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Das Verbot von Compact und die Pressefreiheit

Verletzt das Verbot des rechtsextremistischen Compact-Magazins die Pressefreiheit? Einige Journalisten haben Zweifel.

Von Marcus Thielking
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Journalisten werfen dem Compact-Magazin Propaganda und Hetze vor, sehen ein Verbot dennoch skeptisch.
Journalisten werfen dem Compact-Magazin Propaganda und Hetze vor, sehen ein Verbot dennoch skeptisch. © dpa/Jens Kalaene

Nach dem Verbot des rechtsextremistischen Compact-Magazins durch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) werden Zweifel an der Rechtmäßigkeit laut – auch von Kommentatoren wichtiger Leitmedien. Schon am Dienstag, kurz nach der Verkündung des Verbots, hatte der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) mit einem mahnenden Kommentar reagiert: „Der Staat gegen ein journalistisches Medium? Da sollte man genau lesen und aufhorchen. Denn wenn eine Regierung ein Medium verbietet, stellt sich zwangsläufig die Frage nach dem Stellenwert der Pressefreiheit.“

Zwar verbreite das Compact-Magazin Hetze und Propaganda. Doch ein Verbot sei nur bei Verstößen gegen Strafgesetze zulässig: „Wenn das Verbot juristisch nicht absolut wasserdicht ist, wäre Nancy Faesers ,harter Schlag‘ nicht mehr als ein Fausthieb in ein Butterfass“, so der DJV-Kommentar.

Am Tag nach dem Verbot sind auch die Meinungsspalten in großen überregionalen Medien von Skepsis geprägt. So schreibt Ronen Steinke in der Süddeutschen Zeitung: „Es ist schwierig, sich zu freuen, wenn eine Zeitung verboten wird.“ Auch er betont, Compact sei „antisemitisch, rassistisch, autoritär-populistisch“. Problematisch findet er jedoch das Mittel des Vereinsverbots bei einem Presseorgan: „Zu einer freiheitlichen Demokratie passen keine Gesinnungsverbote durch die Hintertür. Pressefreiheit gilt auch für Finsterlinge.“

"Ausweis einer selbstbewussten Presse"

Auch Reinhard Müller kommentiert in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung kritisch: „Nicht alles aus dem bunten Strauß, den Bundesinnenministerin Nancy Faeser für das recht öffentlichkeitswirksam durchgezogene Verbot der Zeitschrift Compact präsentiert, wirkt überzeugend. ,Verschwörungstheoretische Inhalte‘, ,Widerstands- und Revolutionsrhetorik‘ oder ,verzerrende und manipulative Darstellungen‘ mögen – auch rechtlich – angreifbar sein, sind aber kaum Verbotsgründe.“

Noch deutlicher wird Deniz Yücel in seinem Kommentar für Die Welt. Er kritisiert „eine Exekutive, die keinen Unterschied mehr zwischen Recht und Moral kennt und deren leitendes Personal derart beseelt ist von der Richtigkeit des eigenen Tuns (gegen ,Hass‘, Rechtsextremismus, Antisemitismus etc.), dass es rechtsstaatlichen Prinzipien so viel Beachtung schenkt wie dem Kleingedruckten auf einem Beipackzettel“.

Zu einem anderen Urteil kommt Anton Rainer in seinem Kommentar für Spiegel-Online. Zwar sei es gut, wenn Journalisten Unbehagen über dass Compact-Verbot formulieren, denn dies sei „Ausweis einer selbstbewussten Presse“. Dennoch hält er die Entscheidung Nancy Faesers für richtig: „Wer in einem demokratischen Land einen Umsturz anstrebt, kann sich nicht hinter der Pressefreiheit verstecken.“