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So viel Geld bekommen die Parteien nach der Landtagswahl

Bundesweit wurden im Vorjahr 209 Millionen Euro Steuergeld an Parteien gezahlt. Erstmals profitieren die Freien Sachsen. Die AfD kann ihren Erfolg nicht komplett ummünzen.

Von Gunnar Klehm & Moritz Schloms
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Nur wenigen ist bewusst, dass jede Stimme vielen Parteien zur Landtagswahl bares Geld einbringt.
Nur wenigen ist bewusst, dass jede Stimme vielen Parteien zur Landtagswahl bares Geld einbringt. © Foto: dpa, Montage SZ

Ein Kreuz auf dem Stimmzettel ist bei Landtagswahlen - wie jetzt in Sachsen - für die Parteien bares Geld wert. Für jede Listenstimme gibt es direkt 1,13 Euro, wenn die Partei mindestens ein Prozent der Stimmen holt. Zur Landtagswahl am 1. September schafften das neben den sieben im Landtag vertretenden Parteien CDU, AfD, BSW, SPD, Grüne, Linke und die Freien Wähler außerdem die rechtsextremen Freien Sachsen und die Kleinstpartei "Tierschutz Hier!".

Dem Wahlsieger CDU haben die Wählerinnen und Wähler mit ihren Stimmen rund 800.000 Euro zugeschanzt. Das erfolgt auf Grundlage des Gesetzes zur Parteienfinanzierung.

NPD und Nachfolgepartei ausgeschlossen

Erstmals profitieren auch die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Freien Sachsen. Ihre 52.100 Listenstimmen - 2,2 Prozent aller gültigen Stimmen - spülen fast 59.000 Euro in die Parteikasse. Weitere Voraussetzung für die Zahlung ist aber wie für alle Parteien, dass mindestens genauso viele Eigeneinnahmen nachgewiesen werden. Darüber müssen Parteien jährlich Rechenschaftsberichte verfassen und an die Bundestagsverwaltung übersenden.

In einer Zahlung an die Freien Sachsen steckt eine besondere Brisanz. In der Partei sind zahlreiche Kader der früheren NPD, die sich in Die Heimat umbenannt hat, politisch aktiv. Die NPD beziehungsweise Die Heimat wurde jedoch wegen ihrer verfassungsfeindlichen Programmatik und entsprechendem Handeln vorläufig bis 2030 von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen, egal welches Wahlergebnis die Partei erzielt. Das wurde vom Bundesverfassungsgericht erst Anfang dieses Jahres entschieden.

Die Freien Sachsen werden von Männern angeführt, die in ihren öffentlichen Auftritten oder Reden keinen Hehl daraus machen, Rechtsextremisten zu sein und der Heimat angehören. Vorsitzender ist Martin Kohlmann (Pro Chemnitz). Sein Stellvertreter, Stefan Hartung, ist ebenso Mitglied in Die Heimat wie auch Peter Schreiber. Der ist Landesvorstand bei den Freien Sachsen sowie Landesvorsitzender der Heimat, um nur einige Verbindungen zu nennen.

Freie Sachsen rechnen hohe Mitgliedsbeiträge ab

Für die Freien Sachsen, die sonst am Staat kein gutes Haar lassen, lohnt sich die staatliche Finanzierung sogar doppelt. Denn in Zukunft gibt es für die Partei weit mehr Geld, als nur die genannten 59.000 Euro aus den Stimmen der Landtagswahl . Wer die Ein-Prozent-Hürde überspringt, bekommt außerdem für jeden Euro, der als Mitgliedsbeitrag oder Spende eingenommen wird, noch 45 Cent Zuschuss aus Steuergeldern obendrauf.

Die Freien Sachsen haben in ihrem Rechenschaftsbericht für das Jahr 2022 Mitgliedsbeiträge von rund 62.000 Euro abgerechnet. Das entspräche einem jährlichen staatlichen Zuschuss von knapp 28.000 Euro.

Zudem wurden Spenden von rund 143.000 Euro angegeben. Das würde eine weitere Finanzspritze aus öffentlichen Geldern von rund 64.000 Euro für das Jahr nach sich ziehen. Insgesamt könnte das Wahlergebnis in Sachsen also für Zusatzeinnahmen von mehr als 150.000 Euro für die Freien Sachsen sorgen.

