Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Sachsen
Merken

So lief das Wahlforum vor der Landtagswahl in Sachsen

Erstmals treffen die sieben Spitzenkandidaten vor der Landtagswahl in Sachsen aufeinander. Der Abend bietet Überraschendes.

Von Thilo Alexe
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
In Dresden diskutierten (v.l.) Petra Köpping (SPD), Katja Meier (Grüne), Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und auf der rechten Seite Jörg Urban (AfD), Sabine Zimmermann (BSW), Susanne Schaper (Linke) und Robert Malorny (FDP).
In Dresden diskutierten (v.l.) Petra Köpping (SPD), Katja Meier (Grüne), Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und auf der rechten Seite Jörg Urban (AfD), Sabine Zimmermann (BSW), Susanne Schaper (Linke) und Robert Malorny (FDP). © kairospress

Michael Kretschmer geht dazwischen. „Sehen sie, so läuft das immer“, sagt er. Zuvor hatten die Spitzenkandidaten von Grünen und AfD, Katja Meier und Jörg Urban, erwartbar gegensätzlich über die Energiewende debattiert. Dem CDU-Regierungschef war das offenbar zu viel. Er plädierte für eine Kommission zur Neugestaltung der Energiewende, mit „Erwachsenen“. Atomkraftwerke werde es wieder geben, Kretschmer hält ein kleineres neuerer Bauart sogar in Sachsen für denkbar. Es brauche Erneuerbare, so Kretschmer, und alles in einem vernünftigen Rahmen.

Es ist das erste Mal, dass sieben Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am 1. September beim Forum „Sachsen wählt“ von Sächsischer Zeitung, Freier Presse und Leipziger Volkszeitung aufeinandertreffen. Die Chefredeakteurinnen Annette Binninger, Hannah Suppa und Chefredakteur Torsten Kleditzsch führen im Dresdner Kraftwerk Mitte durch mehrere Themenblöcke, auf die das Septett jeweils eine Minute Antworten kann. Im Anschluss folgen Vertiefungsrunden.

Jörg Urban (AfD) und Sabine Zimmermann (BSW) beim Wahlforum in Dresden
Jörg Urban (AfD) und Sabine Zimmermann (BSW) beim Wahlforum in Dresden © Matthias Rietschel

Kretschmer verteidigt Position zu Waffenlieferungen

Nach Energie steht das Thema Frieden an. Es ist kein landespolitisches, aber für viele Sächsinnen und Sachsen wahlentscheidend. Kretschmer, der seit Kriegsbeginn in der Ukraine auf Diplomatie drängt und skeptisch bei Waffenlieferungen ist, verteidigt seine Position. Geld müsse in europäische militärische Stärke fließen. Nötig sei ein Raketenschirm. Diplomatie brauche es weiter.

Linken-Spitzenfrau Susanne Schaper sagt: „Mehr Waffen schaffen keinen Frieden.“ Putin sei zwar der Aggressor. Doch mehr Waffenlieferungen brächten keinen Waffenstillstand. Die Spitzenkandidaten des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW), Sabine Zimmermann, fordert ein Ende der Kriegsrhetorik. Es brauche eine neue Sicherheitsarchitektur. Gorbatschow habe recht gehabt: Frieden gehe nur mit Russland. SPD-Sozialministerin Petra Köpping berichtet von verletzten Ukrainern, die nach Sachsen ausgeflogen worden seien. Auch sie will Verhandlungen, sieht aber auch die Notwendigkeit eigener militärischer Stärke. Das Wort „kriegstüchtig“, das SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius nutzt, möge sie nicht.

Die Grünenkandidatin Meier betont: „Frieden kann es nur in Freiheit geben.“ Und: „Wir stehen an der Seite der Ukraine.“ AfD-Kandidat Urban sagt, seine Partei habe Waffenlieferungen von Anfang an abgelehnt. Kriege würden durch Verhandlungen beendet. Robert Malorny von der FDP weist darauf hin, dass Russland und die Ukraine die Entscheidung über Krieg und Frieden treffen. Aber die Ukraine dürfe nicht von der Landkarte verschwinden.

