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Wahlforum in Königsbrück: Braucht es mehr Ärzte aus dem Ausland?

In Königsbrück diskutierten die Kandidaten für die Landtagswahl über Fachkräftemangel in der Pflege, Bildung, Befugnisse der Polizei und die Demokratie. Das waren die Argumente.

Von Verena Belzer
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Das Wahlforum fand am Donnerstag im Rathaus in Königsbrück statt.
Das Wahlforum fand am Donnerstag im Rathaus in Königsbrück statt. © Anne Hasselbach

Königsbrück. Ist die Region abgehängt? Und wenn ja, wie sehr? Darüber und über andere Themen wurde am Donnerstagabend beim Wahlforum der Landeszentrale für Poltische Bildung in Königsbrück durchaus kontrovers, aber überwiegend sachlich und ohne große Emotionen diskutiert.

An diesem Abend debattierten vor etwa 60 Zuschauern die Direktkandidaten von sieben zur Landtagswahl am 1. September antretenden Parteien. Das Format findet in allen 60 Wahlkreisen im Freistaat statt.

Von den Kandidaten stach niemand besonders heraus, alle schienen gut vorbereitet, hatten ihre Redeanteile und konnten die Themen ihrer Parteien platzieren.

  • Timo Schreyer (AfD)
  • Thomas Haink (CDU)
  • Kathleen Liebschner (BSW)
  • Maria Untch (Grüne)
  • Alex Scholze (SPD)
  • Lydia Berger (Linke)
  • Matthias Schniebel (FDP) in Vertretung von Kristin Schiewart.

Ist die Region abgehängt?

Es war die Kandidatin von Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW), Kathleen Liebschner, die während einer Diskussion von Sinn und Unsinn der Schuldenbremse sagte: "Wir sind doch schon abgehangen." Liebschner kommt aus Laußnitz und ist Bauingenieurin.

Matthias Schniebel, Selbstständiger aus Elstra und von der FDP, konterte: "Das ist Jammern auf hohem Niveau, ganz so schlimm ist es nicht." Und auch Alex Scholze (SPD) wollte das nicht so stehen lassen. "Wir haben entstehende Industrie, wir haben Potenzial, gerade weil wir im Speckgürtel Dresdens sind."

Wie sollte mit dem Pflegenotstand umgegangen werden?

Thomas Haink (CDU): "Ich bin für mehr Wirtschaftsförderung und weniger Bürokratie."
Thomas Haink (CDU): "Ich bin für mehr Wirtschaftsförderung und weniger Bürokratie." © Anne Hasselbach
Timo Schreyer (AfD): "Ich stehe für eine konservative, ideologiefreie Politik für den Mittelstand."
Timo Schreyer (AfD): "Ich stehe für eine konservative, ideologiefreie Politik für den Mittelstand." © Foto: Anne Hasselbach
Kathleen Liebschner (BSW): "Ich fühle mich von den Altparteien nicht vertreten."
Kathleen Liebschner (BSW): "Ich fühle mich von den Altparteien nicht vertreten." © Anne Hasselbach
Alex Scholze (SPD): "Mir geht es um den sozialen Zusammenhalt:"
Alex Scholze (SPD): "Mir geht es um den sozialen Zusammenhalt:" © Anne Hasselbach
Maria Untch (Grüne): "Ich will Politik vom Land fürs Land machen."
Maria Untch (Grüne): "Ich will Politik vom Land fürs Land machen." © Anne Hasselbach
Lydia Berger (Die Linke): "Ich will den jungen Menschen eine Stimme geben."
Lydia Berger (Die Linke): "Ich will den jungen Menschen eine Stimme geben." © Anne Hasselbach
Matthias Schniebel (FDP):  "Die Regierung beschäftigt sich mehr mit sich selbst."
Matthias Schniebel (FDP): "Die Regierung beschäftigt sich mehr mit sich selbst." © Anne Hasselbach

Als der amtierende AfD-Landtagsabgeordnete und Dachdeckermeister Timo Schreyer sagte, "ausländische Fachkräfte können gerne kommen", gleichzeitig aber anmerkte, dass dann Ärzte in deren Heimatländern fehlten, da war Moderator Guido Michels zur Stelle: "In Georgien beispielsweise sind 30 Prozent der Ärzte arbeitslos."

