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Woran es am Südufer des Berzdorfer Sees hakt

Hier stehen bis heute die meisten Zeugnisse des Kohleabbaus. Sie für den Tourismus zu nutzen, ist gar nicht so einfach. Selbst wenn es Investoren gibt.

Von Susanne Sodan
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Aus dem Hochbunker soll ein Hotel werden. Für andere Tagesanlagen sind Ideen noch in weiter Ferne. Foto: Nikolai Schmidt
Aus dem Hochbunker soll ein Hotel werden. Für andere Tagesanlagen sind Ideen noch in weiter Ferne. Foto: Nikolai Schmidt © Nikolai Schmidt

Es tut sich viel zu wenig oder viel zu langsam. So lautet oft der Vorwurf, geht es um die touristische Entwicklung des Berzdorfer Sees. Dabei hat sich manches doch getan: Die Blaue Lagune an der Südseite wurde zum schönsten Sandstrand ausgebaut. Bei Deutsch Ossig sind nun wenigstens Leitungen verlegt, der Hafen Tauchritz ist entstanden, die Insel der Sinne an der Halbinsel hat ihr erstes Jahr hinter sich. Wo sich tatsächlich nichts tut: Bei den Tagesanlagen an der Südseite des Sees. 

Hoffnung keimte vor ein paar Monaten auf, als bekannt wurde, dass Dieter Tyra Großes mit dem markanten Hochbunker vorhat: Ein Hotel soll entstehen. Bis alles in trockenen Tüchern ist, will Tyra dazu noch nichts weiter erzählen. Wie schwierig es manchmal mit den Tagesanlagen ist, zeigt nun ein Fall vor Gericht.

Die M&D Tyra Familien GbR, also die Familie Tyra, will von Steffen Roth den Kaufpreis für ein Gelände in Hagenwerder zurück. Um den Hochbunker geht es dabei nicht, sondern um eine rund 10.000 Quadratmeter große Fläche an der Lorenzstraße 10. Die liegt ein ganzes Stück weiter vom See entfernt, gegenüber den Tauchritzer Gewächshäusern.

Ein kleines Gebäude, eine Art Bungalow steht darauf. Drumherum ist Freifläche, die inzwischen nicht mehr ganz so frei, sondern recht verwachsen ist. Das, was die Nerven aufreibt und bis vor Gericht geführt hat, ist das, was unter der Erde liegen soll: Bahnschwellen aus Beton. Wie viele? Unklar. Warum? Auch unklar. Darüber gibt es zwei unterschiedliche Darstellungen.

Steffen Roth sagt, die Fläche diente für sein Gleisbauunternehmen, um schwere Maschinen abzustellen. Damit das möglich war, musste die Fläche befestigt werden. Dafür habe er Material genutzt, das er ohnehin hatte, nämlich die Bahnschwellen. Dieter Tyras Anwalt Frank Heinrich sieht es anders. Er vermutet, die Schwellen hätten eigentlich teuer entsorgt werden müssen, und seien stattdessen in der Fläche vergraben worden. Zwei so gegensätzliche Sichtweisen: Deshalb gab es vorige Woche einen Vor-Ort-Termin mit allen Beteiligten. Die Frage lautete vor allem: Was war zum Zeitpunkt des Kaufes sichtbar, was war über die Schwellen im Boden bekannt?

1993 hatte Steffen Roth das Gelände gepachtet, zwei Jahre später von der LMBV gekauft, als Lager- und Abstellfläche, beispielsweise für Bagger, erzählte er zum Ortstermin. Als solche habe er das Grundstück auch verkaufen wollen. 2018 ging es an Tyra, er habe sich die seenahe Fläche zunächst einfach sichern wollen, so erklärte er. Eine Option für eine spätere Nutzung seien Ferienbungalows gewesen, erklärt sein Anwalt Frank Heinrich. Eine Idee, die ein Vorinteressent aufgebracht hatte, der die Fläche letztlich doch nicht kaufte. Aber so seien die Ferienhäuser mit auf den Plan gekommen.

Für die Tagesanlagen - Verwaltungsgebäude, Werkstätten, Küchen oder andere Immobilien, die für die Grube wichtig waren - gab es schon viele Ideen. Für den Hochbunker, der aus den 20er Jahren stammt, zum Beispiel die, ihn in einen Technogarten einzubinden. 2014 legte Johann-Friedrich Engel seine See-Studie vor und sah in dem "außerordentlich markanten Gebäude" eher eine Ferien-Großanlage im Drei-Sterne-Standard. Dem jetzigen Besitzer Dieter Tyra schwebt ein Designhotel vor, ähnlich wie in Barth an der Ostsee, wo Mitte der 1990er Jahre in einem ehemaligen Getreidespeicher ein Hotel entstand.

Mehrere Schwellen kamen erst beim Graben

Für die benachbarten Werkhallen schlug der Architekt Volker Augustin vor Jahren vor, sie für Indoorsport wie Klettern zu nutzen. Auf jeden Fall sollten sie mit zum "Vorbehaltsgebiet für Freizeit- und Tourismusgewerbe" gehören. Eine gewerbliche Nutzung würde das ausschließen. Das hielt die Entwicklung in den Tagesanlagen aber lange Zeit auf, denn zwei Unternehmen nutzten Hallen auf dem Gelände. 2015 zog die Pfalztechnik GmbH bei den Tagesanlagen aus und nach Markersdorf um. Der BMS Stahlbau Görlitz hat bis heute seinen Sitz in den ehemaligen Bergbau-Werkstätten, prüft derzeit eine Verlagerung entweder nach Ostritz oder an den früheren Kema-Standort an der Görlitzer Zittauer Straße.

Völlig offen ist nun auch, was aus der Fläche vorne gegenüber den Tauchritzer Gewächshäusern werden soll. Tyra würde sie wegen der Schwellen im Boden gerne zurückgeben. Steffen Roth und seine Anwältin halten dagegen: Teils seien die Schwellen sichtbar, so zum Beispiel an einer mit Gleisplatten befestigten Fläche auf dem Grundstück, die mit solchen Schwellen begrenzt ist. An einer anderen Stelle lagen mehrere Schwellen offen, 62. Andere aber, sagt Tyra, seien erst bei Probegrabungen, die er vornehmen ließ, zutage gekommen.

Zum Beispiel über Kreuz gestapelt in einem ehemaligen Teich oder Absatzbecken. Die Schwellen dort seien nötig gewesen, um aus der Senke eine gerade Abstellfläche zu machen, so Steffen Roth. Davon zum Beispiel habe er nichts gewusst, so Dieter Tyra. Wo noch überall Schwellen im Boden sind und worauf man sich bei der Entsorgung einstellen müsse, wollte sein Anwalt Frank Heinrich wissen. Aber auf diese Frage gibt es bisher keine Antwort. Und so wird Richterin Viola Preuß das letzte Wort haben. Im Januar wird weiter verhandelt.

Die Ferienbungalows dürften jedenfalls in ganz weite Ferne gerückt sein. Womöglich ist das Hotel im Hochbunker ein bisschen näher: Vor einigen Monaten begann das Bauplanverfahren. 

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