Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Sachsen

Nach der Landtagswahl in Sachsen: Sieben erste Dates für das Projekt "Brombeer-Koalition"

Auf dem Papier ist alles klar: Nur CDU, SPD und BSW garantieren nach der Landtagswahl in Sachsen eine stabile Regierungsmehrheit. Das Kennenlernen mit den "Neuen" erfolgt aber nur zaghaft.

Von Gunnar Saft
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Hatten schon vor der Landtagswahl die Handynummern ausgetauscht: Sachsens CDU-Chef Michael Kretschmer und Sabine Zimmermann, die Landesvorsitzende vom Bündnis Sahra Wagenknecht. Nächste Woche wollen beide mit der SPD über eine gemeinsame Koalition reden.
Hatten schon vor der Landtagswahl die Handynummern ausgetauscht: Sachsens CDU-Chef Michael Kretschmer und Sabine Zimmermann, die Landesvorsitzende vom Bündnis Sahra Wagenknecht. Nächste Woche wollen beide mit der SPD über eine gemeinsame Koalition reden. © Matthias Rietschel

Am Wahlabend des 1. September ist in Sachsen schnell klar, welche Parteien intensiv miteinander sprechen müssen: Nur ein Bündnis aus CDU, SPD und dem BSW – eine „Brombeer-Koalition“ – kann im Freistaat für eine stabile Regierungsmehrheit sorgen, nachdem die AfD von allen als Partner ausgeschlossen wird.

Doch trotz der eindeutigen Ausgangslage dauert es mit dem Zusammenkommen. Dabei haben zwei der wichtigsten Beteiligten schon vor der Landtagswahl ihr erstes Date: Sabine Zimmermann, Landesvorsitzende vom Bündnis Sahra Wagenknecht und Sachsens CDU-Chef Michael Kretschmer nutzen im Juni ein Sommerfest in Dresden zum näheren Kennenlernen. Später räumt die BSW-Chefin öffentlich ein, man habe nun auch die Handynummern ausgetauscht.

In der ersten Zeit nach der Wahl bewegt dieser Umstand aber nur wenig. Die zweite Zusammenkunft in Sachen Regierungsneubildung ist eher formaler Natur: Fünf Tage nach der Wahl verständigen sich Sachsens CDU und SPD darüber, ob man sich vorstellen kann, weitere fünf Jahre gemeinsam in der Dresdner Landesregierung zu sitzen. Man kann es. Abgehakt.

Das dritte Treffen beim Projekt „Brombeere“ findet dann nicht einmal in Sachsen statt, sondern in Berlin. Kretschmer trifft sich erstmals persönlich mit der Bundeschefin und BSW-Namensgeberin Sahra Wagenknecht. Ziel ist es, „Möglichkeiten einer konstruktiven politischen Zusammenarbeit auszuloten“.

Gesprächsthemen sind die politische Lage im Freistaat, neue Möglichkeiten für Demokratie und die Corona-Aufarbeitung. Zudem tauschen sich beide über außenpolitische Positionen und landespolitische Themen wie Bildung und Soziales aus. Alles vielsagend ungenau. Ein offizielles Gespräch zwischen Frau Zimmermann und der sächsischen CDU-Spitze daheim gibt es bis dahin immer noch nicht.

Erste Dreierrunde am Montag geplant

Dann dauert es noch mal fünf Tage, bis sich zumindest Vertreter von SPD und dem BSW an einem Mittwochmorgen erstmals an einen Tisch setzen – Kennenlerngesprächsrunde, die Vierte. Am Ende gibt es eine kurze Erklärung: Das Treffen habe „in einer sehr angenehmen und konstruktiven Atmosphäre stattgefunden“. Beide Parteien betonen, es sei wichtig, sich persönlich kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen. Ein kleiner gemeinsamer Anfang.

Schließlich – 16 Tage nach der Wahl – kommen auch CDU und BSW in Sachsen am Montag dieser Woche erstmals zusammen. In geheimer Runde und pikanterweise ohne Sabine Zimmermann. Sie ist krank, muss passen. Andere BSW-Politiker sind in Sachen Hochwasser gefragt. Sie müssen sich um ihre durch die Fluten gefährdeten Häuser kümmern.

Mehr zum Thema:

Mit Co-Parteichef Jörg Scheibe und BSW-Landesvize Ronny Kupke sitzen dennoch wichtige Gesprächspartner vom Bündnis am Tisch und sorgen bei ihrem Gegenüber offenbar für Erleichterung. Mit launigen Worten informiert CDU-Fraktionschef Christian Hartmann die Mitglieder seiner Fraktion am Tag danach, dass er ganz und gar nicht den Eindruck hatte, mit irgendwelchen Linksextremisten zusammenzusitzen. Ein gezielter Scherz, denn das unzufriedene Grummeln in der Fraktion und bei der Parteibasis über eine sich anbahnende Zusammenarbeit mit Anhängern der Post-Kommunistin Wagenknecht hört vorerst nicht auf.

Keine tolle Stimmung herrscht schließlich beim Date Nummer Sechs – einem Treffen der CDU-Spitzen am Donnerstagvormittag mit ihren künftigen Ex-Partnern den Grünen – vertreten durch deren Noch-Minister Katja Meier (Justiz), Wolfram Günther (Umwelt) und die Fraktionsvorsitzende Franziska Schubert. Ausgerechnet Michael Kretschmer soll darauf bestanden haben, obwohl er die Grünen für eine neue Koalition nicht mehr braucht. Nach außen herrscht danach eisiges Schweigen, was oft mehr sagt als viele Worte.

Tatsächlich schaut man in der CDU längst nach vorn – auf das siebente und bislang wichtigste Treffen: Am Montag will man sich erstmals in einer Dreierrunde mit SPD- und BSW-Vertretern zusammensetzen. Alle drei gemeinsam an einem Tisch. Das könnte dann der inoffizielle Start für etwas ganz Neues im Freistaat werden.