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Warum es in manchen Gemeinden mehr als 100 Prozent Wahlbeteiligung gibt

Bei der Landtagswahl in Sachsen weisen einige Gemeinden wie Strehla oder Schönfeld kuriose Wahlbeteiligungen aus. Merkwürdig ist das nur auf den ersten Blick, denn es gibt eine simple Erklärung dafür.

Von Mirko Jakubowsky
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Briefwahl-Auszählung im Kreis Meißen: In manchen sächsischen Gemeinden liegt die Wahlbeteiligung bei mehr als 100 Prozent.
Briefwahl-Auszählung im Kreis Meißen: In manchen sächsischen Gemeinden liegt die Wahlbeteiligung bei mehr als 100 Prozent. © Claudia Hübschmann

Dresden. Die Landtagswahl in Sachsen ist gelaufen, bundesweit wird über die Ergebnisse diskutiert. Nicht immer geht es dabei um Gründe für die Wahlentscheidung, Personalien oder mögliche Koalitionen.

Aktuell wird unter anderem im Netzwerk X über eine Kuriosität im Wahlkreis Meißen 1 gerätselt. Für die Gemeinde Strehla wird eine Wahlbeteiligung von 103,5 Prozent ausgewiesen. Es gibt dort laut der Landeswahlleitung zwar nur 3.049 Wahlberechtigte, aber dafür 3.156 Wähler.

Mehr Wähler als Wahlberechtigte: So ist die Wahlbeteiligung auf wahlen.sachsen.de zu sehen.
Mehr Wähler als Wahlberechtigte: So ist die Wahlbeteiligung auf wahlen.sachsen.de zu sehen. © wahlen.sachsen.de/Screenshot SZ

Das erscheint auf den ersten Blick natürlich merkwürdig. Ein in Sachsen eher unbekannter AfD-Politiker aus Bayern postete die Zahlen auf X, andere User auf der Plattform wittern Wahlbetrug, weisen auf mathemathische Unmöglichkeiten hin oder fühlen sich an die DDR erinnert, auch wenn die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) zu ihren Zeiten zwar immer nahe der 100 Prozent landete, aber nie darüber.

Später fügten X-Nutzer sogenannten Kontext hinzu, denn mit Wahlbetrug oder statistischen Tricksereien haben die Werte nichts zu tun. Das Phänomen ist noch nicht einmal neu - es trat zum Beispiel auch bei der Bundestagswahl 2021 auf – damals unter anderem in der Gemeinde Panschwitz-Kuckau, als sogar 115,7 Prozent Wahlbeteiligung ausgewiesen wurden.

Briefwähler für Effekt verantwortlich

Die Erklärung für die merkwürdigen Werte ist simpel: Da nicht jede kleine Gemeinde ein eigenes Briefwahlbüro hat, können postalisch eingegangene Stimmzettel in einer anderen Gemeinde des Wahlkreises ausgezählt werden. Diese Stimmen der Briefwähler werden dann der auszählenden Gemeinde zugeschlagen. Gesetzlich geregelt ist das im Paragraf 8 Absatz 3 des Bundeswahlgesetzes.

Ein genauer Blick auf die Wahlergebnis-Seiten des Freistaats Sachsen zeigt, dass in Strehla die Briefwahl auch für die Gemeinden Hirschstein und Stauchitz durchgeführt wurde.

Strehla ist kein Einzelfall

Einen wesentlich deutlicheren Effekt hätte der bayerische AfD-Mann übrigens nur einen Wahlkreis weiter in Meißen 2 finden können: In Schönfeld liegt die Wahlbeteiligung sogar bei 131,5 Prozent, es gibt 1.428 Wahlberechtigte, aber 1.878 Wähler. Der Grund liegt auch hier in der Briefwahl, welche Schönfeld auch für die Gemeinden Lampertswalde und Thiendorf auszählte. Weiteres Beispiel: In der Gemeinde Ralbitz-Rosenthal im Wahlkreis Bautzen 2 lag die Wahlbeteiligung bei 104,6 Prozent, weil dort die Briefwahlstimmen auch für Crostwitz und Räckelwitz gezählt wurden.

Es gibt aber auch weniger auffällige Zahlen. In der zum Wahlkreis Görlitz 4 zählenden Gemeinde Olbersdorf lag die Beteiligung bei "nur" 95,8 Prozent - und damit im Bereich des Möglichen. Doch auch dieser hohe Anteil kommt nur zustande, weil die per Post eingegangenen Stimmzettel der Gemeinden Bertsdorf-Hörnitz, Jonsdorf und Oybin in das Olbersdorfer Ergebnis einfließen.