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Fahren bald wieder Züge nach Rothenburg?

Für Stadt und Streckenbetreiber könnte das eine neue Chance sein. Ein Profiteur: die erweiterte Polizeihochschule.

Von Frank-Uwe Michel
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Christoph Eichler ist Chef des Rothenburger Kleinbahnvereins, dem inzwischen das Bahnhofsgebäude und der Lokschuppen gehören.
Christoph Eichler ist Chef des Rothenburger Kleinbahnvereins, dem inzwischen das Bahnhofsgebäude und der Lokschuppen gehören. ©  André Schulze

Jüngere Rothenburger wissen gar nicht, dass ihre Heimatstadt einst auch Ziel von Zügen war. Seit der politischen Wende gibt es auf der Strecke zwischen Horka und Rothenburg keinen regulären Schienenverkehr mehr. An vielen Stellen ist inzwischen Gras über die Gleise gewachsen. Doch das Wichtigste: Sie liegen noch. Die Wiederbelebung ist also nicht unmöglich.

Interesse in der Stadt ist riesengroß

Nach Jahren der Stagnation ist Heike Böhm jetzt wieder optimistisch. Zwischen ihr und der Deutschen Regionaleisenbahn GmbH (DRE), der die Gleise zwischen Steinbach und Horka gehören, gibt es inzwischen engen Kontakt.

Der sei auch notwendig, meint die Bürgermeisterin, um die brachliegende Strecke zu reaktivieren. "Der schwach ausgebaute öffentliche Personennahverkehr ist das größte Manko auf dem Land. Die Einwohner unserer Stadt, aber auch Gewerbetreibende und Investoren sind auf eine bessere Erreichbarkeit angewiesen", begründet sie die aktuelle Initiative. Und sie hat gleich mehrere Beispiele parat.

"Mit ihrer Erweiterung bekommt die Polizeihochschule viel mehr Studenten und Personal. Wer bisher mit dem Zug fahren wollte, hatte schlechte Karten. Nehmen wir die Strecke bis Horka in Betrieb, hängen wir auf einmal wieder am überregionalen Netz und können Niesky, Hoyerswerda und Görlitz erreichen." Sie sehe aber noch viele andere potenzielle Nutzer. So sei der Truppenübungsplatz nicht fern. Und auch vor Ort hätten mehrere Unternehmen ihr Interesse bereits angemeldet.

Mit Sachsen Pellet keimte Hoffnung auf

Nach jahrelangen Verzögerungen ging die Bahnstrecke im Dezember 1907 in Betrieb. Seitdem hatten die Betreiber mit dem für die Unterhaltung kaum ausreichenden Verkehr zu kämpfen, der zunehmende Warentransport auf der Straße sorgte zusätzlich für fehlende Frequenz auf der Schiene. Im September 1967 wurde der Reiseverkehr eingestellt, aber auch der Güterverkehr blühte nie wirklich auf. 2004 pachtete die Deutsche Regionaleisenbahn GmbH die Strecke und machte sie fit für den Gütertransport.

Große Hoffnung keimte mit der Eröffnung von Sachsen Pellet am Flugplatz Rothenburg auf, das Heranschaffen von Rohhölzern und der Abtransport von Pellets versprachen eine gute Auslastung. Doch schon nach kurzer Zeit ging das Unternehmen pleite, die Nachfolgefirmen hatten nur bedingt Interesse. Die DRE ließ sich davon jedoch nicht entmutigen und kaufte 2015 den Schienenstrang, um ihn für spätere Entwicklungen nicht zu verlieren.

Vor Inbetriebnahme viele Vorarbeiten nötig

Für Gerhard J. Curth kommen die jetzigen Bemühungen zur Wiederbelebung der Strecke zeitlich gerade richtig. Zum einen werde in der Gesellschaft verstärkt auf den Schienenverkehr gesetzt, zum anderen macht der Vorsitzende Geschäftsführer der Deutschen Regionalbahn die Dringlichkeit deutlich: Die Verkehrssicherungspflichten seien zum Vorhalten der Strecke betriebswirtschaftlich nicht länger haltbar. Deshalb starte man zusammen mit der Region einen "nochmaligen Betriebsversuch".

Insgesamt sehe man eine sehr positive Einstellung von Stadt und Landkreis, zudem lägen bereits Anfragen von Bedarfsträgern vor. Bevor hier allerdings wieder Züge fahren, bedarf es laut Curth einer umfassenden Überarbeitung des Streckenzustandes, der Bahnübergänge und des Anschlusses an das übrige Bahnnetz. Außerdem müssten an den Haltepunkten Nieder-Neundorf, Rothenburg, Lodenau und Steinbach Bahnsteige gebaut werden. 

Wirtschaftsministerium soll helfen

Um die Bevölkerung in das Projekt mit einzubeziehen, findet am 23. März um 18 Uhr im Ratszimmer des Rathauses eine öffentliche Informationsveranstaltung statt. Heike Böhm erklärt den Zweck des Termins: "Gemeinsam wollen wir ermitteln, welche Personengruppen und Wirtschaftsunternehmen Interesse an einer Nutzung der reaktivierten Bahnstrecke hätten." Darüber hinaus gebe es im April ein Gespräch im sächsischen Wirtschaftsministerium, bei dem man die politischen Gegebenheiten zu diesem Thema, aber auch die fachlichen und finanziellen Möglichkeiten ausloten wolle.

Stadtrat muss jetzt an einem Strang ziehen

Philipp Eichler, dessen Vater Vorsitzender des Kleinbahnvereins Rothenburg ist, freut sich sehr über die derzeitigen Bemühungen: "Das ist uns eine Herzensangelegenheit." Der öffentliche Personennahverkehr müsse sich unbedingt verbessern. Auch der Verein selbst - der inzwischen Besitzer des Bahnhofsgebäudes und des Lokschuppens in Rothenburg ist - werde von der Inbetriebnahme der Strecke profitieren.

"Wir könnten dann wieder mit Sonderzügen fahren und enger mit den Löbauer Eisenbahnfreunden kooperieren." Als Stadtrat hat sich Eichler mit den Kollegen der CDU-Fraktion abgestimmt und hofft, dass die anderen Fraktionen mitziehen. Denn: "Eine solche Chance werden wir wahrscheinlich nie wieder bekommen."

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