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Bündnis Sahra Wagenknecht in Sachsen: Wie viel Linke steckt in der BSW-Fraktion?

Das Bündnis Sahra Wagenknecht kann in Sachsen für die Regierungsbildung entscheidend sein. Zur 15-köpfigen Fraktion gehören drei Politprofis und viele Neulinge. Wir stellen die Abgeordneten vor.

Von Dominique Bielmeier & Gunnar Klehm
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Wofür stehen die 15 Landtagsabgeordneten der BSW-Fraktion?
Wofür stehen die 15 Landtagsabgeordneten der BSW-Fraktion? © Bildstelle

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist zur Landtagswahl in Sachsen mit einer gut durchmischten Landesliste mit 30 Kandidatinnen und Kandidaten angetreten. Zur Landtagswahl erreichte das BSW beachtliche 11,8 Prozent der Stimmen, was 15 Mandate bedeutet.

Mindestens drei der 15 Abgeordneten sind frühere Bundes- beziehungsweise Landespolitiker der Linken und damit Politik-Profis. Hinzu kommen vier erfahrene ehrenamtliche Kommunalpolitiker. Zu den acht Politik-Neulingen gehören Gewerkschaftsfunktionäre, ein früherer Theaterintendant, eine Rechtsanwältin, Angestellte im öffentlichen Dienst und auch drei selbstständige Unternehmer.

Die Kandidatinnen und Kandidaten wurden vom Landesvorstand auf der Landesliste platziert. Dabei wurde darauf geachtet, dass sowohl thematisch viele Bereiche abgedeckt werden als auch regional. Beim Aufstellungsparteitag wurde das weitgehend akzeptiert.

Das sind die 15 BSW-Angeordneten im neuen sächsischen Landtag.

Landeslistenplatz 1: Sabine Zimmermann

Sabine Zimmermann vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen.
Sabine Zimmermann vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen. © Sebastian Kahnert/dpa

Die 63-Jährige ist Landesvorsitzende des BSW in Sachsen. Von 2005 bis 2021 saß sie für die PDS im Bundestag, die sich 2007 in Die Linke umbenannte. Politisch aktiv wurde sie ab 1992 im Deutschen Gewerkschaftsbund. Bereits fünf Jahre später wurde sie DGB-Vorsitzende in der Region Vogtland-Zwickau.

SED-Mitglied war sie nicht. Die erste Partei, der sie sich anschloss, war die SPD. Zehn Jahre gehörte die Baustofftechnologin der Partei an und saß 2004 als Nachrückerin sogar schon einmal für die SPD wenige Monate im sächsischen Landtag. Ein Jahr später trat sie aus Protest gegen die Agenda 2010 von SPD-Kanzler Gerhard Schröder aus der SPD wieder aus.

Die PDS bot ihr an, auf ihrer offenen Liste für den Bundestag zu kandidieren. Mit ihr taten das viele SPD-Abtrünnige um Oskar Lafontaine und der neu gegründeten Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) gleich.

2021 stellte Die Linke die immer noch aktive Gewerkschafterin nicht mehr auf. Aus der Politik zog sie sich deshalb aber nicht zurück, das hat sie eher noch angestachelt. 2023 kehrte sie der Linken den Rücken. Zugleich wurde sie Sahra Wagenknechts Vertraute für den Aufbau des späteren BSW-Landesverbands in Sachsen. Wenige Wochen nach der Gründung des BSW-Landesverbands gab sie ihr Amt als DGB-Vorsitzende in Zwickau auf.

Platz 2: Jörg Scheibe

Jörg Scheibe vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen.
Jörg Scheibe vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen. © BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht

Der Co-Vorsitzende des Landesverbands und Spitzenkandidat zur Landtagswahl war nie Mitglied der Linken. Der 62-Jährige war jedoch nach eigenen Angaben kurz vor der Wende 1989 Kandidat der SED. Sofort eintreten konnte man damals nicht. Richtiges Mitglied ist er nicht mehr geworden.

Politisch aktiv war der Unternehmer bis Anfang dieses Jahres nicht. Er betreibt ein Planungsbüro in Chemnitz. Im Herbst 2023 hatte er einen Brief an Wagenknecht geschrieben. Dann fädelte Sabine Zimmermann alles Weitere ein. Scheibe wird intern Wirtschaftskompetenz zugeschrieben. Aufgrund seines selbstbewussten Auftretens und Führungsqualitäten werden ihm auch verantwortungsvolle Ämter zugetraut.

Platz 3: Doreen Voigt

Doreen Voigt vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen.
Doreen Voigt vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen. © BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht

Die 40-jährige Sozialpädagogin aus Leipzig leitete zuletzt das Referat Sucht und Sozialpsychiatrie beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Sachsen. Entsprechend ist Sozialpolitik ihr Bereich. So hat sie sich zum Beispiel vorgenommen, sachsenweit Selbsthilfegruppen für Angehörige von psychisch Kranken mit aufzubauen. Ihr Herz schlage für Systemsprenger, sagt sie über sich selbst. Und für Sahra Wagenknecht: Alle ihre Bücher habe sie gelesen, hält die Parteigründerin für einen "klugen Kopf".

