Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ +

Perle der Kunst am Rande des Böhmischen Paradieses

Turnov. Auf Schloss Sychrov trafen sich einst französischer Adel. Auch das Musikgenie Antonin Dvorak weilte hier.

Teilen
Folgen
NEU!

Von Heinz Strohbach

Es waren die Wirren der französischen Revolution, die das bedeutende und zu den ältesten Geschlechtern gehörende Adelsgeschlecht der Rohan in das ehemalige Habsburger Reich auswandern ließen. In Wien avancierte Fürst Carl Alain Gabriel Rohan zum Haushofmeister des österreichischen Kaisers und erwarb schließlich 1820 die Herrschaft Sychrov (Sichrow). Bei Kunstliebhabern steht das nur 20 Kilometer in südlicher Richtung von Liberec (Reichenberg) gelegene Schloss in hohem Ansehen. Es zählt zu den meistbesuchten unter Denkmalschutz stehenden Objekten Nordböhmens. Ein glücklicher Umstand für die Kunsthandwerker.

Die Entwicklung des herrschaftlichen Anwesens begann jedoch schon früher. Noch in der Mitte des 17. Jahrhunderts stand hier nur ein Wohnsitz des Kleinadels. Dieses Anwesen verfiel während des Dreißigjährigen Krieges. Erst 1690 ließ Ritter Lamotte von Frintropp ein Barockschloss errichten, welches 1741 die Grafenfamilie Valdstejn (deutsch Waldstein) erwarb. Aus deren Besitz ging es schließlich in die Hände von Fürst Rohan über. Dieser Wechsel war für die vielen böhmischen, deutschen und anderen Künstler ein Glücksumstand, sie konnte an diesem Objekt nicht nur Arbeit erhalten, sondern auch ihre großartigen Fähigkeiten unter Beweis stellen.

Neue Stilrichtung kommt hinzu

Der Umbau des Schlosses erfolgte 1821/22. Wobei einige klassizistische Stilelemente durchdrangen. Fürst Camil Rohan verlieh ab 1847 durch weitere An- und Umbauten dem Schloss die damals modische neugotische Stilrichtung, die wir auch in Hluboka oder Orlik vorfinden.

So bildet das Areal heute ein großes Viereck, welches an Hof- und Gartenseite Flügelbauten aufweist. Die rot getünchten Gebäude des Ehrenhofes schließen in der Mitte einen neugotischen Brunnen ein. Durch Hof und dreischiffige Halle gelangen wir in den Park, der durch viele ausländische Gehölze nicht nur die Botaniker in seinen Bann zu ziehen vermag. Nachdem 1945 die staatliche Denkmalpflege die Verwaltung des Objektes übernahm, widmen sich Fachkräfte seiner weiteren Pflege und erhalten seinen hohen ästhetischen und wissenschaftlichen Wert.

Eine Stunde durch das Schloss

Für die eigentliche Schlossführung muss man eine reichliche Stunde einplanen. Denn die ganze Innenausstattung ist überaus kostbar und prunkvoll. Dabei mischen sich neugotische Elemente mit dem Formenreichtum der Rokokozeit des 18. Jahrhunderts. Allein die Gemäldesammlung umfasst über 200 Bilder. Die meisten Räume besitzen kunstvoll verzierte Holzverkleidungen und Kassettendecken. Neben dem bedeutenden Holzschnitzer Peter Buska arbeiteten unter anderen Wilhelm Kandier, Kamil Böhm und Eduard Vesely an der Ausstattung der Räume. Ein besonderes Augenmerk verdienen auch die mit 7 000 Bänden ausgestattete Schlossbibliothek, die Fenstermalerei der Kapelle und so manch prächtiges Ausstattungsstück. Das große böhmische Musikgenie Antonin Dvorak weilte oft hier. Da Antonin Dvorak in dem Kommissar der Herrschaft Sychrov, Antonin Göbl, einen Freund besaß, lässt sich in den Jahren von 1877 bis 1896 eine ganze Anzahl Aufenthalte des großen Musikers nachweisen.

Jährliche Musikfestwochen

So schuf er mehrere Kompositionen, wie zum Beispiel das Violinenkonzert A-moll, in Sychrov. Während seiner Aufenthalte spielte er die Schlossorgel und musizierte mit Freunden der Umgebung. Ein Gedenkzimmer sowie eine Gedenktafel erinnern daran. Jährliche Musikfestwochen sind diesem großen Sohn des böhmischen Volkes in Sychrov gewidmet.

Service: Mit Bahn oder Auto fährt man am besten über Ceska Lipa und Liberec nach Sychrov.

Öffnungszeiten: April u. Oktober 9-16 Uhr , Mai bis September 9-18 Uhr. Führungen auch in Deutsch. Montag Ruhetag.