frank Höhme: Auch Neubauer war früher SPD-Mitglied. Und Frank Höhme kennt Dirk Neubauer persönlich. "Das ist einer, der gestalten will", sagt er. Neubauer hatte mehrere Gründe für seinen Rücktritt genannt. Einer davon: Die "erdrückende Papierflut" und "Überregulierung" in den Verwaltungen. Er habe 80-Stunden-Wochen und merke, es gehe nicht vorwärts. Es sei vertane Zeit.

Auch Frank Höhme absolviert nach eigenen Angaben 80-Stunden-Wochen. "Die härteste Nuss in meiner Amtszeit war, das Verständnis dafür zu entwickeln, dass es sehr lange dauern kann, um Dinge voranzutreiben." Manchmal habe man Ideen, aber er könne niemandem versprechen, dass diese dann auch in einem Jahr umgesetzt seien. "Es dauert alles zu lange", findet auch Frank Höhme. "Man muss für viele Dinge von Pontius zu Pilatus rennen, das hemmt uns. Und die Bürokratie hemmt auch die Wirtschaft."

"Wir sind doch eindeutig gebrandmarkte Kinder"

Einen anderen Punkt, den Dirk Neubauer in seiner Erklärung zum Rücktritt genannt hat, war das fehlende "Wir". Schulterklopfer seien schön, reichten aber nicht aus, etwas zu bewegen. "Man protestiert lieber", sagte Neubauer, "man findet lieber alles schlecht". Zu wenige bringen sich oder ihre Ideen ein, kritisierte er. Der Landrat sah sich zudem massiven Anfeindungen aus dem rechtsextremen Lager ausgesetzt, die Freien Sachsen waren wiederholt vor seinem Wohnhaus aufgetaucht und hatten ihn als "größten Feind Mittelsachsens" bezeichnet.

Frank Höhme beklagt sich nicht über Anfeindungen und sagt ganz klar: "Ich gehe immer noch jeden Tag gerne auf Arbeit." Ob er in fünf Jahren noch einmal zur Wahl antrete, müsse er zu gegebener Zeit vor allem mit seiner Familie besprechen. Der Oberbürgermeister verhehlt aber nicht, dass er "das populistische Denken von der ein oder anderen Partei" als Gefahr betrachtet. "Mich persönlich ärgert es, wenn man Ideologien der 1930- und 1940er-Jahre hinterher rennt, wo wir doch eindeutig gebrandmarkte Kinder sind".

"Wir sind eine weltoffene Stadt für alle"

Auch in Hinblick auf die Landtagswahl am 1. September berichtet Frank Höhme davon, dass er von heimischen Unternehmen angesprochen worden sei, "und manche haben Angst", sagt er. "Viele arbeiten mit ausländischen Firmen zusammen und haben Sorge, dass die Politik in die falsche Richtung geht".

Viele Bürgen würden bei Wahlen ihr Kreuz bei Parteien machen, "um es 'denen da oben' zu zeigen", sagt der Rathauschef. "Aber wir müssen weiterdenken und uns fragen, wer die Zukunft Sachsens gestalten kann." Es sollten Pragmatiker gewählt werden, die Lösungen präsentieren, findet Frank Höhme. "Wir brauchen Macher und keine Populisten, die die Bevölkerung aufhetzen."

Er sei der Oberbürgermeister aller Radeberger und spreche und arbeite auch mit allen, "aber wenn ich sehe, welche Fahnen montags in der Stadt geschwungen werden und wer da mitläuft, dann halte ich das für schwierig. Da wird falschen Ideologien hinterhergelaufen".

Gerade im Hinblick auf die Entwicklung des Dresdner Nordens mit der Ansiedlung des Chipherstellers TSMC müsse deutlich gezeigt werden: "Wir sind eine weltoffene Stadt für alle." Im Speckgürtel der Landeshauptstadt wollten alle ein Stück vom Kuchen abbekommen. Radeberg beispielsweise ist nach wie vor im Rennen um ein großes Ausbildungszentrum für die Mikrotechnologie.