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Lindner: Dublin-Flüchtlingen nur Reise in zuständiges Land zahlen

Nach dem Solinger Anschlag wird eine Verschärfung der Asyl- und Migrationspolitik gefordert. Bundesfinanzminister hat einen Vorschlag.

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Wenn geflüchtete Menschen bereits in einem anderen EU-Staat registriert wurden, sollten sie aus Sicht von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in Deutschland nur minimale Leistungen erhalten.
Wenn geflüchtete Menschen bereits in einem anderen EU-Staat registriert wurden, sollten sie aus Sicht von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in Deutschland nur minimale Leistungen erhalten. © dpa

Berlin. Wenn geflüchtete Menschen bereits in einem anderen EU-Staat registriert wurden, sollten sie aus Sicht von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in Deutschland nur minimale Leistungen erhalten. Wer als sogenannter Dublin-Flüchtling ausreisen müsse, dürfe keinen Euro mehr vom deutschen Steuerzahler bekommen, sagte Lindner am Mittwoch in der ARD-Sendung "maischberger" und fügte hinzu: "Der Magnetismus des deutschen Sozialstaats muss beendet werden."

Wer als Asylbewerber im Dublin-Verfahren sei, dürfe sich sein Ziel in Europa nicht aussuchen. "Keine Sozialleistungen mehr mit Ausnahme der Reisekosten in das eigentlich zuständige Land", nannte Linder als Konsequenz. Das Dublin-Verfahren regelt, dass jener Staat für ein Asylverfahren zuständig ist, in dem der Betreffende erstmals europäischen Boden betreten hat.

Nach Informationen der "Bild"-Zeitung wird über die von Lindner beschriebene Leistungskürzung bereits innerhalb der Ampel-Koalition verhandelt. Nach den Plänen der Regierung sollen Asylsuchende im Dublin-Verfahren dem Zeitungsbericht zufolge weder Geldleistungen noch eine Bezahlkarte erhalten, sondern nur mit den nötigsten Sachleistungen wie einem Schlafplatz, Nahrung und Drogerieartikeln versorgt werden.

Eine Verschärfung der Asyl- und Migrationspolitik ist ein zentrales Thema in der Debatte über Konsequenzen aus dem islamistischen Messerschlag mit drei Toten in Solingen. Der mutmaßliche syrische Attentäter vom vergangenen Freitag hatte sich einer Ausreise nach Bulgarien entzogen.

Nachdem Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) einen Forderungskatalog vorgelegt hatte und von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) empfangen worden war, kündigte die Regierung am Mittwoch an, "sehr zeitnah" ein erstes Maßnahmenpaket vorzulegen. Es soll dazu beitragen, die Rückführung abgelehnter Asylbewerber zu beschleunigen. Weitere Maßnahmen definieren soll statt des von Merz vorgeschlagenen Zweiergespanns aus Unionsfraktion und Kanzleramt nun eine größere Arbeitsgruppe: unter Einbeziehung von Ländervertretern aus Union und SPD sowie weiteren Bundesministerien, womit wohl auch Grüne und FDP dabei sind.

Was derzeit unter anderem diskutiert wird:

Abschiebungen:

Klingbeil sagte: "Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien möglich zu machen, ist ein Punkt, das muss mit hohem Druck jetzt umgesetzt werden." Auch Merz verlangt das. Bisher scheitert es an der uneindeutigen Gefährdungslage in den Ländern und daran, dass es mit den dortigen Machthabern jeweils keine Beziehungen gibt. Zudem steht laut Informationen der "Bild" zur Diskussion, Abschiebungen zu beschleunigen. Die Schwelle für ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse solle gesenkt werden. So könnte etwa der Einsatz von Waffen als Begründung reichen. Dies wurde auch der dpa bestätigt.

Leistungskürzungen, wenn Asylbewerber bereits in einem anderen EU-Staat registriert sind:

Der FDP-Vorsitzende, Finanzminister Christian Lindner, sagte am Mittwochabend in der ARD-Sendung Maischberger: "Bei denjenigen, die als Dublin-Flüchtlinge ausreisen müssen, darf es null Euro nur noch vom deutschen Steuerzahler geben."

Verlust des Schutzstatus bei bestimmten Reisen ins Heimatland:

Lindner bezog sich auf jene, die "Urlaub machen in dem Land, wo sie eigentlich bedroht sind" - sie sollten das Aufenthaltsrecht in Deutschland verlieren. Das will auch die CDU. Allerdings sollte das aus Lindners Sicht nicht gelten etwa bei Reisen zu Beerdigungen oder aus anderem wichtigem Grund. Bereits jetzt muss der Schutzstatus überprüft werden, wenn eine Heimatreise bekannt wird. Statistiken dazu gibt es nicht, aus einzelnen Landesregierungen verlautete aber, dass Reisen zu Urlaubszwecken kaum bekannt würden.

Unbefristete Grenzkontrollen:

Merz spricht sich dafür aus. Auch Kanzler Scholz will sie "so lange wie möglich", wie er am Dienstag sagte. Dabei geht es um die bereits bestehenden Kontrollstellen an den Grenzen zu Österreich, der Schweiz, zu Tschechien und Polen, die nur befristet möglich sind, aber immer wieder verlängert wurden. Die Grünen sind für mobile Kontrollen im Grenzgebiet. Bisher gilt aber: Wer Asyl beantragen will, darf in der Regel auch ins Land.

Ausreisearrest:

Die Union verlangt, straffällige oder gefährliche abgelehnte Asylbewerber unbefristet festzuhalten, bis sie abgeschoben werden können oder freiwillig ausreisen. Kritiker sehen rechtliche Hindernisse.

Aufnahmestopp für Afghanen und Syrer:

Hierbei ist es ähnlich - die Union verlangt ein entsprechendes Signal, Kritiker halten das für rechtswidrig.

Mehr Befugnisse für Sicherheitsbehörden im Internet:

Klingbeil sagte: "Die Behörden müssen mehr Möglichkeiten bekommen, die Radikalisierungsstrukturen islamistischer Terroristen auch im Netz zu durchleuchten." Auch die Grünen-Innenpolitiker Konstantin von Notz und Irene Mihalic schlagen dies in einem Positionspapier vor, das dem ARD-Hauptstadtstudio und der dpa vorliegt. Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann sieht dabei die FDP als "Bremse", wie er dem Fernsehsender Welt sagte, insbesondere beim Zugriff auf Verkehrsdaten der Telekommunikation, der europarechtskonform möglich sei: "Wir haben hier eine FDP, die aus einem falsch verstandenen Rechtsstaatsgedanken Sicherheitsbehörden geschwächt hat."

Bessere Vernetzung von Polizei und Nachrichtendiensten:

Auch dafür sprechen sich Grünen-Fraktionsvize Notz und Parlamentsgeschäftsführerin Mihalic aus. Bei Union und SPD dürfte das gut ankommen.

Schärferes Vorgehen gegen Hassprediger:

Klingbeil forderte: "Hasspredigern auf Tiktok und anderen Netzwerken müssen wir den Saft abstellen. Die Provider und Internetplattformen haben die gesetzlichen Möglichkeiten und wenn sie sie nicht ausschöpfen, muss nachgeschärft werden."

Ausreichende Finanzen und mehr Personal für Sicherheitsbehörden:

Diese Forderung erheben sowohl Klingbeil als auch die beiden Grünen. Notz und Mihalic wollen das Thema innere Sicherheit daher als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern im Grundgesetz verankern. (dpa/epd)