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Weltspitze in Lampertswalde

Roland Stolle hat ein neues Qualitätsmanagement entwickelt. Das ist einzigartig. Nur: Patentieren geht nicht.

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Von Klaus-Dieter Brühl

Alltag bei Stoba-Druck in Lampertswalde: Unaufhörlich gleitet der Messkopf am Leitstand der Druckmaschine hin und her. Er tastet mit hochempfindlichen Sensoren die Kontrollstreifen der Drucke ab, die der Drucker der Offsetdruck-Maschine regelmäßig entnimmt. Der Laie sieht hier erst einmal nur bunte Kästchen, doch werden auf diese Weise Farbton, Farbdichte bis hin zu feinsten Nuancen der Helligkeit erfasst und gesteuert. Auch die Beschaffenheit des Messkopfes selbst oder das Trocknungsverhalten der Farbe spielen eine wichtige Rolle. Ein hochkomplexer Prozess, der nicht mehr an alte Druckereien erinnert und nur mit moderner Rechentechnik bewältigt werden kann.

Druckerei-Azubi Anne Oschlies (18) zeigt das neue dynamische Prüfsiegel am Computerbildschirm der Druckmaschine. Die in Lampertswalde entwickelte Neuerung hat sich hier bereits bezahlt gemacht.Foto: Klaus-Dieter Brühl
Druckerei-Azubi Anne Oschlies (18) zeigt das neue dynamische Prüfsiegel am Computerbildschirm der Druckmaschine. Die in Lampertswalde entwickelte Neuerung hat sich hier bereits bezahlt gemacht.Foto: Klaus-Dieter Brühl

Das ist bei Stoba-Druck in Lampertswalde so wie in jeder hochmodernen Druckerei, wo Tausende von Daten, die zur Steuerung der Maschine erfasst werden, für die Qualitätsauswertung ungenutzt bleiben.

Nicht so bei den Lampertswaldern, die hier gedanklich ansetzen. Diplom-Ingenieur Roland Stolle, der Stoba-Geschäftsführer, hat etwas ausgetüftelt, das weltweit einzigartig ist: Er fasst bei jedem Druckauftrag die Vielzahl der Datensätze, die am Leitstand ohnehin entstehen, nach einer Reihe von Kriterien zusammen, um sie statistisch auszuwerten. Dabei wird auch die Veränderung der Farben durch die Trocknung mit eingerechnet, denn am Ende ist das Aussehen des trockenen Drucks für den Kunden das Qualitätskriterium.

Dieser Ansatz ist hilfreich für die Qualitätssicherung. Und mehr noch: Roland Stolle hat eine Grafik entwickelt, mit der auch Nichtexperten mittels spezieller grafischer Darstellungen sofort die „Qualitäts-Ausreißer“ erkennen können. Die Grafik ist eine Art Farbkreis, in dessen Inneren radiale „Zacken“ die Abweichungen anzeigen. Stolle will diese Grafik als dynamisches Qualitätssiegel verstanden wissen. Das ist zu vergleichen mit einem Auto, das aller zwei Jahre zum TÜV müsste und dort seine Plakette, also das „Qualitätssiegel“ erhält – wieder für die nächsten zwei Jahre. So wird auch eine Druckerei alle zwei Jahre zertifiziert, also geprüft, ob die ISO-Normen eingehalten werden. Bei Stoba-Druck aber wird kontinuierlich geprüft und überwacht. Das heißt, das Prüfsiegel wird immer aufs Neue für jeden Auftrag erarbeitet.

Dazu müssen die Messwerte für jeden Print-Job nach bestimmten Algorithmen mit den Soll-Werten verglichen werden. Das lässt Stolle übers Internet von einem Webdienstleister erledigen. Die Daten werden hochgeladen, sind nach wenigen Sekunden fertig gerechnet zurück und werden im Webbrowser dargestellt. Vorteile hat das neue Verfahren viele: Ohne Mehraufwand und absolut praxisnah sind hier Daten abrufbereit vorhanden, die das Qualitätsmanagement verbessern sowie für den Drucker, wie auch für den Kunden übers Internet jederzeit einsehbar und immer aktuell sind. Der Auftraggeber könnte sie sich sogar unterwegs ohne gesonderte App aufs Tablet holen.

Für die Stoba hat sich die Einführung des neuen Verfahrens bereits gelohnt: Der Druckprozess wird stabiler und besser beherrschbar. Aber auch dann, wenn Druckfarben oder Papier reklamiert werden müssen, bringt das Verfahren Vorteile: Die Qualitätsmängel der Zulieferer sind auf diese Weise besser beweisbar als bisher. Doch auch im Druckalltag der Lampertswalder selber hat sich manches geändert. Die Drucker sind noch qualitätsbewusster geworden, können technologische Probleme mit dem neuen Verfahren früher als bisher erkennen.

Die Erfindung, so innovativ sie ist, lässt sich aber nur sehr schwer als Patent schützen. Denn dazu müsste die Hardware, in diesem Falle also Messkopf oder Druckmaschine, in die Neuerung einbezogen sein. Eine reine Software-Entwicklung jedoch ist nicht so einfach schützbar, musste Roland Stolle lernen. Er hat sein dynamisches print-io-Prüfsiegel deshalb auf Fachtagungen öffentlich vorgestellt und auch anderen Druckunternehmen angeboten. Die Möglichkeit, an der Weltneuheit aus Lampertswalde teilzuhaben, ist also gegeben.