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Stille im Kirchturm

Der Glockenstuhl der Großröhrsdorfer Stadtkirche wird saniert. Das kann einige Wochen dauern.

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Von Reiner Hanke

Den Großröhrsdorfern entgeht nichts. Seit Wochenbeginn fehlt etwas, etwas, das den gewohnten Alltag seit Hunderten von Jahren verlässlich begleitet und Orientierung im Tagesablauf gibt: Die vier Glocken der Stadtkirche sind still. Aber nicht nur das: Auch der Blick zur Kirchturmuhr irritiert. So mancher orientiert sich an den Zeigern des Barockgebäudes. Doch die stehen jetzt wie angestemmt auf 7.30 Uhr.

Stefan Schwarzenberg ist Pfarrer an der Stadtkirche Großröhrsdorf. Foto: R. Plaul
Stefan Schwarzenberg ist Pfarrer an der Stadtkirche Großröhrsdorf. Foto: R. Plaul
Auch die Turmuhr bewegt sich während des Baus am Glockenstuhl nicht. Die Sanierung wird voraussichtlich mehrere Wochen dauern. Fotos: R. Plaul
Auch die Turmuhr bewegt sich während des Baus am Glockenstuhl nicht. Die Sanierung wird voraussichtlich mehrere Wochen dauern. Fotos: R. Plaul

Der Großröhrsdorfer Pfarrer Stefan Schwarzenberg musste schon die Fragen einiger Neugieriger beantworten und sieht Erklärungsbedarf. Gebaut wird seit dem Vorjahr intensiv an der Kirche. Zuerst nahmen sich die Handwerker Dachstuhl und Dach vor. Derzeit wird der Saal- und Chorraum saniert. Der wurde zuletzt in den 1930er-Jahren aufgefrischt. Die enormen Schäden, die Risse, Feuchtigkeit und Schimmel waren nicht mehr zu übersehen, die Farbe blätterte. Bis Ende des Jahres soll die Kirche in neuem Glanz erstrahlen. Die Schäden an Wänden und der Decke des Kirchenschiffes wurden bereits beseitigt. Jetzt sind die Restaurateure und Maler am Werk. Sie orientieren sich bei ihrer Arbeit an der barocken Originalbemalung aus dem 18. Jahrhundert. Mehrere Farbmuster wurden getestet. Denkmalschutz, Restaurateure, Maler, Kirchenvorstand, die Architektin und der Baupfleger der Landeskirche einigten sich auf die endgültige Farbgebung. Immerhin ist die Stadtkirche sachsenweit eine der schönsten Saalkirchen im reinsten Barock. Außerdem werden die Fenster im Kirchenraum instand gesetzt sowie die Elektrik überholt. 240 000 Euro kostet dieser Bauabschnitt. Der Glockenturm wird jetzt auch noch von den Handwerkern in Angriff genommen. Deshalb ist Stille eingezogen.

Herr Pfarrer Schwarzenberg, war das von Anfang an geplant?

Wir haben die umfassende Sanierung des Glockenturmes mit ins Sanierungspaket genommen, als wir absehen konnten, dass wir mit dem Geld für die Sanierung ganz gut hinkommen. Die Stille im Kirchturm ist also etwas Positives. So paradox es klingen mag: Sie bedeutet, es tut sich hier etwas.

Ist denn die Sanierung nötig?

Ja, auf jeden Fall. Sie ist aus Sicherheitsgründen notwendig und hätte sowieso früher oder später erfolgen müssen. Die Stahlkonstruktion des Glockenstuhls bereitet die meisten Sorgen und soll nun zugunsten von Eichenholz zurückgebaut werden. Das Metall ist vom Rost angegriffen. Der Stahl wurde nach dem Ersten Weltkrieg verwendet. Während des Krieges mussten die Bronzeglocken eingeschmolzen werden. 1919 stiftete der damalige Geschäftsführer der Bandfabrik F. A. Schurig, Martin Schurig, vier neue Glocken aus Stahl. Damals wurde auch teilweise eine Stahlkonstruktion eingebaut. Unsere Landeskirche ist derzeit bestrebt, auch in anderen Kirchen die Stahl-Glockenstühle durch Holz zu ersetzen. Man möchte es kaum glauben, aber Holz ist beständiger und vor allem für die Statik der Gotteshäuser viel besser geeignet. Holz leitet die Schwingungen der Glocken besser ab.  Es wird aber nicht der gesamte Glockenstuhl ersetzt, sondern nur die Teile, die sein müssen, die derzeit ein Risiko darstellen. Unfallgefahren müssen ausgeschlossen werden.

Werden die Glocken ausgebaut?

Nein, das ist zum Glück nicht nötig und wäre auch viel zu aufwendig. Sie mussten nur stillgelegt werden. Das ist aber nötig, damit die Handwerker gefahrlos arbeiten können. Neben einer schwingenden Glocke wäre das nicht möglich.

Was wird noch saniert?

Es geht um Teile des Aufgangs im Turm. Der hat viele Etagen. Auf einer befindet sich auch die Uhr. Die Treppen führen von Podest zu Podest. Diese Zwischenböden aus Holz müssen verstärkt werden. Sie sind verschlissen. Die Kirche wurde 1736 erbaut. So manches Dielenbrett stammt vielleicht sogar noch von damals.

Warum läuft die Kirchturmuhr nicht?

Das hat auch etwas mit der Sicherheit für die Bauleute im Turm zu tun. Dort ist es sehr eng, und das Uhrwerk hat ja auch ausladende, bewegliche Teile, wie das Gestänge zu den Zifferblättern. Es könnte hinderlich werden für die Handwerker.

Wann werden sich die Zeiger wieder drehen?

Das lässt sich wirklich nicht so genau sagenDie Sanierung wird auf jeden Fall einige Wochen dauern. Ich weiß, die Großröhrsdorfer vermissen den Glockenschlag. Wir werden rechtzeitig darüber informieren, wenn sie wieder erklingen.