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Wahlforum in Dresden: "Wir haben großes Interesse, die Corona-Maßnahmen aufzuarbeiten"

Corona, mehr direkte Demokratie, Sachsens Zukunftschancen: Darüber haben Direktkandidaten für die Landtagswahl am Dienstag beim ersten von acht Wahlforen in Dresden debattiert.

Von Dirk Hein
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Das erste von acht Dresdner Wahlforen zur bevorstehenden Landtagswahl in Sachsen fand in Pillnitz statt.
Das erste von acht Dresdner Wahlforen zur bevorstehenden Landtagswahl in Sachsen fand in Pillnitz statt. © René Meinig

Dresden. Am 1. September wählen die Sachsen einen neuen Landtag. In allen 60 Wahlkreisen organisiert die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung, unterstützt von den Volkshochschulen, der Leipziger Volkszeitung und der Sächsischen Zeitung, Wahlforen. Die erste Veranstaltung in Dresden fand am Dienstagabend im Wahlkreis 42 (Dresdner Hochland, Leuben, Laubegast) statt. Eingeladen waren die Direktkandidaten der aussichtsreichen Parteien.

Eingeladen von der Landeszentrale zum Wahlforum waren Vertreter von CDU, AfD, Grünen, Linken, BSW, SPD und FDP. Entscheidend war dabei, wer in Fraktionsstärke im Landtag oder Bundestag präsent ist und wem Meinungsforschungsinstitute reelle Chancen zum Einzug in den Landtag zusprechen. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hätte damit auf dem Podium Platz nehmen dürfen, konnte im Wahlkreis 42 aber keinen Direktkandidaten aufstellen.

Ein Protest der rechtsextremistischen Freien Sachsen gegen das Podium fiel leise aus. Eine Demo fand weit entfernt vom Eingang zur Pillnitzer Gartenbau-Fachschule statt. Die Freien Sachsen im Saal saßen lange vor Beginn der Veranstaltung alleine in der ersten Reihe, verließen dann aber während des Forums den Saal.

"Wenn alle dafür sind, warum wurde nichts beschlossen?"

Inhaltlich ist unter anderem über direkte Bürgerbeteiligung debattiert worden. In der Kommune gibt es Bürgerbegehren und Bürgerentscheide, im Freistaat Volksantrag und Volksentscheide. Doch die Hürden dafür sind extrem hoch. Zuletzt 2020 scheitere ein Volksentscheid zu den Gemeinschaftsschulen zumindest formal. Die Schulform wurde in Sachsen dennoch Realität, allerdings mit Abstrichen.

Dass die Hürden für direkte Demokratie im neuen Landtag abgesenkt werden sollen, darüber herrschte Konsens, gestritten wird im Detail. "Wir sind ein großer Verfechter der Selbstverwaltung. Per Volksentscheid sollen auch Parlamentsgesetze revidiert werden", sagte AfD-Kandidat Joachim Keiler.

Kultusminister und Direktkandidat Christian Piwarz (CDU): "Die Quoren sollen abgesenkt werden." Andrea Mühle (Grüne): "Wir stehen für ein Absenken der Quoren. Der Fokus sollte aber weg von den ganz großen Gesetzen und in die Kommunen." Sachsenweit Schule machen solle das Dresdner Beispiel, Stadtbezirksbeiräte mit eigenen Budgets auszustatten. Paul Senf (Linke), er vertrat die erkrankte Direktkandidatin Grit Alliger: "Wir sind für ein modernes Petitionsgesetz, wollen Hürden senken."

Diskutierten im Duell: Christian Piwarz (CDU, l.) und Paul Senf (Linke).
Diskutierten im Duell: Christian Piwarz (CDU, l.) und Paul Senf (Linke). © René Meinig

Im Publikum gab es Zustimmung, aber auch offene Fragen: "Wenn sich alle einig sind, warum ist in den letzten fünf Jahren nichts passiert?" Christian Piwarz: "Bei der Bürgerbeteiligung waren wir uns einig. Andere Streitpunkte blieben offen, deshalb ist die gesamte Verfassungsänderung nicht gekommen."

"Spielplätze zu schließen, das war töricht"

Im Zentrum der Diskussion stand dann auch die Aufarbeitung der Entscheidungen der Corona-Zeit. Die Forderung von FDP-Spitzenkandidat Robert Malorny, der im Wahlkreis als Direktkandidat antritt: Eine Enquete-Kommission soll die Maßnahmen während der Pandemie aufarbeiten: "Wenn Entscheidungen getroffen wurden, bei denen man später feststellt, man hätte es anders angehen müssen, dann ist es doch normal, das aufzuarbeiten." Ziel sei es nicht, "jemand an die Wand zu stellen, sondern besser zu werden".

SPD-Kandidatin Kristin Sturm: "Wir haben keine Angst vor einer Aufarbeitung, aber wir müssen offen und fair mit den Leuten umgehen, die damals Entscheidungen treffen mussten." Einer, der damals Entscheidungen treffen musste, war Kultusminister Christian Piwarz: "Aus heutiger Sicht waren manche richtig. Bei anderen müssen wir uns an den Kopf fassen und uns fragen: Was haben wir da gemacht." Spielplätze zu schließen sei "töricht" gewesen. "Ich habe großes Interesse, das aufzuarbeiten."

Wo steht Sachsen in fünf Jahren?

Ein weiteres Thema: die Verkehrsanbindung. "Chemnitz, Dresden und Leipzig sind mit schnellen Zügen verbunden. Es gibt überregionale Radwege. Menschen in Städten und Dörfern können frei wählen, ob sie sich mit Rad, Auto oder ÖPNV fortbewegen", sagt Andrea Mühle über eine ihrer Erwartungen an Sachsen am Ende der kommenden Wahlperiode.

Und die anderen? Paul Senf: "Wir kämpfen dafür, dass Sachsen nicht mehr Niedriglohnland ist". Kristin Sturm: "Wir möchten eine Sächsische Wohnungsbaugesellschaft gründen und damit den Wohnungsmarkt entlasten." Robert Malorny: "Ich wünsche mir ein Sachsen, welches das Aufstiegsversprechen für die Menschen hier erneuert. Leistung und Erfolg müssen wieder positiv besetzt sein."