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Kälbchens Kinderstube

Die Agrofarm Göda hat ihre Milchviehanlage in Nedaschütz erweitert. Morgen zeigt sie, wie die Tiere dort leben.

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© Uwe Soeder

Von Madeleine Siegl-Mickisch

Die Kälber sind schon umgezogen. Sie stehen jetzt unweit der Muttertiere auf dem Gelände der Milchviehanlage in Nedaschütz. „Bisher hatten wir sie in Sollschwitz“, sagt Bernhard John, Vorstandsvorsitzender der Agrofarm Göda. Seit vorigem Jahr hat die Agrargenossenschaft an ihrem Standort in Nedaschütz rund drei Millionen Euro investiert.

Dafür ist unter anderem ein moderner Kälberstall entstanden, der eigentlich gar nicht aussieht wie ein Stall, eher wie eine Überdachung. In den abgetrennten Bereichen stehen die Kälber in kleinen Gruppen. In Iglu-artigen Behausungen finden sie Schutz und Platz zum Liegen. „Frische Luft und Sonne sind unsere besten Helfer gegen Krankheiten“, erklärt Bernhard John diese Haltungsmethode. Früher seien Offenställe in Verruf geraten, doch damals sei einfach nicht beachtet worden, dass sie unbedingt trocken sein müssen. Das ist heute anders. In den Boxen liegt Stroh, und beheizte Tränken sorgen dafür, dass auch im Winter das Wasser nicht einfriert. Ein paar Meter weiter sind die Boxen noch leer, dort werden die letzten Arbeiten erledigt. Darin stehen künftig die jüngeren Kälber, die noch Milch bekommen – und zwar per Computer gesteuert. Daneben gibt es nun einen extra Bereich für die Kühe, die abkalben.

Ansonsten stehen sie in zwei modernen Ställen, in denen – anders als man es von früher kennt – auch viel mehr Licht und Luft ist. Einer wurde bereits 2007 gebaut. Der zweite folgte jetzt, dafür wurden zwei alte Ställe abgerissen. „Die stammten noch aus den 1960er-Jahren“, sagt Bernhard John. In ihren neuen „Unterkünften“ haben die Kühe nun mehr Platz, um sich zu bewegen, außerdem getrennte Futter- und Liegeboxen.

Mit dem neuen Stall kann die Agrofarm in Nedaschütz auch mehr Tiere halten – insgesamt 873 Kühe und 200 Kälber. „Vorher hatten wir hier 700 Kühe.“ Noch sind die Ställe aber nicht voll belegt. Aufgestockt wird schrittweise, denn die Agrofarm setzt auf die eigene Nachzucht. „Wir haben schon seit Jahrzehnten keine Tiere mehr zugekauft“, sagt John. Im Gegenteil: Pro Jahr werden noch etwa 100 an andere Betriebe verkauft. Weil in der Anlage künftig mehr Kühe stehen, wird auch mehr Platz zum Melken gebraucht. Deshalb gibt es nun ein größeres Melkkarussell. Statt 18 passen da 40 Tiere drauf, die während einer Runde gemolken werden. 19 Tonnen Milch kommen so täglich zusammen. Wenn die Ställe mal voll belegt sind, werden es 20 bis 21 Tonnen sein.

Die Milch aus Nedaschütz landet auf manchem Frühstücksbrot. Denn in den Heinrichsthaler Milchwerken in Radeberg wird sie zu verschiedenen Käsesorten verarbeitet, die an Großverbraucher, aber auch viele Handelsketten gehen. Um den täglichen Transport der Milch zur Molkerei kümmert sich die Agrofarm übrigens selbst. Mit vier Sammelfahrzeugen fährt sie nicht nur die eigene Milch, sondern auch die von anderen Landwirtschaftsbetrieben der Region nach Radeberg.

Überhaupt sind Agrofarm-Mitarbeiter öfter in anderen Milchviehanlagen anzutreffen. Sie sind zur Stelle, wenn es mit der Melk- und Kühltechnik ein Problem gibt. „Das muss wirklich schnell gehen, denn die Kühe müssen ja ständig gemolken werden“, sagt Bernhard John. Er ist stolz darauf, dass seine Mitarbeiter diesen Service so gut hinbekommen. „Wir haben noch nicht einen der über 60 Betriebe, die wir betreuen, verloren.“ Dienstleistungen wie diese sind neben Pflanzen- und Obstbau und der eigenen Milchproduktion ein wichtiges Standbein für die Agrofarm, die mit rund 90 Mitarbeitern zu den größeren landwirtschaftlichen Betrieben der Region gehört. Schweine hält sie schon seit einigen Jahren nicht mehr. „Wir könnten es aber“, sagt John. Mehr als 3 500 Ferkel sind genehmigt. Aber ob diese Möglichkeit irgendwann genutzt wird, ist offen. Vorerst bleiben die früheren Schweineställe leer.

Viel Wert legt die Agrofarm auf den Berufsnachwuchs. Jedes Jahr fangen drei, vier junge Leute ihre Lehre zum Land- oder Tierwirt oder Landmaschinenschlosser an. Auch Studenten, die in Dresden Agrarmanagement oder -wirtschaft studieren, haben hier eine Perspektive. Vielleicht entdeckt ja auch morgen beim Tag des offenen Hofes ein künftiger Mitarbeiter sein Interesse an der Landwirtschaft.

Tag des offenen Hofes am Sonnabend, 11 bis 16 Uhr, mit Führungen durch den Milchviehstall, Technikschau, Quiz, Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten und Kinderbelustigung