Desaster für die FDP

Im Gegensatz zu den Freien Sachsen war das Landtagswahlergebnis für die FDP ein Desaster. Politisch waren es die 0,9 Prozent aller Stimmen sowieso. Das hat nun auch schwere finanzielle Folgen. Ihre 20.995 erreichten Stimmen können wegen des Verfehlens der Ein-Prozent-Hürde nicht in Geld umgemünzt werden. Dafür hätten es rund 2.500 Stimmen mehr sein müssen.

Zur Landtagswahl 2019 zog die FDP noch knapp 100.000 Euro Parteienfinanzierung allein aus der Anzahl der Stimmen. Das Geld fehlt nun. An der zusätzlichen Parteienfinanzierung aus Mitgliedsbeiträgen oder Spenden ist die FDP aber nicht sofort abgeschnitten, weil die Partei zur Europawahl beispielsweise bundesweit gute 5,2 Prozent der Stimmen geholt hat.

Tierschützer legen zu

Besser als die altehrwürdige FDP schnitt zur Landtagswahl die Partei "Tierschutz Hier!" ab. Deren Kandidierende sind der Öffentlichkeit zwar weitgehend unbekannt, dennoch gaben mehr als ein Prozent der Wählerinnen und Wähler der Partei ihre Zweitstimme.

23.480 Stimmen waren nötig, um die Mindestgrenze von einem Prozent zu erreichen, ab der Parteienfinanzierung fließt. Die Tierschützer lagen genau 126 Stimmen darüber. Nun stünden der Partei rund 26.600 Euro aus der Landtagswahl in Sachsen zu. Nun müssen aber erst noch Eigeneinnahmen in mindestens dieser Höhe nachgewiesen werden.

Das ist nicht selbstverständlich. Die AfD hat das im vorigen Jahr 2023 nicht geschafft. Mehr als 17 Millionen Euro hätten der Partei bundesweit nach Wählerstimmen und Zuwendungen zugestanden. Die AfD schaffte es laut Bundestagsverwaltung aber nur, gut zehn Millionen Euro selbst zu erwirtschaften. Somit gehen ihr fast sieben Millionen Euro verloren.

Den Freien Wählern ging es ähnlich. Sie haben rund 2,5 Millionen Euro Einnahmen zu wenig erzielt. Die nötigen Eigeneinnahmen gegenzurechnen, das dürfte auch dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit ihren nicht mal 100 Mitgliedern in Sachsen schwerfallen.

Um die möglichen staatlichen Zuschüsse voll auszuschöpfen, müssten entweder die Anzahl der Mitglieder deutlich erhöht werden oder die Mitgliedsbeiträge. Möglich wäre auch, per Satzungsbeschluss von den eigenen Abgeordneten noch mehr Abgaben zu verlangen. Auf diese Weise schröpfen besonders die Grünen ihre Abgeordneten.

Mehr als 200 Millionen Euro pro Jahr

Über die staatliche Parteienfinanzierung wurden 2023 bundesweit insgesamt 209 Millionen Euro an Parteien ausgezahlt. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist die Summe, die sich Parteien gönnen können, gedeckelt und wird jährlich im Verhältnis zu allgemeinen Preissteigerungen angepasst.

Der Großteil wird aus dem Bundeshaushalt finanziert. Bei Landtagswahlen werden aber auch die Länder mit 50 Cent je Stimme an der Parteienfinanzierung beteiligt. Nur wenigen Wählerinnen und Wählern ist in der Wahlkabine bewusst, dass sie mit ihrer Listenstimme die angekreuzte Partei auch mit Geld versorgen.

Maximal gibt es für die ersten vier Millionen Stimmen 1,13 Euro, darüber hinaus sind es 93 Cent je Stimme. Diese Kappungsgrenze greift bei allen großen Parteien bei bundesweiten Wahlen. Allein zur Europawahl dieses Jahr bekamen CDU, SPD, Grüne und AfD mehr als vier Millionen Stimmen.

Zu den sonstigen Parteien, die Geld aus der Parteienfinanzierung erhalten, gehören neben den bereits genannten Parteien auch die Basis, Die Partei, ÖDP, Familie, Volt, Piraten, die in Brandenburg ansässige BVB/Freie Wähler, die Tierschutzpartei sowie der Südschleswigsche Wählerverband. Letzterer besitzt als Partei einer nationalen Minderheit Sonderrechte und hat sogar einen Sitz im Bundestag.