Katja Meier (Grüne), Michael Kretschmer (CDU) und Jörg Urban (r., AfD)
Katja Meier (Grüne), Michael Kretschmer (CDU) und Jörg Urban (r., AfD) ©  Matthias Rietschel

Landtagswahl in Sachsen: Das wollen die Spitzenkandidaten beim Thema Bildung

Auf dieses Thema folgt der Bereich Bildung. Hannah Suppa weist auf Stundenausfall in Rekordhöhe hin. Was sagen die Verantwortlichen und ihre Herausforderer? Teil-Einigkeit besteht darin, dass die Probleme angesichts der Demographie und anderer Schwierigkeiten nicht in kurzer Zeit gelöst werden können. FDP-Mann Malorny spricht von einem Instrumentenkasten mit mehreren Ansätzen, so müsse etwa die Digitalisierung verbessert werden. BSW-Frau Zimmermann will dagegen Tablets und Smartphones in den ersten vier Klassen aus den Zimmern verbannen und Lehrpläne entschlacken. Nötig sei zunächst die Vermittlung von Kernkompetenzen wie Lesen, Schreiben, Rechnen.

Das „Desaster“, betont Urban, habe die dauerregierende CDU zu verantworten. Vermittelt werden müssten Kompetenzen für die Berufsausbildung. Quereinsteiger in den Lehrerberuf müssten stärker unterstützt werden, damit sie nicht wieder aussteigen. Kretschmer verweist auf etwas Positives: „Wir sind bei Pisa ganz vorn.“ Das System müsse stabilisiert werden, etwa durch Schulsozialarbeit und die Ausbildung junger Menschen. Meier sieht die Einführung von Gemeinschaftsschulen durch die jetzige schwarz-grün-rote Koalition als Erfolg. Köpping will Schulsozialarbeit von Oberschulen auch auf andere Schularten ausweiten. Sie hofft, dass es beim Finanzengpass für Schulsozialarbeiter bald eine Lösung gibt.

Seltenes Lob von Kretschmer für Linke Schaper

Der Abend bietet durchaus Überraschungen. Etwa ein seltenes Lob von Kretschmer für die Linke Schaper. Er finde gut, was sie gerade gesagt habe. Schaper hat zuvor die Konkurrenz vom BSW kritisiert. Wagenknechts Partei warne zwar vor Einschränkungen der Meinungsfreiheit, lehne aber das Gendern ab. Sei das etwa nicht durch Meinungsfreiheit gedeckt? Man lebe doch in einer freien Gesellschaft. Kretschmers Lob löst Gelächter unter den rund 400 Gästen aus. Sabine Zimmermann ergänzt, dass es eben auch zur Meinungsvielfalt dazugehöre, nicht zu gendern. Immerhin können die Akteure noch locker sein.

Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) besucht Gäste des Wahlforums.
Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) besucht Gäste des Wahlforums. © Matthias Rietschel

Das zeigt sich auch beim Finale. Gefragt sind Schlagzeilen in fünf Jahren. Zimmermann: „Ich würde gerne lesen, dass es wieder Frieden auf der Welt gibt.“ Malorny: Sachsen ist wieder auf Wachstumskurs bei Bevölkerung und Wirtschaft. Schaper: Löhne haben Westniveau übertroffen, ICE von Chemnitz nach Berlin fährt stündlich. Köpping: Sachsen sind stolz auf ihr Land. Meier: Menschen haben 2024 mit Herz und Verstand gewählt, nicht taktisch. Urban: Sachsen ist Spitzenreiter bei guter Regierungspolitik. Und Kretschmer: Es ist geschafft, Bevölkerung und Wirtschaft wachsen wieder dank kluger Regierungsarbeit. Gewählt wird in drei Wochen.

Wegen einer technischen Störung hat es keine Liveübertragung des Wahlforums gegeben. Wir bitten, dies zu entschuldigen. Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet. Sie können Sie hier in voller Länge sehen:

.