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Norma geht, weil die Wirtschaft wächst

In Heidenaus Thälmannstraße erweitert sich ein Kunststoffhersteller. Dafür muss der Supermarkt umziehen.

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© Norbert Millauer

Von Heike Sabel

Der Schlecker war hier und eine mexikanische Gaststätte. Eine Diskothek und ein Fitnessstudio, ein Schuh- und ein Blumenladen. Das Wohn- und Geschäftshaus an der Ernst-Thälmann-Straße, Ecke Mühlenstraße, war eines der ersten, die nach der Wende in Heidenau gebaut wurden. Entsprechend viele Mieterwechsel hat das Haus in nunmehr über 20 Jahren erlebt. 2002 stand es im Wasser. Nun steht eine neue Ära bevor.

Eigentümer Sebastian Hiergeist aus dem bayrischen Waakirchen wollte jetzt nicht länger auf den nächsten Wechsel oder Leerstand warten. Statt eine Kündigung zu riskieren, hat er selbst gekündigt. Und zwar Norma. Eigentlich schon zum Ende vergangenen Jahres, doch der Supermarkt habe Einspruch eingelegt. Nun soll Norma Ende Juni das Haus verlassen. Gebietsexpansionsleiter Heinz Gerber will zwar von der Kündigung nichts wissen, räumt aber ein, nach größeren Objekten zu suchen, und weiß auch von den Bestrebungen des Eigentümers, die Geschäftsräume anders zu vermieten.

Hausbesitzer Hiergeist hat nichts gegen Norma, aber er hat mit der 1st Mould GmbH einen auf Erweiterung orientierten Mieter, den er nicht verlieren will. Max Stauss, Geschäftsführer des auf Werkzeuge für den Kunststoff-Spritzguss spezialisierten Unternehmens, ist mit seiner Firma so erfolgreich, dass er expandieren will. Was liegt da näher, als es im bestehenden Objekt zu tun?

Schon als er 2006 mit einer großen Idee und einer winzigen Mannschaft hier einzog, hatte er die Erweiterung im Blick. Denn das Haus bietet schöne Räume. Immerhin hat jedes Büro bei 1st Mould eine Terrasse und jeder Arbeitsplatz einen individuellen Zuschnitt.

Stauss hält sich mit Äußerungen zur geplanten Erweiterung noch zurück, schließlich sei noch nichts unterschrieben. Doch Hauseigentümer Hiergeist lässt keinen Zweifel daran, dass er Stauss behalten will. Er rechnet in den nächsten Wochen mit dem entsprechenden Vertrag. „Dann ist das Objekt komplett vermietet, und es ist für alle die günstigste Lösung.“ Hiergeist sagt, er habe nicht warten wollen, bis Norma kündigt oder Stauss geht. „Ich bin in die Offensive gegangen.“

Wenn der Vertrag mit Stauss unterschrieben ist, wäre das Objekt zu 100 Prozent vermietet. Um Lärm- oder sonstige Belästigung durch die Firma machen sie weder Hiergeist noch Stauss Sorgen. Seit sieben Jahren gibt es keine Klagen. Die Werkzeugherstellung für den Kunststoff-Spritzguss ist weder besonders laut noch sonst die Umwelt beeinträchtigend. Die Disco im Keller habe da mehr Ärger gemacht, sagt Hiergeist. Sie hieß erst „Flick Flack“, öffnete 2003 nach dem Hochwasser als „Red“ wieder. Das ebenfalls abgesoffene Fitnessstudio wurde nie wieder eröffnet. Max Stauss will auch diese Räume für sein Unternehmen nutzen. Vermieter Hiergeist freut sich. Ein zum Teil leeres Objekt nütze niemandem, nicht dem Eigentümer, nicht den anderen Mietern.

Hiergeist hat nach der Wende unter anderem auch in Bühlau und Radebeul gebaut. Dort jedoch reine Wohnhäuser. Auch die seien sehr gut vermietet, sagt er.