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Immer mehr lebensgefährliche Schleusungen in Sachsen

Die Bundespolizei bekommt im Kampf gegen Schleuser an Sachsens Grenzen Unterstützung - aber zu wenig, wie jetzt der Chef der Bundespolizei in Pirna in einem Brief anmahnt.

Von Gunnar Klehm
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Völlig ungesichert wurden zehn Personen aus Syrien in einem Transporter eingeschleust, deren Fahrt in Bad Schandau endete.
Völlig ungesichert wurden zehn Personen aus Syrien in einem Transporter eingeschleust, deren Fahrt in Bad Schandau endete. © Marko Förster

Die Zahl eingeschleuster Personen über die deutschen Grenzen nach Sachsen steigt deutlich an. Das geht aus Zahlen der Bundespolizei hervor. Bis einschließlich Mai wurden dieses Jahr mehr als 4.700 geschleuste Personen registriert. Im Juni schnellte die Zahl auf über 6.300 Personen nach oben. Im Juli habe sich die Situation noch mal verschärft, auch wenn dazu noch keine abschließende Statistik vorliegt.

Die Bundespolizei stellt auch fest, dass Schleuser zunehmend skrupelloser agieren, um sich etwa einer polizeilichen Kontrolle zu entziehen. "Verletzte unter den Insassen der Schleuserfahrzeuge, den eingesetzten Beamtinnen und Beamten und unbeteiligter Dritter werden billigend in Kauf genommen", heißt es.

Ein Transporter mit 22 Flüchtlingen fuhr am Sonntag auf der A17 bei Bad Gottleuba in die Mittelleitplanke. Zuvor wollte die Besatzung eines Streifenwagens der Autobahnpolizei das Fahrzeug kontrollieren. In der Folge ereignete sich ein Auffahrunfall zweier anderer Autos. Die Autobahn musste voll gesperrt werden.

Tödlich endete eine Flucht vor der Bundespolizei sogar am 17. Juli, als sich ein Transporter überschlug. Eine Frau im Auto starb, sieben weitere Personen wurden schwer verletzt.

Ende Juni sprangen Schleuser, die bereits von der Polizei verfolgt wurden, aus ihrem Auto und ließen ihren Kastenwagen einen Abhang hinab rollen, in dem sich 17 Personen befanden. Alle wurden verletzt.

Seit Anfang Juni wird bei der Bundespolizei beobachtet, dass die Anzahl der lebensgefährlichen Transporte steigt. Allein am 6. August konnten im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge vier Transporter gestoppt werden, in die jeweils bis zu 22 Personen gepfercht wurden, darunter auch Kinder.

Die Gründe für die Entwicklung sind unklar. Bei fahrerlos rollenden Fahrzeugen versuchen die Polizisten zuerst, diese zu sichern. Möglicherweise glauben Schleuser, so entkommen zu können.

Bundespolizei baut Zelt zur Versorgung auf

Dass das nicht immer funktioniert, beweist der Fall vom 3. August. In Bad Schandau ließen Schleuser ein Fahrzeug stehen, in dem zehn Syrer eingeschleust wurden. Wenig später konnte die Bundespolizei die drei Schleuser fassen, Fahrer, Beifahrer und den Fahrer des sogenannten Pilotfahrzeugs, das oftmals vorausfährt. Sie befinden sich nun in Untersuchungshaft. Insgesamt wurden im ersten Halbjahr bereits 127 Schleuser an der Grenze zu Polen und 141 an der Grenze zu Tschechien festgenommen.

An der A4 und an der A17 werden aktuell so viele Eingeschleuste aufgegriffen wie lange nicht. In der Bundespolizeiinspektion in Berggießhübel wurden allein am Sonntag 94 unerlaubt eingereiste Männer, Frauen, Jugendliche und Kinder aufgegriffen und vernommen. So viele waren es innerhalb von 24 Stunden noch nie. Ähnlich viele waren es am 26. und 27. Juli. Vor dem Inspektionsgebäude wurde inzwischen ein Zelt aufgebaut, für die Erstversorgung der Menschen.

Die Bundespolizei erhöht offenbar den Kontrolldruck. Seit Wochen gibt es Unterstützung aus anderen Bundesländern. So halfen im Bereich der A17 zeitweise Bundespolizisten aus Hünfeld (Hessen), Duderstadt (Niedersachsen) und Blumberg (Berlin). Die Bundesbereitschaftspolizei stellt zudem seit Längerem zusätzliche Kräfte. Das genügt aber offenbar nicht.

Der Präsident der Bundespolizeidirektion Pirna, André Hesse, hat in einem internen Schreiben an das Bundespolizeipräsidium in Potsdam weitere Unterstützung angefordert, wie die Bildzeitung zuerst berichtete. Gebraucht werden sowohl Polizisten als auch Dolmetscher, die etwa für Befragungen unverzichtbar sind.