Erfahrungen in politischen Auseinandersetzungen hat Doreen Voigt jedoch nicht. Ein halbes Jahr war sie einmal bei der Jungen Union - ein "kleiner Fehltritt" mit 18 Jahren. Trotzdem war ihr Aufstieg beim BSW schnell: Obwohl sie sich erst nur inhaltlich hatte einbringen wollen, schrieb sie schnell schon am Wahlprogramm mit und landete schließlich auf Listenplatz 3. Dass dieser so "herausgehoben" ist, sei ihr erst gar nicht so klar gewesen, sagte sie in einem Interview.

Platz 4: Ronny Kupke

Ronny Kupke vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen.
Ronny Kupke vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen. © BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht

Der Mittvierziger ist Vorsitzender des Gesamtpersonalrats der AOK Plus und für rund 7.000 Beschäftigte zuständig. Der Chemnitzer ist aktives Mitglied der Gewerkschaft Verdi, hat bislang aber keiner Partei angehört. Zur Kommunalwahl im April 2024 wurde er bereits in den Chemnitzer Stadtrat gewählt. Dass er den Bereich Gesundheitspolitik/Kliniken abdecken soll, ist naheliegend.

Platz 5: Lutz Richter

Lutz Richter vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen.
Lutz Richter vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen. © BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht

Der 50-Jährige war 25 Jahre lang für PDS und Die Linke politisch aktiv. Von 2014 bis 2019 saß er für die Partei auch im Landtag, war unter anderem Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss. Seit 1990 ist er Kreisrat im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und war Linken-Kreisvorsitzender.

In dieser Funktion habe er sich immer wieder mit dem Landesvorstand über die politische Ausrichtung gestritten. Die Probleme der Bevölkerung im ländlichen Raum seien zusehends in den Hintergrund geraten, sagt er. Als Sahra Wagenknecht mit ihrer Parteigründung ernst machte, trat er aus der Linken aus. Es ist wahrscheinlich, dass er mit seiner Erfahrung in der Fraktion die Parlamentarische Geschäftsführung übernimmt.

Platz 6: Uta Knebel

Uta Knebel vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen.
Uta Knebel vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen. © BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht

Die 59-Jährige hat die längste Karriere in der früheren Linkspartei. Schon zu DDR-Zeiten war sie Mitglied in der SED, nach der Wende in der PDS bzw. Die Linke. Sie ist Kreisrätin in Meißen und war bis zuletzt Fraktionsvorsitzende für Die Linke im Stadtrat von Riesa. Anfang des Jahres 2024 wechselte sie zum BSW und schaffte es so im vierten Anlauf in den Landtag. Die studierte Ökonomin gilt als Finanzexpertin beim BSW. Sie war Mitarbeiterin der Landtagsfraktion der Linken, Kreisvorsitzende in Meißen und Vorsitzende des Mietervereins Saxonia.

Platz 7: Lars Wurzler

Lars Wurzler vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen.
Lars Wurzler vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen. © BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht

Der Lehrer an einer Förderschule in Pirna gilt als Bildungspolitiker. Er arbeitet auch als Seminarleiter für Quereinsteiger in den Lehrerberuf an der TU Leipzig. Politisch öffentlich in Erscheinung getreten ist er aber noch nicht. Auditorien scheuen ihn nicht. Redegewandt hat er schnell die BSW-Mitstreiter überzeugt. Wurzler kann als Reserveoffizier im Katastrophenfall öffentlichen Einrichtungen zugeordnet werden. Das passierte etwa bei einer Waldbrandkatastrophe in der Sächsischen Schweiz.

Platz 8: Bernd Rudolph

Bernd Rudolph vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen.
Bernd Rudolph vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen. © BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht

Der Zwickauer ist erfahrener Kommunalpolitiker. Viele Jahre saß er als Parteiloser für die PDS und Die Linke im Stadtrat und war zuletzt sogar Fraktionsvorsitzender. Der 62-jährige Polizeibeamte a.D. ist 2021 in die Linkspartei eingetreten, um Anfang 2024 wieder auszutreten. Mit drei weiteren abtrünnigen Linke-Stadträten bildete er eine der ersten BSW-Fraktionen in einer Kommune in Deutschland. Zur Kommunalwahl im Juni holte er die zweitmeisten Stimmen aller Kandidaten in Zwickau. Er ist einer der Innenpolitiker beim BSW.

