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Nahost-Krieg: Zehntausende fordern in Israel Geisel-Deal

Wieder Gespräche über Gaza-Waffenruhe - Offene Streitpunkte, nach Tötung eines Kommandeurs greift Hisbollah Israel an, Israel will Terror-Infrastruktur in Rafah zerstören - unser Newsblog zum Krieg im Nahen Osten.

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Tausende Menschen protestieren in Tel Aviv gegen die Regierung des israelischen Premierministers Netanjahu und fordern die Freilassung der Geiseln.
Tausende Menschen protestieren in Tel Aviv gegen die Regierung des israelischen Premierministers Netanjahu und fordern die Freilassung der Geiseln. © Maya Alleruzzo/AP/dpa

Angriff auf Israel - das Wichtigste in Kürze:

Hinweis: Berichte über das Kriegsgeschehen im Nahen Osten sowie Angaben von israelischer und palästinensischer Seite lassen sich nur schwer unabhängig prüfen.

Sonntag, 7. Juli 2024, 9.11 Uhr: Zehntausende fordern in Israel Geisel-Deal

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu gerät neun Monate nach dem Massaker der islamistischen Hamas in seinem Land immer mehr unter Druck. Bei landesweiten Protesten am Samstagabend forderten Zehntausende von Menschen, den wieder in Gang gekommenen indirekten Verhandlungen über die Freilassung der Geiseln und eine Waffenruhe im Gazastreifen endlich zum Erfolg zu verhelfen. "Abkommen jetzt!", skandierten sie in Tel Aviv. Die Hamas und andere Terrorgruppen hatten am 7. Oktober - also vor genau neun Monaten - Israel überfallen, 1200 Menschen ermordet und 250 weitere verschleppt.

Zum Auftakt eines von Protestgruppen geplanten "Tages der Störung" versammelten sich Aktivisten am Morgen nahe der Grenze zum Gazastreifen, um schwarze und gelbe Luftballons steigen zu lassen, berichtete die "Times of Israel". Die Farbe Gelb dient als Symbol für das Schicksal der Geiseln. Die Ballons waren an Schildern angebracht, die die Gemeinden repräsentieren, die am 7. Oktober überfallen worden waren. Nach israelischer Schätzung befinden sich noch rund 120 Geiseln in der Gewalt der Entführer, viele dürften aber nicht mehr am Leben sein.

Die Proteste wurden durch Berichte geschürt, wonach es nach langem Stillstand Fortschritte bei den von Katar, Ägypten und den USA vermittelten Verhandlungen gibt. Sie sollen nach israelischen Angaben kommende Woche fortgesetzt werden. "Zum ersten Mal seit vielen langen Monaten haben wir wieder Hoffnung", sagte eine Demonstrantin, deren Sohn während des Terrorüberfalls vor neun Monaten in den Gazastreifen entführt wurde. "Das ist eine Chance, die wir nicht verpassen dürfen!", rief sie der Zeitung "Haaretz" zufolge.

An Israels Regierungschef gerichtet sagte die Mutter: "Netanjahu, wir haben gesehen, wie Sie immer wieder die Abkommen im Moment der Wahrheit torpediert haben und unsere Herzen jedes Mal in Stücke gerissen haben". Mit eindringlichen Worten flehte sie den Ministerpräsidenten an: "Wagen Sie es nicht, unsere Herzen noch einmal zu brechen!". Netanjahu regiert zusammen mit ultra-religiösen und rechtsextremen Koalitionspartnern, die Zugeständnisse an die Hamas ablehnen und auf die Netanjahu Rücksicht nehmen muss.

22.18 Uhr: Wieder Gespräche über Gaza-Waffenruhe - Offene Streitpunkte

Nach wochenlangem Stillstand führen Israel und die islamistische Hamas wieder indirekte Gespräche über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg - und den Austausch von Geiseln und Gefangenen. Eine Delegation unter Leitung von David Barnea, Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, traf in Doha mit dem katarischen Ministerpräsidenten und Außenminister Mohammed bin Abdulrahman Al Thani zusammen, wie das israelische Kan-Radio berichtete.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gab anschließend grünes Licht für weitere Verhandlungen mit Al Thani in Katar, wie das Büro des Regierungschefs mitteilte. Zugleich wurde betont, dass sehr wohl noch Streitpunkte zwischen beiden Seiten bestehen würden.

Katar, Ägypten und die USA vermitteln bei den indirekten Gesprächen zwischen Israel und der Hamas. Diese waren zuletzt in eine Sackgasse geraten, weil die Hamas die Freilassung von rund 120 israelischen Geiseln in ihrer Gewalt an die Beendigung des Gaza-Kriegs durch Israel geknüpft hatte. Zur Wiederaufnahme der Gespräche kam es, nachdem die Islamisten eine gewisse Flexibilität signalisiert hatten.

Auf dem Tisch liegt ein von den Vermittlerstaaten vorgelegter und von Israel weitgehend gebilligter Stufenplan, der zunächst eine zeitlich befristete Waffenruhe sowie den Austausch von weiblichen, älteren und kranken Geiseln gegen eine größere Zahl von palästinensischen Häftlingen in israelischen Gefängnissen vorsieht. Während der Waffenruhe sollen die Seiten über die Beendigung des Krieges und die Freilassung der restlichen Geiseln verhandeln.

Die jüngste Bewegung in dem schwierigen Prozess kam zustande, weil sich die Hamas nun doch auf den Stufenplan einzulassen scheint. Zugleich aber dringt die Hamas auf eine schriftliche Zusage seitens der Vermittler, dass die Phase der Verhandlungen - und damit die befristete Waffenruhe - ohne zeitliche Begrenzung fortgesetzt wird, wenn es in der vorgesehenen Frist zu keiner Einigung kommt, wie der israelische Journalist Barak Ravid im Portal "walla.co.il" schrieb.

Ruinen von Gebäuden, die bei israelischen Angriffen im zentralen Gazastreifen zerstört wurden.
Ruinen von Gebäuden, die bei israelischen Angriffen im zentralen Gazastreifen zerstört wurden. © Rizek Abdeljawad/XinHua/dpa

5.21 Uhr: Israel erlaubt über 5.000 Wohneinheiten im Westjordanland

Israel hat den Bau von 5.295 Wohneinheiten im besetzten Westjordanland genehmigt. Weiterhin sollen drei Siedler-Außenposten legalisiert werden, teilte die Menschenrechtsorganisation Peace Now mit. Entsprechende Beschlüsse habe der Hohe Planungsrat, ein Gremium der Militärverwaltung für das Westjordanland, gefasst.

Bereits in der Vorwoche hatten die Besatzungsbehörden die Legalisierung von fünf Außenposten beschlossen. Diese improvisierten Siedlungen sind meist auf Berghöhen errichtet und bestehen aus Wohnwagen. Auch nach israelischem Gesetz sind sie illegal, werden aber gelegentlich rückwirkend legalisiert.

Nach internationalem Recht ist jede Siedlungstätigkeit in militärisch besetzten Gebieten illegal. Israel hatte während des Sechs-Tage-Krieges 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute inmitten drei Millionen Palästinensern rund 700.000 israelische Siedler. 1993 waren es laut Peace Now noch 250.000.

Seit Ende 2022 regiert Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in einer Koalition mit ultrareligiösen und rechtsradikalen Parteien. Der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich, der selbst ein Siedler ist, hat sich infolge der Koalitionsabsprachen eine Mitsprache in der Militärverwaltung im Westjordanland gesichert. Damit kann er die Genehmigung des Baus von Siedlungen entscheidend beeinflussen.