Dessen Herausforderer Thomas Haink, Kandidat der CDU und als Geschäftsführer eines privaten Bernsdorfer Pflegediensts vom Fach, stellte klar: "Nur durch höhere Löhne erreichen wir nichts, wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen." Jeder, der hier etwas leisten wolle, sei auch willkommen.

Auch Lydia Berger (Die Linke) aus Räckelwitz ist als gelernte Fachwirtin im Gesundheits- und Sozialwesen Expertin auf dem Gebiet. "Die Anerkennung von Abschlüssen dauert zu lange, hier schlummert ungenutztes Potenzial."

SPD-Kandidat Alex Scholze und auch Grünen-Kandidatin Maria Untch argumentierten, die Region müsse attraktiver werden, damit Menschen auch wieder zurück kämen. "Hier ist das gesellschaftliche Klima wichtig", sagte die Chemikerin aus Puschwitz. "Wenn junge schwarze Menschen hier Rassismuserfahrungen machen und die Region verlassen, dann ist das ein Verlust, den wir nicht hinnehmen können."

Matthias Schniebel von der FDP wollte "der Realität ins Auge blicken": "Wir haben überall Fachkräftemangel, wir werden das aktuelle Versorgungsnetz nicht erhalten können."

Sollte es ein Demokratiefördergesetz geben?

Hier waren sich die Kandidaten uneins: Während die Kandidatinnen von Grünen und Linken dafür waren, votierte der Rest dagegen. "Man kann Demokratie nicht gesetzlich verordnen", argumentiere SPD-Kandidat Alex Scholze, der in Wittichenau wohnt und als Amtsleiter arbeitet. "Es ist förderlich, wenn gute Politik gemacht wird."

Als Matthias Schniebel (FDP) sagte, politische Bildung solle an den Schulen stattfinden, grätschte Maria Unch (Grüne) dazwischen: Genau das solle ja in einem Demokratiefördergesetz stehen. Timo Schreyer von der AfD zeigte sich angesichts eines solchen Gesetzes skeptisch: Bisher seien Demokratieförderprojekte eher "Ideologieförderprojekte". Was er damit konkret meinte, sagte er nicht.

Sollte die Polizei mehr Befugnisse bekommen?

Lydia Berger (Linke) sprach sich klar dagegen aus: Es sollte vielmehr eine Umstrukturierung der Polizei geben, "es gibt auch Defizite in der Kommunikation der Polizei, vor allem mit Menschen, die nicht unsere Sprache sprechen".

Beim Thema Grenzschutz waren sich Timo Schreyer (AfD) und Thomas Haink (CDU) weitestgehend einig: Wenn der Bundesgrenzschutz die Grenze nicht ausreichend sichern könne, "dann machen es die Länder halt selbst" (Haink).

Kathleen Liebschner (BSW) diskutierte bei diesem Thema weniger die Befugnisse, sondern sagte, die ausreisepflichtigen Asylbewerber und Intensivstraftäter im Land bänden zu viele Kapazitäten der Polizei. Hier konterte Alex Scholze (SPD): "Ja, muss man die Asylgesetzgebung auch durchsetzen, aber jetzt das Thema Migranten aufzumachen, ist falsch." Hier müsse man die Statistik dahingehend interpretieren, dass die Delinquenz bei allen 16- bis 21-Jährigen am höchsten sei.

Wie lange sollten Kinder zusammen zur Schule gehen?

Thomas Haink (CDU) sah keinen Grund, das bestehende System zu ändern. "Wir sind gut aufgestellt. Und das System ist durchlässig." Die Zahlen sagen hier jedoch etwas anderes: Aus der sächsischen Schulstatistik geht hervor, dass rund 1,5 Prozent der Schüler vom Gymnasium an die Oberschule und sogar nur 0,5 Prozent der Oberschüler ans Gymnasium wechseln. (Stand: Schuljahr 2021/22).

Lydia Berger (Linke) forderte eine Gesamtschule, in der bis zur 6. Klasse gemeinsam unterrichtet wird.