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Mehr linksextreme Straftaten

Sachsen will schärfer gegen die Szene vorgehen. Auch in der Oberlausitz nimmt die Zahl der Fälle zu.

Von Theresa Hellwig
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Kriminalisten suchten am Dienstag auf dem Firmengelände von Hentschke Bau nach Hinweisen.
Kriminalisten suchten am Dienstag auf dem Firmengelände von Hentschke Bau nach Hinweisen. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Im August haben Bagger auf einer Hentschke-Baustelle in Zwickau gebrannt. In der Nacht zum vergangenen Dienstag haben Unbekannte erneut Bagger angezündet – dieses Mal direkt auf dem Firmengelände in Bautzen. Vermutet werden politische Motive. Es sind nicht die einzigen Fälle, die sich in der letzten Zeit ereignet haben: Nach dem Überfall auf eine Mitarbeiterin einer Immobilienfirma in Leipzig soll nun eine neue Sonderkommission mit dem Namen „Soko LinX“ gegen Linksextremismus vorgehen. Die SZ sprach am Rande eines Seminars des Bürgerbündnisses, der CDU- und FDP-Fraktion im Bautzener Stadtrat mit Thomas Weigel vom sächsischen Verfassungsschutz (LfV).

Wie verbreitet ist Linksextremismus im Kreis Bautzen?

„Der Kreis Bautzen“, sagt Thomas Weigel, „ist eigentlich kein Schwerpunkt für linksextremistische Aktivitäten“. Zumindest, so erklärt der Mitarbeiter des sächsischen Verfassungsschutzes, „galt das bis letzte Woche“. In der Vergangenheit habe es keine wirksamen linksextremistischen Aktivitäten in der Region gegeben. Schwerpunkt in Sachsen ist Leipzig. Dass die Tendenzen nach Mittel- und Ostsachsen führen, sei neu. Auch das Landeskriminalamt bestätigt, dass es auch im Kreis Bautzen in diesem Jahr einen Zuwachs gibt. Genau Zahlen nennt es zwar nicht – sagt jedoch, dass die Delikte aus dem politisch linken Spektrum gestiegen sind. Am häufigsten wurden die Straftaten 2019 in Bautzen, Hoyerswerda und Kamenz registriert.

Was macht Linksextremismus aus?

Ein Kennzeichen von Linksextremismus sei das Wort „anti“, erklärt Weigel. Linksextreme richten sich anti, also gegen die Polizei, den Kapitalismus, den Staat, Repressionen. Typisch für Linksextremismus sei eine Vorgehensweise im Verborgenen, bei der Ziele genau analysiert würden. Linksextremisten, das habe der Verfassungsschutz beobachtet, arbeiteten zumeist arbeitsteilig.

Von wie vielen Extremisten in der Region geht das LfV aus?

Sachsenweit gebe es 785 Linksextremisten, sagt Thomas Weigel. Im Kreis Bautzen kennt der Verfassungsschutz aber keine gefestigten Strukturen. Das Personenpotenzial bewege sich nur im unteren einstelligen Bereich. Im Vergleich dazu: Von etwa 2800 Rechtsextremisten geht das LfV in Sachsen aus. In der Region ordnet der Verfassungsschutz zwischen 250 und 300 Personen dem Spektrum zu. Es gebe zum Beispiel subkulturell geprägte Rechtsextremisten in der Region, die bei Events, wie Fußballspielen oder Konzerten auffallen. „Ein zentraler Punkt für den Verfassungsschutz ist derzeit die Identitäre Bewegung“, so Weigel – die ist auch in der Oberlausitz aktiv. Die Gruppe, die vor allem spalten wollte, vermittle aber oft den Eindruck, größer zu sein, als sie tatsächlich ist.

Nach den Anschlägen: Droht Bautzen jetzt Gefahr?

Typisch für Linksextremismus, erklärt Thomas Weigel, sei der Gedanke: „Wir beherrschen unseren Kiez.“ Und diese Auseinandersetzung um Gentrifizierung, die schlage von Leipzig nun auch hier her. Das mache es so schwierig für den Verfassungsschutz: Jedes Bauunternehmen, jede Polizeidienststelle könnte ein potenzielles Ziel sein. „Wir beobachten eine erhöhte Aggressivität und Mobilität“, so Weigel, aber „die Gefahr ist in Bautzen und Ostsachsen nicht höher oder niedriger als andernorts“.

Wie viele politische Straftaten gab es bisher im Landkreis?

Die Zahl der politisch motivierten Straftaten ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen, erklärt die Polizei. Während es 2016 und 2017 noch über 280 politische Straftaten in der Region gab, waren es 2018 nur noch 176. Die Mehrzahl davon ist laut Polizei auf das rechte Spektrum zurückzuführen: Insgesamt 138 Straftaten gehen demnach auf die Kappe von Rechten. Dem linken Spektrum ordnete die Polizei 16 Straftaten in der Region zu. Ein Beispiel für eine linksextremistische Straftat in der Region nennt Weigel. Im April 2018 sei am Rande der Proteste gegen ein rechtsextremistisches Festival in Ostritz in Cunewalde ein geparktes Auto angezündet worden.

Und wie gewalttätig sind die Extremisten in der Region?

Von den 176 Taten 2018 ging es meistens, nämlich über 100 Mal, so die Polizei, um das Zeigen von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. 13 Mal gab es Volksverhetzungen, fünf Mal Körperverletzungen. Und wer richtete politische Straftaten gegen andere Menschen? Die Körperverletzungen waren alle dem rechten Spektrum zuzuordnen. Zudem kamen von rechts vier Beleidigungen, eine Nötigung und einmal ging es um üble Nachrede. Dem linken Spektrum ordnete die Polizei eine Beleidigung und eine Bedrohung zu.

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