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Koalition in Sachsen: Komm mit mir ins Brombeer-Land

Sachsen diskutiert über eine mögliche "Brombeer-Koalition" aus CDU, BSW und SPD. Aber wofür steht diese Frucht eigentlich? Eine Satire.

Von Marcus Thielking
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Schwarz, rot, lila: die Brombeere.
Schwarz, rot, lila: die Brombeere. © dpa

Manchmal, wenn ich keine Lust habe auf Google, Wikipedia oder ChatGPT, schlage ich im großen zwölfbändigen Brockhaus-Lexikon aus dem Jahre 1953 nach, das ich von meinem Großvater geerbt habe. Vieles darin liest sich verblüffend aktuell. Zum Beispiel der Eintrag über die Brombeere, nach welcher Frucht eine mögliche Koalition aus CDU (schwarz), BSW (lila) und SPD (rot) in Sachsen benannt worden ist.

Der Begriff Brombeere, so lese ich da, stammt aus dem althochdeutschen bramo und bedeutet so viel wie „Dornstrauch“. Stehen uns in Sachsen also dornige Zeiten bevor? Auch die folgende Brockhaus-Erläuterung der Brombeere verheißt nichts Gutes: „Die mit Hakenstacheln, Borsten, Stieldrüsen, Höckern versehenen, oft deutlich kantigen oder gefurchten, später verholzenden Schößlinge entwickeln erst im zweiten Jahre Blüten und gehen nach der Fruchtreife zugrunde.“ Diesen Satz sollten sich Michael Kretschmer und die anderen mal merken, sollte es tatsächlich zu Koalitionsverhandlungen kommen.

Schwarz-, Hunds oder Kratzbeere

Politologen unterscheiden zwischen einer thüringischen und einer sächsischen Brombeer-Option. Zur weiteren Differenzierung könnte für Parteienforscher folgender Hinweis aus dem Brockhaus hilfreich sein: „Nach Bestachelung und Drüsigkeit der einjährigen Sprosse, Behaarung und Umriß der Blätter hat man den Formenkreis ,echte B.‘ in mehrere Artgruppen aufgeteilt.“ Zu diesen Untergruppen zählen die Torfbrombeere oder Moltebeere (Rubus chamaemorus) sowie die arktische Brombeere (Rubus arcticus). Zu unterscheiden ist ferner zwischen Schwarz-, Hunds- oder Kratzbeere, wobei ich eine Kratzbeer-Koalition für Sachsen ganz passend fände. Wahlweise auch Kratzbär-Koalition, aber warten wir die Verhandlungen erst mal ab.

Man sollte aber über die Brombeere nicht nur Schlechtes sagen. Immerhin entnehme ich dem Brockhaus noch, dass ihre jungen Blätter bei Erkrankungen der oberen Luftwege helfen. Und die Sand-Brombeere soll sogar „undurchdringliche Zäune“ bilden. Gut möglich also, dass die Brandmauer in Sachsen demnächst ersetzt wird: durch einen Brombeerzaun.

Dieser Text ist ein Auszug aus unserem Feuilleton-Newsletter „SZ Foyer – Kultur und Debatte in Sachsen“. Hier kostenlos anmelden.