Platz 9: Janina Pfau

Janina Pfau vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen.
Janina Pfau vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen. © BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht

Die 40-Jährige aus dem Vogtland gehört neben Zimmermann und Richter zu den Politprofis der Fraktion. Die Politikwissenschaftlerin ist 2004 in die PDS eingetreten, war von 2014 bis 2019 Landtagsabgeordnete und Landesgeschäftsführerin der Partei. Seit ihrem Wechsel zum BSW Anfang dieses Jahres ist sie als Koordinatorin des Landesverbands tätig, die bislang einzige, über Spenden finanzierte Stelle des BSW Sachsens. Welchen Politikbereich sie als Abgeordnete übernehmen wird, ist unklar.

Platz 10: Ingolf Huhn

Ingolf Huhn vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen.
Ingolf Huhn vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen. © BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht

Der 1955 in Magdeburg geborene Huhn ist der Älteste in der BSW-Fraktion. Von 1998 bis 2021 war er als Intendant der Theater in Freiberg, Plauen-Zwickau und zuletzt in Annaberg-Buchholz tätig. Jetzt ist er Rentner, hat unter Kulturschaffenden in Sachsen einen guten Ruf. Er gilt als Netzwerker und ist nicht dafür bekannt zu polarisieren. Er war zwar in keiner Partei, hat aber dennoch Erfahrungen mit Politikern. Zehn Jahre war er Mitglied des Sächsischen Kultursenats, der zu kulturpolitischen Entscheidungen im Freistaat beratend tätig ist.

Platz 11: Nico Rudolph

Nico Rudolph vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen.
Nico Rudolph vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen. © BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht

Der 1989 geborene Chemnitzer war bis 2021 Mitglied der Linken und im Stadtvorstand. Dann trat er aus. Insbesondere kritisierte er das Agieren der Linken in Bezug auf die Corona-Maßnahmen. Die Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen ist eines seiner politischen Themen. Bereits in der Linkspartei hatte er eine gute Verbindung zu Sahra Wagenknecht und war Sachsen-Koordinator der "Aufstehen-Bewegung", die Wagenknecht mit anderen 2018 initiiert hatte. Er ist so etwas wie ein BSW-Mann der ersten Stunde.

Platz 12: Ines Biebrach

Ines Biebrach vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen.
Ines Biebrach vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen. © BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht

Die Rechtsanwältin ist politisch bislang nicht in Erscheinung getreten. Justiz und Innenpolitik sind für sie von Berufs wegen politische Steckenpferde. Sie gilt als Bewunderin der Rhetorik von Wagenknecht. Über einen regionalen Unterstützerstammtisch für das BSW in der Oberlausitz fand sie Kontakt zu den Parteiorganisatoren und konnte diese schnell mit ihrer fachlichen Qualifikation überzeugen.

Platz 13: Jens Hentschel-Thöricht

Jens Hentschel-Thöricht vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen.
Jens Hentschel-Thöricht vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen. © BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht

Auch er hat eine Linken-Vergangenheit und war Fraktionschef im Stadtrat von Zittau. Seit 2020 ist er im öffentlichen Dienst bei der Stadt Seifhennersdorf im Ordnungsamt angestellt. Zuvor arbeitete er für Abgeordnete der Linken. Zum Jahreswechsel trat er aus der Linkspartei aus und ist nun für das BSW aktiv. Der Mittvierziger hat sich schon gegen ein bedingungsloses Bürgergeld und gegen Waffenlieferungen ins Ausland ausgesprochen.

Platz 14: Ulf Lange

Ulf Lange vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen.
Ulf Lange vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen. © BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht

Der Erzgebirger hat kommunalpolitische Erfahrungen als Fraktionsvorsitzender der Wählervereinigung "Initiative für Auerbach" im dortigen Gemeinderat. Er war zuletzt als Energiemanager der Gemeinden Auerbach und Burkhardtsdorf im Vogtland sowie in der Gemeindeverwaltung für den Fachbereich Investitionen/Bau/Liegenschaften tätig. Politisch macht er sich für die Entwicklung im ländlichen Raum stark.

Platz 15: Ralf Böhme

Ralf Böhme vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen.
Ralf Böhme vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Sachsen. © BSW Sachsen

Der Dresdner gehört zu jenen, die erst seit Kurzem politisch aktiv sind und die es innerhalb weniger Monate nach oben gespült hat. Der Unternehmer aus der Baubranche ist sofort in den ersten BSW-Landesvorstand gewählt worden. In Dresden ist er Vorsitzender der ersten BSW-Stadtratsfraktion. In politischen Konflikten beweisen musste er sich noch nicht. Waffenlieferungen an die Ukraine sieht er als eine Eskalation des Krieges und lehnt solche ab. Er spricht sich gegen eine Zusammenarbeit mit AfD und Grünen aus. Böhme hat sich voriges Jahr auch in den Vorstand des Sportvereins Borea Dresden wählen lassen. Sportpolitik könnte neben seiner Friedensmission sein Aktionsbereich werden.