Bautzen. Michael Kretschmer (CDU) hat noch viel Arbeit vor sich. Das gilt nicht nur für die Gespräche mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) über eine mögliche Koalition zusammen mit der SPD in Sachsen, sondern auch für die Überzeugung der eigenen Basis.
Der CDU-Kreisverband Meißen hat eine Koalition auf Landesebene mit dem BSW bereits abgelehnt. Eine Umfrage von Sächsische.de unter CDU-Vertretern aus dem Landkreis Bautzen zeigt nun, dass auch hier mindestens Skepsis, wenn nicht gar Ablehnung besteht.
Ex-MdB Maria Michalk (CDU): Koalition mit dem BSW nicht vorstellbar
Eine Koalition der CDU mit dem BSW könne sie sich nicht vorstellen, sagt Maria Michalk, die stellvertretende Vorsitzende des CDU-Kreisverbands. „Ausgehend von den Grundwerten der CDU sind jetzt ein ,kühler Kopf‘ und Geduld gefragt, bevor es eventuell Kompromisse mit einer gerade einmal acht Monate alten Gruppierung gibt“, hält die ehemalige Bundestagsabgeordnete fest.
Zwar gelte, dass Demokraten grundsätzlich mit allen anderen Demokraten sprechen. Das gelte aber nicht für Kommunisten. Die SED sei nie aufgelöst, statt dessen mehrfach umbenannt worden. Jetzt erfahre sie mit dem BSW auf Sahra Wagenknechts Initiative hin eine Abspaltung. „Ihr Ehemann, Oskar Lafontaine, der nie die deutsche Einheit wollte, soll nach ihrem Verlangen Berater bei den Gesprächen sein. Was für eine Ironie der Geschichte“, sagt Maria Michalk.
Auch eine Minderheitenregierung von CDU und SPD hält die ehemalige Bundestagsabgeordnete für kein Patentrezept. Diese Option sei „schwerfällig und unberechenbar.“ Klar grenzt sich Michalk zur AfD ab. "So lange sich diese nicht von ihren rechtsradikalen Mitgliedern wie Höcke und Co. trennt, ist sie für die CDU kein Partner."
Bautzens OB: Koalitionsgespräche mit BSW notwendig
Eine andere Position zum BSW bezieht Bautzens Oberbürgermeister Karsten Vogt (CDU). Es sei notwendig, „in ernsthafte Koalitionsgespräche auch mit dem BSW zu treten“, sagt er, und nennt mehrere Gründe: Die Wähler in Sachsen hätten die CDU an die erste Stelle für die Aufgabe einer Regierungsbildung gesetzt. Einer Regierung unter AfD-Beteiligung hätten Bundes- und Landes-CDU eine klare Absage erteilt. Hinzu kämen die Wahlergebnisse.
Allerdings - schränkt der Bautzener OB ein - vertreten CDU und BSW „in wesentlichen Fragen, wie der Wirtschafts-, Energie- und Bildungspolitik stark differierende Positionen. Wenn daraus eine stabile, arbeitsfähige Koalition erwachsen soll, geht dies nur mit einem soliden Koalitionsvertrag und viel Regierungsdisziplin.“ Ob das junge und vor allem regierungsunerfahrene BSW dies leisten könne bleibe abzuwarten.
Matthias Grahl bleibt ebenfalls zurückhaltend. Er ist CDU-Fraktionsvorsitzender im Bautzener Kreistag und als Schatzmeister Mitglied des CDU-Landesvorstandes Sachsen. Zu einer möglichen Zusammenarbeit mit dem BSW auf Landesebene möchte er sich erst positionieren, „wenn mehr über handelnde Personen mit deren Positionen bekannt ist und Eckpunkte von entsprechenden Forderungen formuliert sind.“
Laut Matthias Grahl sei es richtig, „sachorientiert miteinander zu sprechen und letztliche mit hohem Respekt vor dem Votum der Wähler tragfähige und handlungsfähige Konstellationen zu schaffen. Das gilt auf Landes- wie auf Kreisebene.“ Die Option einer Minderheitsregierung sollte demnach angesichts des komplizierten Wahlergebnisses in Betracht gezogen werden.
Auch Cunewaldes Bürgermeister und Kreisrat Thomas Martolock (CDU) sagt, er könne das BSW noch nicht richtig einschätzen. Er gehe zumindest davon aus, dass die Regierungsbildung noch dauern werde. Es sei schwierig und die Möglichkeiten beschränkt.
Eine Minderheitsregierung unter CDU-Führung sei etwa einen Versuch wert. Diese Regierung müsste aber auch mehr auf andere zugehen. „Bevor man den Leuten etwas präsentiert, was sie nicht gewählt haben, sollte man lieber eine Minderheitsregierung mit einem starken Ministerpräsidenten bilden, der sich Mehrheiten sucht. Das ist sicherlich anstrengender, aber mit guten Fachleuten im Kabinett machbar“, sagt Thomas Martolock.
CDU-Stadträte aus Radeberg und Bischofswerda: Stabile Regierung mit sächsischen Themen wichtig
Der Radeberger CDU-Stadtrat Frank-Peter Wieth sieht das BSW kritisch. „Es ist keine Partei, sondern mehr eine Personengruppe um Sahra Wagenknecht.“ Auf keinen Fall könne man ihre Positionen zur Ukraine übernehmen, also „auf Teufel komm raus Friedensverhandlungen fordern oder die Ukraine nicht mehr zu unterstützen“, sagt Wieth.
Das wichtigste sei aber eine stabile Regierung am besten mit eigener Mehrheit. „Das muss ausverhandelt werden und dabei muss um die sächsischen Probleme und Themen wie die Krankenhäuser oder die Infrastruktur gehen.“
Auch Bernd Grüber, CDU-Stadtrat in Bischofswerda und unterlegener Direktkandidat bei der Landtagswahl, geht es vor allem um eine stabile und verlässliche Regierungsmehrheit. Wichtigste Themen für ihn seien dabei die finanzielle Ausstattung der Kommunen, eine solide Finanzpolitik, die innere Sicherheit und der Lehrkräftemangel.
Deswegen lehne er eine Koalition mit dem BSW nicht grundsätzlich ab. „Eine Zusammenarbeit käme für mich nur infrage, wenn es gelänge, die populistischen und in meinen Augen russlandhörigen Aussagen und Forderungen von Sahra Wagenknecht aus einem Koalitionsvertrag herauszuhalten und sich auf inhaltliche Themen im Freistaat zu konzentrieren“, sagt Bernd Grüber.
Der CDU-Kreisvorsitzende, Landrat Udo Witschas, äußert sich auf Anfrage von Sächsische.de nicht konkret zum Thema. Er erklärt: Die Zuständigkeit für die Regierungsbildung in Sachsen liege bei Michael Kretschmer als Ministerpräsident und Landeschef der CDU.